34. Kapitel

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Feyas Sicht:
Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten wir uns wieder eingekriegt und kehrten ins Wohnzimmer zurück. Dort setzten wir uns aufs Sofa und lauschten schweigend den Geräuschen im Haus. Eigentlich warteten wir nur darauf, dass wir Hopes Wutausbruch zu hören bekamen. Am besten wäre es natürlich, würde sie Nathan schlagen, aber ich bezweifelte, dass Hope sich das trauen würde. Dafür hatte sie zu viel Angst vor Nathans anderer Seite. Plötzlich schreckte Lilian zusammen und auch ich hörte kurz später die hastigen Schritte, die die Treppe hinunter eilten. Kaum hatte ich sie vernommen, trat die Ursache auch schon vollkommen verstört herein. Schnell sprang ich auf und nahm sie fest in den Arm. „Was hat er dir gesagt, Hope?“, fragte Lilian leise. Gemeinsam führten wir Hope zum Sofa, auf das sie sich einfach fallen ließ. „Er war total benommen. Dann hat er mir von seiner Ex erzählt. Er sagte, dass ihr sie getroffen habt und sie scheinbar nicht von ihm los kommt. Ich habe ein schlechtes Gewissen.“ Entsetzt klappte mir die Kinnlade runter und Lilian riss erschrocken die Augen auf. Mit allem hatte ich gerechnet. Dass Hope wütend oder enttäuscht war. Aber niemals hätte ich damit gerechnet, dass sie sich schlecht fühlen könnte, weil Nathan jetzt bei ihr war. „Wie kommst du überhaupt rau so etwas zu denken?!“, rief Lilian plötzlich aufgebracht und Hope zuckte zusammen. „Du und Nathan, ihr gehört zusammen. Diese Schlampe hat es überhaupt nicht zu interessieren, was Nathan jetzt von ihr denkt. Er gehört zu dir! Zweifel nie wieder daran!“, meckerte sie weiter und in dem Moment erinnerte die mich an eine überfürsorgliche Mutter, die ihrer Tochter erklären musste, dass sie nicht an der Trennung von deren Freund Schuld war. Nur irgendwie umgekehrt. Immerhin musste Hope dringend beigebracht bekommen, dass Nathan zu ihr gehörte und sie sich keine Gedanken über irgendeine seiner Verflossenen machen musste. „Aber...“, setzte Hope zu ihrer Verteidigung an, doch wurde diesmal von mir unterbrochen: „Sie wird wahrscheinlich auch irgendwann ihren Seelenverwandten finden, auch wenn der mir jetzt schon leid tut, und Nathan problemlos vergessen. Außerdem kann ich nicht so wirklich glauben, dass sie deinem Freund hinterher trauert.“ Ich hatte Nathan extra 'ihren Freund' genannt, einfach um Hope noch einmal zu verdeutlichen, dass er bei ihr war und, dass das, das einzig Wichtige war. „Du glaubst also mittlerweile an Seelenverwandte?!“, murmelte Lilian plötzlich nachdenklich. Dann hellte sich ihr Blick abrupt auf. „Das heißt, du glaubst daran, dass du zu Evan gehörst.“ Entsetzt über den unerwarteten, für mich eher unangenehmen Themawechsel starrte ich Lilian an. Auch Hope stieg nun mit ein: „Ja. Das heißt, du würdest es akzeptieren, dass Evan dein Mate ist.“ Oh verdammt. Hätte ich doch bloß nichts gesagt... Diese beiden Biester drehten einem auch wirklich gnadenlos jedes Wort im Mund herum. Merkzettel an mich selbst: Achte in der Gegenwart von Hope und Lilian darauf, wie du dich ausdrückst und pass genau auf, was für Hintertüren du damit öffnest. „Genau. Hast du ihn jetzt eigentlich akzeptiert?“, mischte sich nun Lilian wieder ein. Ich sah sie kurz verunsichert an, dann nickte ich verlegen. Mit einem erfreuten Quietschen sprang sie auf mich zu und umarmte mich fest. „Ich bin stolz auf dich! Jetzt kann nichts mehr passieren. Jetzt muss Evan dich nur noch markieren, die Bindung vollenden und du wirst ein vollwertiger, hochrangiger Teil des Rudels. Und mit 'hochrangig' meine ich wirklich hochrangig. Immerhin wirst du die Luna. Ach Quatsch du bist ja eigentlich mehr oder weniger schon Luna. Nur, dass du halt noch nicht mit Evan verbunden bist. Aber das wird schon. Wenn du erst mit ihm zusammen das Rudel führst. Ich kann es kaum glauben, ich werde die Tante des zukünftigen Alphas. Noch dazu ist dessen Mutter so wunderschön und auch noch lieb. Ich hatte ja schon Angst, dass Evan irgend so eine dumme Kuh als Mate haben könnte, aber ich habe diese Befürchtungen wohl umsonst gehabt. Und...“ „Stopp, stopp, stopp! Wie ist das gemeint? Tante des zukünftigen Alphas? Ich bin siebzehn! Außerdem wie genau soll ich den Rang einer Luna verstehen?“, unterbrach ich sie empört und, ganz ehrlich, auch ziemlich ängstlich. Was, wenn wirklich von mir erwatet wurde, dass ich jetzt schon den Alpha mit Nachkommen versorgte? „Nein, nein. Ich meinte nur irgendwann mal. Nicht jetzt. Himmel, das wäre ja gruselig. Und was das Amt der Luna angeht, nun ja. Ich glaube, dass Evan dir das erklären wollte, aber da sich mir jetzt gerade die Gelegenheit bietet und du sowieso nachgefragt hast, kann ich das ja eigentlich auch machen.“, antwortete sie hastig. „Aber ich glaube es würde meinen lieben Bruder überaus wütend machen, sollte ich ihm das Privileg nehmen, dir deine Position, Aufgabe, wie auch immer du es nennen möchtest, zu erklären. Allerdings muss ich sagen, dass es mir dieses Risiko wert ist. Immerhin hast du mich ja gefragt, und nicht ihn.“ Kopfschüttelnd betrachtete ich sie, wie sie, vollkommen in Gedanken versunken, einen Monolog darüber führte, ob sie mir den Begriff 'Luna', den Evan auch bereits einmal im Bezug auf mich erwähnt hatte, erklären sollte oder nicht.

Des Rudels Luna Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt