26. Familie

2.8K 247 130
                                    

PoV Manu

Inzwischen waren zwei Nächte vergangen, seitdem Micha mich zurück geholt hatte und gerade war es wieder Abend. Micha war in der Küche und machte Abendessen für Melina, Anna und sich und ich lag auf dem weichen Teppich vor dem Sofa und sah zusammen mit Melina fern. Es lief eine Kindersendung, die ich, wenn ich ehrlich war, nicht ganz verstand, und trotzdem lachte ich immer wieder mit, wenn die Kleine es tat, einfach weil es schön war, wie sie lachte.

Ich mochte Melina und als sie heute vom Sofa gerutscht war und sich neben mich auf den Teppich gelegt hatte, war ich zuerst etwas unschlüssig gewesen und hatte leicht ängstlich geschaut, wie Anna reagierte. Diese jedoch hatte bloß gelächelt, uns jedoch nicht aus den Augen gelassen.

Inzwischen lag Melina halb auf mir, ihr Oberkörper lag quer über meinen hinteren oberen Rücken und ich versuchte, möglichst flach zu atmen, damit ich sie nicht störte.

Anna hatte sich auch neben uns auf den Teppich gesetzt, mit dem Rücken an das Sofa gelehnt, und begonnen, über meinen Kopf, Hals und Nacken zu streicheln, was mich leise zum Schnurren brachte. Melina lachte glucksend, als sie das zufriedene Brummen aus meiner Brust hörte und begann ebenfalls nach Anleitung ihrer Mutter, über meinen Rücken zu streicheln. Vollkommen regungslos lag ich da und genoss die zärtlichen Berührungen, während mir immer mehr klar wurde, dass ich noch nie so lange am Stück gestreichelt worden war und schon gar nicht, ohne dass diese Person währenddessen irgendetwas anderes getan oder dafür etwas von mir erwartet hätte. Um genau zu sein war es, bevor ich zu meinem Master gekommen war, eigentlich überhaupt nicht vorgekommen, dass mich jemand gestreichelt hätte. Abgesehen von irgendwelchen Mietern vielleicht, die mich herumkriegen wollten, aber dann war ich so angespannt und ängstlich gewesen, dass die Berührungen nichts in mir ausgelöst hatten.

Ich glaubte auch nicht, dass Anna etwas dafür wollte, dass sie mich streichelte und Melina erst recht nicht. Und wenn ich mich tatsächlich täuschen sollte und die Freundin meines Besitzers hierfür etwas verlangen würde, wäre ich auch bereit, es ihr zu geben.

Ich wusste nicht, wie lange ich so einfach nur gestreichelt wurde, irgendwann jedoch kam Michael in das Wohnzimmer und stellte einen Topf auf den Esstisch, woraufhin Melina aufsprang und zu ihm rannte. Lachend hob er sie hoch und auch Anna stand auf, während ich es mir eine Sekunde lang erlaubte, einfach nur liegen zu bleiben. Das Streicheln an sich war schon toll, doch das Gefühl danach traf mich vollkommen unerwartet. Ich fühlte mich vollkommen entspannt, als wären sowohl meine Gedanken und mein Kopf, als auf mein Körper beruhigt, und so, als ob alles auf einmal egal wäre, ich nichts mehr tun müsste und einfach nur für immer hier liegen könnte. Ich hatte das Gefühl, noch nie so befriedigt gewesen zu sein.

Jedoch genoss ich dieses Gefühl nicht lange und zwang mich, so schwer es mir fiel, schon eine Sekunde später auch, aufzustehen. Vor Anna verbeugte ich mich dankbar, ich brachte es trotz allem nicht über mich, mit einem anderen Nicht-Hybriden als Micha zu sprechen und sie fuhr mir kurz durch die Haare.

