Kapitel 5 - Vergangenheit - Dieses Ding, das dich immer wieder einholt

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Kapitel 5 - Vergangenheit - Dieses Ding, das dich immer wieder einholt

Seine Hand hinterließ eine brennende und rote Stelle an ihrer Wange. Ruhig blieb sie sitzen und hielt die Tränen zurück, richtete den Blick wieder auf den Boden.

"Du bringst nur Unglück!"

Erneut sauste seine Hand auf die Wange hinab und hinterließ eine rote Stelle. Der Kopf des Mädchens flog zur Seite und sie biss sich auf die Unterlippe.

Tim und Daniel waren an dem Tag nicht da, sie schliefen bei einem Freund in New Hillcrest und Gina war ja auf dem Internat in Solna, weit weg von Jorvik.

"Du bist ein Unglücksrabe! Ein Unglücksbringer!"

Seine Hand schellte auf ihrer Wange.

"Cody, hör doch auf damit!"

"Schweig! Du hast hier nichts zu bestimmen!" Er warf den Kaffeetisch um. Es klirrte, Scherben des Glases flogen durch die Luft und schützend hielt das Mädchen sich die Hände vor's Gesicht. SIe wollte das alles nicht sehen.

Die Mutter verkleinerte sich auf der Treppe. Sie hatte Angst, das wusste Rachel , ohne sie anzusehen. Sie sollte sich nicht für sie in Gefahr bringen, sie hatte Rae auch schon oft geschlagen, auch wegen vollkommen belanglosen Dingen. Doch als das Mädchen älter wurde hörte sie auf, entschuldigte sich unendlich viele Male und teilweise verzog Rachel es ihr auch. Man kann nicht sein ganzes Leben lang nachtragend sein.

Noch einmal sauste seine flache Hand hinab, die Scherben, die in seiner Handinnenfläche waren, bohrten sich nun in Raes Wange und ein kleiner Schrei entfloh ihr. Es brannte höllisch, doch ihr Vater drückte ihr die Hand auf den Mund.

Rachel hatte ihre Mutter doch lieb, sie sollte sich nicht wegen ihr in Gefahr begeben. Sie war es nicht wert, das wusste sie.

"Zum Teufel mit dir, Rachel Jasmine!"

"Was habe ich denn falsch gemacht?" Ihr Flüstern war so leise, eigentlich hätte er es gar nicht hören dürfen. Aber ihr Vater war ja perfekt, also hatte er auch ein perfektes Gehör. Eigentlich ja auch die perfekte Familie, aber da war ja Rae. Rae war ihm ein Dorn im Auge.

"Du machst alles falsch, das gehört bestraft! Du bist eine Missgeburt, dich braucht niemand, hör endlich auf, zu leben."

Rae sah hoch. Der Mann holte wieder aus, hielt in seiner Bewegung jedoch inne. Seine grauen Augen bohrten sich in ihre und ein Glitzern war zu sehen.

"Ich wollte doch immer ein gutes Mädchen sein, Papa. Ich wollte doch nie etwas falsch machen, ich wollte nur perfekt sein, so wie ihr es wolltet." Kurz sah sie, wie ihrem Vater die Tränen kamen, seine Gesichtszüge wurden weich und er ließ die Hand ein wenig sinken, doch er blinzelte einige Male und auch seine Mimik wurde wieder anders. Wäre er weich geworden, dann wäre Rae die Kaiserin von China.

"Du ruinierst alles!"

Der Schlag war so heftig, dass Rae zur Seite flog und ihr Kopf gegen die Vitrine knallte. Gefährlich schepperte es, doch die Glasvitrine blieb stehen. Aus dieser holte der Vater einige Flaschen Whiskey und Jack Daniels, setzte sich auf das Sofa und machte den Fernseher an. Die Scherben, die auf dem Boden lagen, ignorierte er gekonnt.

"Räumt auf, na los." Jennifer machte sich stumm daran, den Handfeger und die Schaufel dazu zu holen und Rae fegte die Sachen zusammen. Der Vater grölte kurze Zeit später schon die ersten Worte der Nationalhymne mit und schrie dann, als die Mannschaften begannen, zu spielen, laut irgendwelche Fußballkommandos durch das Haus.

"DAS WAR DOCH ABSEITS!"

Rae zuckte zusammen, als seine laute Stimme ertönte. Es schien, als stünde er direkt neben ihr und würde ihr ins Ohr brüllen. Die Mutter jedoch war die Ruhe selbst, äußerlich jedenfalls. Rae wusste, dass sie innerlich Heulkrämpfe hatte und bloß hier weg wollte. Aber sie konnte nicht, auch, wenn er der schlimmste Mensch der Welt war: sie liebte Raes Vater.

"Jetzt beeilt euch mal!"

Seine Stimme klang kalt, nahezu schneidend. Jennifer beeilte sich, die restlichen Scherben aufzusammeln, während Rae die Holzteile einsammelte und wegbrachte. Als sie wieder kam, bot sich mir, wie schon so oft, ein schreckliches Bild:

Die Mutter hockte auf dem Boden, über und über mit Scherben übersät, die kleine Blutgerinnsel in ihre Haut schnitten. Cody war schon betrunken, er lallte etwas und torkelte bereits.

"Du Sch-schlambe! Du bischt escht unbrauchbar!"

Er ließ sich auf die Couch fallen, nuckelte öfters an seiner Alkoholflasche. Und das war der Moment, an dem Rae wusste, dass alles kaputt war.

Früher waren sie wirklich glücklich, sie waren alle glücklich miteinander und liebten unser Leben. Doch als Gina zur Welt kam drehte sich alles nur noch um sie. Der Vater hatte zeitgleich viel auf der Arbeit zutun, und so kam es, dass er Rae gegenüber handgreiflich wurde. Die Jungs waren alt genug, um den Tag über weg zu sein. An Rae haben sie noch nie gedacht. Sie hatte riesige Angst, davor, was noch kommen würde.

"Was stehst du da so dumm herum?!"

Und das ist der Moment, in dem der Alptraum immer aufhört.

Rachel und Ravenclaw - Eine Reise ohne Ende | SSO FFHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin