15. Kapitel

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Feyas Sicht:
Lilian hatte mir noch gefühlte Stunden versichert, dass sie kein Problem damit hatte, dass ich auf ihren Bruder stand. Statt sich darüber aufzuregen hatte sie mich beglückwünscht und mir versprochen dafür zu sorgen, dass er mich nicht verletzen würde. Ob sie das hinbekommen würde? Ich bezweifelte das insgeheim, würde es ihr aber niemals sagen! Nachdem Lilian mich endlich entlassen hatte, ging ich noch einmal zum Krankenzimmer um nach den drei Verletzten zu sehen, doch es waren nur noch zwei da. Und diese schliefen. Doch wo war Evan? Suchend blickte ich im Raum umher, doch keine Spur von ihm. Leise verließ ich das Zimmer und schloss die Tür ebenfalls leise. Doch kaum war die Tür zu rief ich: „Evan?! Wo bist du?“ Schnell lief ich die Treppen hinunter. Doch meine Besorgnis schlug in Wut um, als ich ihn entdeckte. Ganz entspannt saß er auf dem Sofa und blickte mich erwartungsvoll an. „Warum bist du nicht im Krankenzimmer? Da wo du hingehörst!“, rief ich aufgebracht. Er grinste mich provokant an und erwiderte: „Mir geht es gut, also warum sollte ich mich im Krankenzimmer langweilen?“ „Dir geht es also gut?! Na dann lass mal sehen!“ Immer noch kochte ich innerlich vor Wut und war kurz davor zu explodieren. Arrogant grinste er vor sich hin und zog sich dann langsam das Shirt über den Kopf. Ohne es verhindern zu können fiel mein Blick auf seine definierten Muskeln. „Wenn du dann fertig mit Starren bist kannst du dann die Wunde noch einmal ansehen.“ Sofort lief ich rot an. Schnell schüttelte ich den Kopf um die Röte zu vertreiben und wandte mich seinem Rücken zu. Suchend glitt mein Blick über seine Schulter, doch da war nichts. „Evan? Deine Verletzung war auf der linken Schulter richtig?“ Ich fühlte mich extrem dumm als ich das fragte, doch was blieb mir anderes übrig? „Ja, wieso?“, erwiderte er. Vorsichtig ließ ich meine Finger über seine Schulter gleiten.

Evans Sicht:
Ihre schlanken Finger glitten vorsichtig über meine Schulter und ich spannte mich augenblicklich an. Was machte dieses Mädchen nur mit mir? Dann hörte ich wieder ihre wunderschöne Stimme: „Da ist aber nur noch eine winzig kleine Narbe. Warum?“ „Werwölfe heilen schnell, Feya.“, erklärte ich schmunzelnd. Sie war aber auch wirklich niedlich. Sie nahm ihre Finger von meiner Schulter und lief um mich herum. Sie nickte Nathan noch einmal zu und ging dann wieder Richtung Treppe. Von oben rief sie auf einmal: „Evan, hattest du nicht gesagt, dass niemand sich dem komischen Kleinen nähern darf?“ Sofort sprang ich wieder vom Sofa, auf dem ich mich Sekunden vorher niedergelassen hatte, auf und stürmte die Treppe hoch. Nathan war mir dicht auf den Fersen. Im Türrahmen zum Krankenzimmer blieb ich stehen und spähte hinein. Annie saß neben dem Jungwolf auf dem Bett und er hatte seine Arme um sie geschlungen. „Annabelle! Komm sofort da weg! Was soll das?!“, knurrte ich und sie hob ruckartig den Kopf. Allerdings rührte sie sich nicht von der Stelle. „Lass mich, Evan. Ich bleibe! Ich lasse ihn nicht allein.“ Mir klappte die Kinnlade runter. Lilian erschien neben mir und erstarrte. Ein lautloses „Nein.“ verließ ihre Lippen. Feya stand einfach nur im Raum und sah ratlos zwischen den beiden auf dem Bett und uns hin und her. Lilian reckte sich zu meinem Ohr und flüsterte: „Annie hat ihren Mate gefunden.“ Entsetzt starrte ich auf meine Schwester hinab. Das konnte nicht wahr sein! Das durfte nicht sein! „Ich denke wir haben keine andere Wahl als ihn ins Rudel aufzunehmen, Alpha.“, hörte ich Nathan neben mir feststellen. Dann fügte er sanfter hinzu: „Sonst wirst du deine Schwester verlieren, Evan.“ Ich wusste, dass er recht hatte, wollte es aber nicht wahr haben. Lilian sah mich erwartungsvoll an. Sie wartete darauf, dass ich eine Entscheidung  traf. Meine Schwester, oder das Wohl des Rudels.

Und ich wusste genau wie ich entscheiden würde. Auch wenn mir diese Entscheidung überaus schwer fiel. Ich musste sie treffen, und ich würde sie treffen.

Feyas Sicht:
Als ich Annie und das Monster auf dem Bett sitzen gesehen hatte, hätte ich vor Schreck beinahe einen Herzinfarkt bekommen. Doch jetzt stand ich einfach nur ratlos im Raum und beobachtete das Geschehen. Alle Augen waren auf Evan gerichtet. Er schien einen inneren Kampf auszuführen. Lilians Augen hatten etwas bittendes und ängstliches an sich. Als würde sie sich vor dem Ausgang diese inneren Kampfes fürchten und gleichzeitig auf ein gutes Ende hoffen. Die Miene des jungen Mannes neben Evan konnte ich nicht deuten. Je länger ich Lilians flehenden Gesichtsausdruck sah, desto stärker wurde die Angst vor Evans folgenden Worten und den daraus hervorgehenden Folgen. Evan schluckte noch einmal und sagte dann mit fester Stimme: „Es tut mir leid, für mein Rudel, doch ich kann meine Schwester nicht verlieren. Ich werde ihn ins Rudel aufnehmen. Aber ich hoffe für ihn, dass er loyal wird und nicht versucht mit dem Ostrudel Kontakt aufzunehmen. Denn das würde seinen Tod bedeuten, egal ob er der Mate meiner kleinen Schwester ist, oder nicht.“ Mit einem freudigen Aufschrei fiel Lilian ihrem Bruder um den Hals. Annie kuschelte sich noch enger an den Jungen und Aiden hob aufgrund von Lilians Schrei den Kopf. Gehetzt sah er sich im Raum um. Als er die strahlende Lilian erblickte, bildete sich auch auf seinem Gesicht ein Lächeln und er fragte: „Was habe ich verpasst?“

Des Rudels Luna Where stories live. Discover now