Kapitel 26: Das Messer

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Polly says her back hurts
She's just as bored as me
She caught me off my guard
Amazes me the will of instinct

Isn't me, have a seed
Let me clip dirty wings
Let me take a ride, cut yourself
Want some help, please myself

Got some rope, you have been told
Promise you, I have been true
Let me take a ride, cut yourself
Want some help, please myself
(Nirvana - Polly)

Als sie diesen Nirvanasong in ihrer Jugend das erste Mal hörte, dachte sie, es ginge um einen Vogel, der nicht mehr fliegen kann. Jetzt wird ihr die Bedeutung dieser Worte bewusst. Sie ist Polly. Sie ist der kleine Vogel, dem die Flügel gestutzt wurden und der jetzt hilflos im Dreck flattert.
Sie hockt nun schon seit Tagen, vielleicht sogar Wochen, an den Pfahl gefesselt im Halbdunkel der Scheune, starrt an die hölzerne Wand. Ihre Hände und Füße fühlen sich mittlerweile taub an, die Seile kratzen und jucken auf ihrer Haut. Neben ihr steht ein Blecheimer- ihre Toilette und ihr Kotzeimer, wenn sie mal wieder mit vergammeltem Fleisch gefüttert wird. Ihr Tagesablauf ist stets der gleiche: Da sitzen, gefüttert werden, abwarten. Und abends fallen die Wölfe über sie her.
Ihr fallen keine Noten mehr ein, es scheint, als hätte sie sie vergessen. Keine Gedichte mehr. Selbst die Angst ist weg. Da ist nur Leere. Ein tiefes Loch, in dem sie feststeckt. Dunkel. Stille. Ein endloses Nichts.
Für Polly war es irgendwann vorbei. Eden hat die Hoffnung aufgegeben, dass es für sie so einfach enden wird. Erlösen kann sie jetzt nur noch der Tod.

Der Tod dieser Wichser. In den schillerndsten Farben malt die sich aus, wie sie sie alle umbringen kann und wird. Bei einigen kann sie sich noch nicht entscheiden, denn die meisten von ihnen haben weder einen schnellen noch einen endgültigen Tod verdient. Für Quinn hat sie sich etwas besonders Schönes überlegt: Sie wird ihn irgendwo anbinden, ihn dann zwingen, sich verschiedene Körperteile abzuschneiden und diese zu essen. Oder sie wird ihm einfach seinen jämmerlichen Schwanz abschneiden und ihn dann verbluten lassen... Sie wird sie auf jeden Fall leiden lassen. Und sie wird sie alle töten. Alle. Sogar Butch.
Butch ist schon älter und war früher mal Tierarzt. Er hat Mitleid mit ihr und kommt manchmal abends, versorgt oberflächlich ihre Wunden und bringt ihr dabei immer etwas zu essen und zu trinken mit. Man könnte meinen, er ist nett. Jedoch ist der einzige Grund, warum er sie nicht wie die anderen vergewaltigt, dass er nicht kann. Er wurde mal von einer Kuh niedergetrampelt, hat dadurch einen Hoden verloren und kriegt seitdem keinen mehr hoch. Auch Butch wird sie umbringen. Aber bei ihm wird sie es schnell machen. Und endgültig.

Oder natürlich ihr eigener Tod. Auch darüber denkt sie oft nach. Und er hat jeglichen Schrecken verloren. Aber es ist erstaunlich, wie viel der menschliche Körper und Geist ertragen können. Wie stark letztendlich der Überlebenswille ist. Wie schwer es sein kann, zu sterben, auch wenn man es will.

Sie ist 14 Jahre alt und das erste Mal so richtig verliebt. Er heißt Liam- Gott, warum muss er auch noch so heißen? Seine Haare sind schwarz, seine Augen stahlgrau. Er ist eine Klasse über ihr. Auf dem Pausenhof beobachtet sie ihn verstohlen dabei, wie er mit zwei Kumpels heimlich in einer Ecke raucht. Aber wie soll sie an ihn herankommen? Er weiß sicherlich nicht einmal, dass sie existiert.
"Himmelst du schon wieder Liam an?", fragt Alex, "Ich meine, ich find ihn ja auch süß, aber langsam wird's peinlich." Sie kennen sich schon seit dem Kindergarten und sind die besten Freunde. Alex weiß schon seit längerem, dass er schwul ist, aber bisher  ist dies sein wohlgehütetes Geheimnis, nur Eden weiß davon.
Sie verzieht missmutig den Mund.
"Man darf ja wohl träumen.", sagt sie.
"Sprich ihn doch einfach mal an!"
"Tzzz! Sprich du doch einfach mal Zach an!", giftet sie.
Jetzt sieht Alex wütend aus.
"Du weißt, dass das bei mir was anderes ist! Ich weiß ja nicht mal, ob Zach...", er senkt seine Stimme zu einem Flüstern, sodass nur sie ihn hören kann, "...auch auf Männer steht."
Ihre Wut verfliegt, jetzt hat sie ein schlechtes Gewissen.
"Tut mir leid.", murmelt sie und bohrt mit ihrer Stiefelspitze im Dreck, "Verlieben ist doch scheiße."
Alex nickt frustriert. Dann grinst er plötzlich schief. "Wenn Liam dich heute abend auf der Bühne sieht, wird er von alleine zu dir kommen!"

The Girl With The Bat (TWD/Negan FF)Onde as histórias ganham vida. Descobre agora