38. Kapitel

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Feyas Sicht:
Zitternd betrachtete ich die Türklinke der Haustür, die langsam nach unten gedrückt wurde. Die Tür wurde ein wenig auf geschoben und ein Fuß kam zum Vorschein. Dann schob sich der Rest des Mannes durch die Tür. Leise schloss er die Tür wieder und ging, durch den dunklen Raum, am Sofa, auf dem ich saß, vorbei, Richtung Treppe. „Evan!“, sagte ich ruhig. Seine Schritte verstummten und ich hörte, wie er auf mich zu kam. „Was machst du noch hier?“, fragte er zischend. Geschockt sah ich zu ihm auf. „Soll ich gehen? Sofort. Ich werde morgen früh nicht mehr hier sein.“, erwiderte ich ängstlich. „So meinte ich das doch gar nicht! Ich meinte: Was machst du um diese Uhrzeit noch hier unten? Du musst schlafen.“ Er kniete sich vor mich und sah zu mir auf. „Bist du sauer auf mich, Evan?“, fragte ich leise, den Tränen nahe. „Natürlich nicht.“ Seine Antwort kam so schnell und so entschlossen, dass ich ihm das sogar abkaufte. Doch ich konnte irgendwie nicht wirklich glauben, dass er mir den Verrat nicht übel nahm. „Aber, ich habe dich verraten. Camilla und Lilian meinten, dass du es mir sicher übel genommen hast, dass ich mich gegen dich gestellt habe.“ Er knurrte leise, dann sah er mich wieder an. „Hör nicht auf die beiden. Ich war ein bisschen verletzt, dass du dich gegen meine Entscheidung gestellt hast, aber jetzt bin ich nicht mehr sauer. Ich hätte meine eigene Schwester töten können, wärst du nicht gewesen. Wie soll ich nur jemals wieder ohne dich auskommen?“ „Musst du nicht. Ich bin schließlich die Luna deines Rudels. Ich bleibe.“, meinte ich entschlossen. Ich spürte wie er seine Hände an meine Wangen legte und sah ihm in die Augen. Sie funkelten mich an. „Sag es nochmal. Bitte.“, hauchte er. „Ich bleibe bei dir.“, wiederholte ich. Und plötzlich fand ich mich in seinen Armen wieder. Heißt soviel wie: er hob mich hoch und wirbelte mich im Kreis herum. Dummerweise bewegte er sich dabei ein bisschen von der Stelle und meine Beine schlugen gegen eine große Stehlampe. Ein lauter Knall ertönte, als diese umfiel und ich wimmerte leise vor Schmerz. Sofort stellte Evan mich wieder auf dem Boden ab, doch meine Beine gaben nach. Glücklicherweise hielt Evan mich fest. „Was ist denn hier los?“, hörte ich eine verschlafene Stimme aus der Richtung der Treppe. Ich riss den Kopf herum und ein plötzlicher Schmerz schoss durch meinen Hinterkopf. Stöhnend griff ich mir an den Kopf, der an die Glasvitrine gestoßen war. Dann sah ich wieder zur Treppe. Davor stand ein, mir bis jetzt unbekannter, junger Mann. Seine Haare standen in alle Richtungen ab und seine Augen waren noch halb geschlossen. Fragend sah ich zu Evan auf. Er sah mich leicht entschuldigend an und sagte dann leise: „Das ist Emilio. Er ist heute erst wieder gekommen. War in Brasilien und hat seinen Eltern einen Besuch abgestattet. Er ist noch ein wenig gejetlagt.“ Ich nickte langsam. „Was machst du hier, E?“, fragte er dann den müden Brasilianer. Der hob den Kopf und murrte dann: „Hab es hier unten scheppern hören. Sorry, ich wollte eure wilde Knutschorgie nicht unterbrechen, aber lasst doch bitte die Möbel heile und wenn ihr sie schon kaputt machen müsst, dann tut dies leise! In diesem Haus leben auch normale Wölfe, die nachts gerne schlafen möchten!“ Ich sah ihn errötend an, während Evan sich lachend den Bauch hielt. „Entschuldige bitte, wir wollten deinen Schönheitsschlaf nicht stören.“ Wieder grummelte der Brasilianer etwas Unverständliches vor sich hin. Dann drehte er sich um und schlurfte langsam die Treppen wieder aufwärts. Ich glaube den könnte ich wirklich mögen... Er machte einen netten Eindruck. „Wie viele Mitglieder deines Rudels hast du mir noch nicht vorgestellt?“, fragte ich mit leicht tadelndem Unterton, ohne Evan anzusehen. Einen Moment war es still und er schien ernsthaft zu überlegen. „Ich glaube, es sind noch sieben Mitglieder. Ach ja, bald vielleicht acht.“, antwortete er zögernd. „Wieso bald vielleicht acht?“, hakte ich verwundert nach. „Naja, Emilio spürt schon seit ein paar Monaten die Anwesenheit seiner Mate, immer wenn wir in der Nähe der Grenze zum Westrudel sind. Er hat sie aber noch nie zu Gesicht bekommen und wir setzen alles daran, dass er nicht mehr in die Nähe der Grenze kommt. Wir wollen es ein wenig herauszögern, bis er seine Mate sehen darf. Sollte er unerlaubt auf das Territorium dieses Rudels vordringen, könnte es großen Ärger geben. Die machen kurzen Prozess. Das einzige Problem ist, dass er immer unruhiger wird. Irgendwann werden wir ihn nicht mehr zurückhalten können. Und das ist wahrscheinlich nicht mehr lange hin.“ „Ihr spürt also die Anwesenheit eurer Mate auch, wenn sie nicht direkt vor euch steht?“, vergewisserte ich mich. „Ja. Wir spüren sie, solange sie sich in einem Umkreis von drei Kilometern befindet.“, bestätigte Evan. „Ich habe deine Anwesenheit bereits gespürt, als ich hier vor die Tür getreten bin. Das sind etwa siebzehn Kilometer bis zur Schule.“, setzte er stolz hinzu. „Wie kommt es, dass du es bis hier gespürt hast?“ „Ich bin ein Alpha, Kleines. Ich habe einen deutlich stärker ausgeprägten Drang meine Mate zu finden. Deshalb habe ich auch die Möglichkeit sie schon auf so große Entfernung zu erkennen.“

Des Rudels Luna Where stories live. Discover now