Kapitel 28

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„Hi", sagte ich und spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss.

Ein schiefes Grinsen schlich sich auf Gideons Gesicht und er ließ die Flüssigkeit in dem Glas, das er hielt, kreisen. Eine seiner Locken fiel ihm ins Gesicht und ich musste mich sehr zusammenreißen, nicht die Hand danach auszustrecken, um sie aus dem Weg zu schieben.

Gideons Augen funkelten, als hätte er meine Gedanken erraten. Er lehnte den Kopf zurück und schaute mich unter gesenkten Lidern hinweg an. Mein Verstand verabschiedete sich dann mal in den Urlaub.

„Was machst du hier?", stieß ich schließlich hervor, da er nicht vorzuhaben schien, mich ebenfalls zu begrüßen.

Etwas Dunkles schlich sich in seine Augen und er ließ den Blick langsam von meinem Kopf abwärts gleiten. Zu langsam. Ich hatte das Gefühl, in eine Sauna getreten zu sein.

„Du siehst verdammt heiß aus", sagte er nun mit rauer Stimme, seine Worte von einem leichten Lallen unterlegt.

Obwohl er offensichtlich betrunken war, errötete ich noch mehr. Es sollte mich nicht freuen, dass er mir in diesem Zustand Komplimente machte, und schon gar nicht solche. Trotzdem gefiel es mir, dass er endlich zugab, dass ich ihn nicht völlig kalt ließ.

„Ähm . . . danke", gab ich zurück und wusste nicht, wohin mit meinem Blick.

Wann immer ich ihn anschaute, hatte ich das Gefühl, dass mir sämtliche Selbstkontrolle entglitt. Aber komplett. Im Moment waren meine Augen auf seine untere Gesichtshälfte fixiert, auf der sich ein sehr vorzeigbarer Dreitagebart abzeichnete, der seinem dunklen Auftreten noch mehr Ausdruck verlieh. Ich war verloren.

Das hier war neu. Und es war verdammt noch mal aufregend. Gideon war nie der farbenfrohste Mensch gewesen was seinen Kleidungsstil betraf, aber irgendwie hatte dieses Schwarz etwas. Vor allem wenn man die Weise, auf die sich sein Shirt an seinen Oberkörper schmiegte bedachte.

„Ich habe die ganze Zeit lang diese Erinnerungen, weißt du?", unterbrach Gideon meine Gedanken. Seine Stimme war noch eine Spur rauer und träger als zuvor. Aber er lallte weniger. Ich schluckte und machte mich auf das Kommende gefasst, was auch immer das sein würde.

Gideon machte einen Schritt zur Seite und stellte sein Glas auf den Tresen. Dann drehte er sich wieder zu mir und schaffte es irgendwie, dass ich plötzlich mit dem Rücken gegen die Wand gepresst war, während Gideon dicht vor mir stand und nun die Hände links und rechts von meinen Schultern abstütze. Mein Blick klebte an seinen Lippen und ich war mir jeder Stelle meines Körpers, an der er mich berührte, unendlich bewusst. Er lehnte sich vor und legte die Lippen an mein Ohr. Ich erschauderte.

„So viele Erinnerungen davon wie wir uns küssen, dass ich mir fast schon wünsche nicht mehr aufzuwachen. Denn dann stecke ich wieder in der Scheiße", flüsterte er und ich konnte nichts gegen meine dickköpfigen Hände tun, die einen Weg zu seiner Hüfte fanden.

Mein ganzer Körper schien in Flammen zu stehen. Es tat so unbeschreiblich gut, ihm endlich wieder nah zu sein, dass mich nicht einmal der Geruch nach Alkohol störte, der von ihm ausging, oder die Tatsache, dass ich eigentlich wusste, dass das hier keine gute Idee war. Was auch immer er vorhatte.

Seine Lippen zogen sich von meinem Ohr zurück, doch verließen meine Haut nicht, während sie sich langsam zu meiner Wange bewegten.

„Ich will dich gerade unbedingt küssen", hörte ich ihn murmeln, seine Stimme fast schon ein Grollen.

Ich vergaß vollkommen, wo wir uns befanden. Mein Griff um seine Hüfte verstärkte sich und ich betete einfach nur, dass er seine gottverdammten, weichen Lippen endlich auf meine legte. Er hatte noch nie so mit mir gesprochen und um ehrlich zu sein gefiel es mir, auch wenn ich es niemals zugegeben hätte. Wenn dieser Gideon mit einem zusätzlichen Faible für leichten Dirty Talk kam, würde ich mich bestimmt nicht beschweren.

MondsteingrauWhere stories live. Discover now