Kapitel 44

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Am nächsten Morgen war ich viel ausgeruhter als zuvor, denn ich konnte endlich mal wieder durchschlafen. Wie normalerweise bei Grant hatte ich auch bei Melanie ein Gefühl von Sicherheit, wenn sie bei mir war. Also hatte ich jetzt auch eine viel bessere psychische und körperliche Verfassung. Ich aß beim Frühstück sogar recht viel. Naja okey, dass lag auch daran das Melanie mich dazu zwang alles auf meinem Teller zu essen, was sie mir drauf tat. Das nennt man dann wohl liebevolle Strenge.

Melanie ging mit mir zur Arbeit. Während des Tages war sie bei ihrem Vater, weil sie irgendetwas besprechen wollte und ich hatte in etwa den selben distanzierten Tag mit Grant wie am Vortag. Als es kurz vor Feierabend war kam Mel in Grants Büro um ihn zur Vernunft zu bringen.  Allerdings verbannte sie mich währenddessen in mein Büro, was mir deutlich gegen den Strich ging.

Das Gespräch dauerte keine fünf Minuten. Aber positiv war das nicht, denn Melanie kam stocksauer wieder. Sie stürmte in mein Büro "Es ist nach 5 Uhr, also hast du Feierabend. Wir gehen!", bestimmte sie und marschierte mit meiner und ihrer Handtasche davon. Okey?
Ich folgte ihr. Ihm Gang stand Grant und unterhielt sich mit Hanna. Als er uns bemerkte veränderte sich sein Blick schlagartig von relativ neutral zu stinksauer. Bei seinem Killerblick bekam man echt Angst und dieses Gefühl verband ich bislang eigentlich nicht mit Grant.

"Melanie jetzt mach mal langsam", rief ich ihr hinterher. Sie stoppte und ballte ihre Hände zu Fäusten "Kann ich nicht, sonst geh ich zurück und bring meinen Bruder um". Zum Glück waren wir bereits im Parkhaus, so dass niemand außer uns beiden etwas mitbekam. Ich hollte sie ein und stellte mich ihr in den Weg "Wir gehen erst weiter, wenn du mir erzählt hast, was bei euch passiert ist", sagte ich und hielt sie am Arm fest. Sie fuhr sich durch die Haare "Das willst du nicht hören, wirklich nicht".

"Das spielt keine Rolle, erzähl einfach. Du musst darüber sprechen damit ich dir helfen kann. Ich will nicht, dass ihr beide jetzt auch noch verstritten seid. Das ist es nicht wert", meinte ich und umarmte sie. Mel erwiederte die Umarmung "Okey, aber nimm das was er gesagt hat nicht so ernst". Wir entfernten uns voneinander. "Ich werde es versuchen", gab ich mit einem kleinen Lächeln zurück. Wir setzten uns in das Auto.

Melanie sah auf ihre ineinander verschränkten Finger und biss sich auf die Lippe. Das tat sie immer, wenn sie nervös war, genau wie ich. Einige Sekunden vergingen und ich wartete geduldig bis sie bereit war zu sprechen. Sie legte ihre Hände flach auf ihre Schenkel und fuhr einmal auf und ab, dabei krallte sie ihre Nägel in ihre Hose. Dann blickte sie auf und legte ihren Kopf schräg. Sie sprach ruhig und langsam, sehr darauf bedacht was sie sagte "Grant will gleich morgen früh nach Seattle ziehen, damit er dir nicht noch einmal begegnen muss. Und wenn ich versuche ihn aufzuhalten scheut er sich nicht den Kontakt zu mir abzubrechen, denn ich sei Schuld daran, dass er dich überhaupt kennengelernt hat", sie atmete einmal tief ein "So das war die Kurzfassung". Ich sah in ihre Augen, sie waren voller Mitleid und Schuldgefühle.

Ich weiß nicht warum, aber in diesem Moment war mir alles plötzlich ganz klar. Er konnte mich nicht sehen, mir keine Zuneigung geben, denn sonst würde er sofort seinen Standpunkt unsbezüglich ändern. Seine Gefühle für mich waren genauso stark, wie meine für ihn, aber er hatte Angst. Angst davor zu scheitern. Angst davor verletzt zu werden. Angst davor ich liebte in nicht genug. Angst vor Zurückweisung. Die Liste schien endlos. Er war so kalt zu mir, weil er sich schützte. Isabella saß ihm so tief in seinen Knochen. Sie hatte ihn zerstört, sein Vertrauen in Frauen. Vertrauen zu mir zu fassen war gar unmöglich, so wie ich ihn immer wieder von mir stieß. Auf gewisse Weise behandelte ich ihn wie einen Punchingball. Sobald er einen kleinen Fehler machte oder mir etwas nicht passte bekam er das deutlich zu spühren. Doch ich machte das gerade weil er mir so wichtig war, er war meine Luft zum Atmen. Vielleicht wollte er es nicht sehen, aber vielleicht konnte er es auch nicht. Ich würde niemals sein wie SIE. Niemals könnte ich ihn betrügen. Dazu war ich nicht fähig. Ich brauchte ihn genauso wie er mich. Doch er war noch immer so geblendet von dem Schmerz von damals. Er war noch nicht über sie hinweg.

Ich nahm Melanies Gesicht in meine Hände und kam ihr mit meinem sehr nahe "Hör mir mal ganz genau zu. Du bist nicht Schuld daran. Grant und ich sind dafür ganz alleine verantwortlich. Wir haben es versaut und wir müssen es auch wieder reparieren und nicht du. Ich war geblendet von meinem Schmerz und wahrscheinlich auch von meinem verletzten Stolz. Ich hätte dich erst gar nicht zu ihm gehen lassen sollen. Seine Reaktion ist genau genommen ziemlich vorhersehbar gewesen, denn wenn ich jemand anderen vorschicke verletzt das ihn. Bei mir wäre das genauso. Ich wäre wahrscheinlich noch schlimmer. Ich würde ihn alles heißen, was ihm eigentlich einfällt, ob ich ihm nicht wichtig genug bin um den Arsch selber hochzubekommen. Ich bin bisher viel zu defensiv gewesen, aber glaub mir, dass wird sich jetzt ändern. Versprochen!"

Melanie sah mich etwas verwirrt an "Du bist nicht sauer?". Ich lachte "Nein ich verstehs endlich".
Ich startete den Motor "Ich fahr dich jetzt zu deinen Eltern". Ein verdattertes "Okey" ertönte.
Sie fragte nicht weiter nach, wahrscheinlich konnte sie sich schon denken was ich vorhatte. Ein ein für allemal klärendes Gespräch. Das schon lange überfällig war. Die letzten Tage verbrachte ich wie in Trance und ließ fast alles nur geschehen. Zurückweisung von dem Mann den ich liebte war fürs erste definitiv zu harter Tobak. Langsam werde ich immer klarer, aber jetzt bin ich wenigstens wach.

Hoffentlich ist es noch nicht zu spät.....

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Auch wenn der Kampf um dich umsonst ist,
werde ich trotzdem weiter kämpfen
um dir zu zeigen wie unendlich stark
meine Liebe ist.
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