Ich folgte Micha in die Küche, wo ich etwas umständlich über einen Stuhl auf die Theke kletterte und von da aus drei Teller aus dem Schrank angelte, mit denen in der Hand ich auf den Boden sprang - meinen Katzenfähigkeiten sei dank kein Problem - und im Wohnzimmer ebenfalls auf einen Stuhl stieg, um sie ordentlich auf dem Tisch verteilen zu können. Es folgte Besteck, während Anna schon Gläser hingestellt hatte und als Micha und seine beste Freundin sich auf ihre Plätze und ich mich auch auf einen Stuhl gesetzt hatte - sie bestanden darauf, dass ich mich an den Tisch setzte und nicht auf den Boden - kletterte Melina von ihrem Kinderstuhl und setzte sich stattdessen auf den Stuhl neben mir, während sie verkündete, sie sei jetzt alt genug, um diesen Stuhl nicht mehr zu brauchen. Ihre Eltern lachten, während es die Zweijährige nicht im Geringsten zu stören schien, dass sie kaum über den Tisch sah und so definitiv nicht essen konnte. Bevor Anna ihr das jedoch sagen konnte, war ich schon aufgestanden und hatte das Mädchen, das fröhlich aufquietschte, hochgehoben und auf meinen Schoß gesetzt. Vorsichtig sah ich zu Micha, der zu überlegen schien und schließlich nickend sein Einverständnis gab. Auch Melina schien diesen Kompromiss okay zu finden, Hauptsache sie hatte ihren eigenen »erwachsenen« Stuhl, und während ich konzentriert darauf achtete, dass das Mädchen nicht zu irgendeiner Seite herunterfiel, schnitt Anna ihrer Tochter das Essen klein.

Nach dem Abendessen half ich, den Tisch abzudecken.

Gerade trug ich den großen Topf, der zugegebenermaßen nicht gerade leicht war, in die Küche, als Melina nach meinem Schweif griff. Sofort blieb ich stehen, als ich den schmerzhaften Zug bemerkte.

»Spielst du mit mir?«, fragte die Kleine mit Engelsmiene, während ich ihr vorsichtig mit beiden Händen meinen schmerzenden Schweif entzug, und schließlich den Kopf schüttelte. Ich hätte gerne ja gesagt, ich mochte die Tochter meines Masters, jedoch kam es gar nicht in Frage, dass ein Neko einfach spielen ging und erst recht nicht, wenn es stattdessen Arbeit zu tun gab.

»Biiitte!«, versuchte Melina es weiter, was mich mich unsicher umsehen ließ. Wenn ich nicht tat, was sie wollte, würde sie bestimmt keine Ruhe geben und dann würde ich höchstwahrscheinlich Ärger bekommen, weil es meine Schuld war, dass sie sich so verhielt. Überfordert sah ich in Richtung Küche, von wo Anna gerade kam, was Melina zum Glück von mir ablassen ließ.

»Mama, spielst du mit mir?«

Anna lächelte und vertröstete ihre Tochter auf später, während ich mich beeilte, in die Küche zu verschwinden, wo Micha gerade Wasser in die Spüle einließ. Sofort bekam ich eine Gänsehaut, was meinen Master leise lachen ließ.

»Du bist heute auch noch dran, Manu. Du musst mal wieder baden.«

Panisch sah ich Micha an und schüttelte den Kopf, dieser lachte jedoch nur und wuschelte durch meine Haare.

»Sorry, Kleiner.«

Als ich abends in meinem Körbchen lag, satt und - gezwungenermaßen - gebadet, dachte ich erneut an Nino. Ich hoffte, sein Besitzer würde ihn wieder holen, auch wenn das, dem was er erzählt hatte nach zu urteilen, weder sonderlich wahrscheinlich, noch allzu schön für ihn wäre. Aber immer noch besser, als bei einem Händler zum Verkauf zu stehen, unwissend, wer einen kaufen würde.

Da sprach ich aus Erfahrung.

~~~~~~~~

Uuuuuuund die Lesenacht hat begonnen!

Ich hoffe auf rege Beteiligung in den Kommentaren, so wie es gestern war hat mich glücklich gemacht!

Manu und Melina sind süß zusammen, nicht?

Hättet ihr Lust, nächstes Kapitel aus Ninos Sicht zu lesen?

Better Life ~ #ZomgerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt