Kapitel 36: Familie

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Klirr! Das Scheppern fährt ihr durch Mark und Bein. Sie fährt hoch wie eine Rakete, ihr Messer plötzlich in der Hand.
"Was zum...", stöhnt sie und erkennt dann Carson, der einen Rollwagen mit einem veraltet aussehenden Monitor durch die Tür buxiert. Entnervt rollt sie mit den Augen- das ist jetzt nicht sein Ernst, oder?
Auch Negan richtet sich langsam neben ihr auf, durch das Morphium ist sein Schlaf sehr tief und seine Reaktionen sind langsam.
"Bringst du uns ne Console?", fragt er verschlafen, er ist noch nicht ganz da.
"Nein.", sagt Carson, stemmt die Hände in die Hüften und sieht sie streng an, als wären sie kleine Kinder, "Das hier ist ein Ultraschallgerät."
Er sagt dies in einem Tonfall, als wüssten sie genau wovon er spricht, als wäre alles klar, als hätte er es ihnen schon tausendmal gesagt. Negan und Eden tauschen einen fragenden Blick.
"Gut. Und was willst du damit?", blafft Negan schließlich, "Und warum zur Hölle gehst du uns überhaupt unaufgefordert auf den Geist? Wir hätten auch gerade ficken können, wie die Tiere."
"Du", er deutet auf Negan und ignoriert gekonnt dessen letzte Bemerkung, "brauchst einen Ultraschall, damit ich sehen kann ob sich innere Blutungen, Gerinsel oder ähnliches gebildet haben. Und bei der Gelegenheit...", er blickt jetzt zu Eden, "Können wir gleich schauen, wie es dem Nachwuchs geht."

Negans Laune ist in den letzten Tagen miserabel gewesen und verschlechtert sich mit jedem weiteren Tag drastisch- und das ist noch untertrieben. Er ist noch immer auf Morphium angewiesen, um die Schmerzen zu ertragen, kann das Bett nicht verlassen, soll sich schonen, sich nicht aufregen und muss daher nach wie vor zulassen, dass Eden und Simon seine Angelegenheiten regeln- und laut Carson wird das noch mindestens zwei Wochen so gehen. Was ihn mittlerweile aber fast am meisten ankotzt, ist, dass er ja offiziell gar nicht hier ist und sich in seinem Zimmer verstecken muss. Es ist schlichtweg wider seiner Natur, abzugammeln und sich zu verkriechen.
Das heißt natürlich auch, dass Eden momentan die einzige Frau ist, die ihm zur Verfügung steht. Und sie hat wenig Zeit für ihn.
Ständig will jemand etwas von ihr. Heute morgen ist ein Team endlich zur Oceanside aufgebrochen. Simon und sie waren so mit der Organisation beschäftigt, dass sie das Ganze um eine Woche nach hinten verschieben mussten. Sie kann mittlerweile das Wort Oceanside nicht mehr hören, nachdem sie sich tagelang die Köpfe darüber zerbrochen haben, wie sie die Sache angehen sollten. Und obwohl sie alles bedacht haben, obwohl sie auf Nummer Sicher gegangen sind, hat sie ein ungutes Gefühl. Die Lage ist dort nach wie vor angespannt, man muss jederzeit damit rechnen, dass Fran und ihre Leute wieder etwas aushecken, zurückschlagen. Außerdem ist es die größte Community, die unter der Kontrolle der Saviors steht. Sie sind ein durchaus ernstzunehmender Gegner, eine tickende Zeitbombe.
Um die Versorgung mit Gütern für das Sanctuary und seine Außenposten zu gewährleisten, haben sie dafür bereits die Abgaben von Hilltop und vom Kingdom eingetrieben. Dies ist glücklicherweise relativ unproblematisch verlaufen.
Abgesehen von der Organisation des Netzwerks, gibt es zudem ständig Probleme im Sanctuary, um die sie sich kümmern muss. Gestern ist beispielsweise im Keller irgendwo eine braune Brühe ausgelaufen und sie war den ganzen Vormittag damit beschäftigt, das in den Griff zu bekommen.
Es war eine harte Woche. Eine verdammt harte Woche.
Und wenn sie vollkommen erschöpft ins Schlafzimmer kommt, wartet dort Negan auf sie, schmollt wie ein gelangweilter Zweijähriger und kann seine Hände nicht von ihr lassen. Seine Potenzprobleme sind leider passé. Und Eden hat in den letzten Tagen schon mehrfach mit dem Gedanken gespielt, wieder in das Zimmer zurückzuziehen, in welchem sie vor ihrem Rauswurf gewohnt hat, und dann einfach Carla und Co zu ihm zu schicken. Jetzt wäre sie froh, wenn er sich mit anderen Frauen vergnügt und sie dann dafür endlich in Ruhe lässt. Aber sie traut ihnen nicht.
Kurzum: Sie und Negan gehen sich gerade mächtig auf die Nerven. Und sie hat wenig Lust, jetzt einen auf heile, kleine Familie zu machen.

Carson fährt mit dem Plastikteil über ihren Bauch, es fühlt sich kalt und irendwie unangenehm an.
Negan war vor ihr dran und wie es momentan aussieht, haben sie ihn wieder gut zusammengeflickt. Carson konnte nichts Bedrohliches erkennen.
Jetzt ist sie an der Reihe und die ganze Sache ist ihr furchtbar unangenehm: Dass Negan neugierig auf den Bildschirm schaut, dass Carson sie so überrumpelt hat und quasi gezwungen hat, das hier zu machen. Um ehrlich zu sein- sie hat eine Scheißangst. Bisher ist es ihr ganz gut gelungen, ihre Schwangerschaft zu verdrängen. Wenn sie es jetzt sieht, wenn es nicht mehr nur die kleine Wölbung ihres Bauches ist, sondern ein Mensch, mit einem Gesicht...und sie dann immer noch nichts fühlt...
Ihr Blick wandert zur Wand, weg von dem Bildschirm. Sie will es nicht sehen.

The Girl With The Bat (TWD/Negan FF)Where stories live. Discover now