Kapitel 27

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„Rühren! Drehen! Nein, Rad!", rief Leslie, während Raphael mit der Hand eine kreisende Bewegung machte, die man wirklich nur als geübter Scharadespieler als Kochen erkennen konnte.

Wir hatten zwei Teams gebildet, die mehr oder weniger zufällig so aussahen, dass ich mit Charlotte zusammen spielte und Leslie mit Raphael. Sie hatte die Teams eingeteilt und es schien ganz so, als wollte sie meiner Enthüllung von heute Vormittag auf den Zahn fühlen und herausfinden, ob Raphael tatsächlich eine annehmbare Partie abgab.

Charlotte und ich kringelten uns vor Lachen auf dem Sofa und Raph sah ein wenig verzweifelt aus. Wir hatten uns bis jetzt deutlich besser angestellt als die beiden, was nicht zuletzt daran lag, dass Raphael wirklich ein grottenschlechter Pantomime war. Im Moment versuchte er sich an dem Begriff „Kochbuch".

„Und die Zeit ist um", warf ich ein, bevor er auch nur dazu gekommen war, den zweiten Teilbegriff vorzumachen.

Lachend ließ er sich in einen der Sessel fallen.

„Ich bin ein hoffnungsloser Fall. Sorry, Leslie." Er grinste ihr ein wenig schuldbewusst zu.

Leslie grinste zurück und schaute dann schnell zu mir, was mich noch mehr zum Lachen brachte. Charlotte hingegen hatte sich wieder ein bisschen beruhigt und nahm noch einen Schluck aus ihrem Glas, das mit der „Cola" gefüllt war, die Leslie mitgebracht hatte. Diese Cola bestand zur Hälfte aus Alkohol und da niemand von uns daran gewöhnt war zu trinken, war die Stimmung mittlerweile recht heiter. Ich war mir nicht sicher, wie sie da rangekommen war.

Wie der Zufall es wollte, hatte Charlotte mich gleich zu Anfang ebenfalls nach meinem Geburtstag gefragt und wir hatten beschlossen zusammen zu feiern. Mein Hauptbeweggrund war hierbei, dass ich mich so nicht völlig allein um die Planung kümmern musste. Aber ja, inzwischen war Charlotte gar nicht mehr so übel. Und sie tat mir ein wenig leid, als sie Leslie mit gerunzelter Stirn dabei zusah, wie sie mit Raph flirtete, der sich mit jedem Schluck Alkohol mehr in den Raphael, den ich kannte, verwandelte. Der Arme hatte offensichtlich viel zu schnell erwachsen werden müssen.

Wir spielten noch ein paar Runden, bis Paul schließlich ins Zimmer kam, einen misstrauischen Blick auf die beiden leeren Flaschen auf dem Wohnzimmertisch warf, und uns dann nachsichtig daran erinnerte, dass wir langsam mal los müssten, wenn wir nicht den ganzen Abend mit Scharadespielen verbringen wollten.

Also flitzte ich schnell nach oben, um meine bequeme Jogginghose und den Pulli gegen feiertaugliche Kleidung einzutauschen. Ich hatte mich für eine eng sitzende schwarze Jeans und ein locker fallendes dunkelrotes Top mit einem zugegebenermaßen weiten Ausschnitt entschieden. Ich fand, dass ich stolz auf meine Verwandlung sein konnte.

Der Meinung waren die anderen offensichtlich auch, als ich wenige Minuten später wieder im Wohnzimmer aufschlug, denn Leslie zeigte mir einen Daumen nach oben, während Charlotte mir zulächelte und Raphael auf meinen Ausschnitt starrte. Ohne etwas dagegen tun zu können, sah ich mit einem Mal Gideon an seiner Stelle und mir wurde ziemlich warm. Schnell wandte ich den Blick ab und rief nach Paul, der angeboten hatte, uns zu Cynthia zu bringen.

Die Musik dröhnte uns schon aus einigen Metern Entfernung entgegen und ich fragte mich, warum noch keine Polizeiwagen vor dem Haus standen. Wahrscheinlich hatte Cynthia ihre Nachbarn gleich mit eingeladen.

Leslie hatte sich – sehr zu Charlottes Missfallen, auch wenn sie es zu verstecken versuchte – bei Raphael untergehakt und zog ihn mit sich auf die Tür zu. Charlotte und ich folgten mit ein bisschen Abstand und als wir schließlich vor der Haustür standen, die nur angelehnt war, war ich mir nicht mehr so sicher, ob es die beste Idee gewesen war, hierher zu kommen. Unwillkürlich erinnerte ich mich an das letzte Mal, als ich auf einer von Cynthias Partys gewesen war und Charlotte auf einem der Tische getanzt und sich über Gideon ausgeheult hatte. Hoffentlich würde sie heute nicht dasselbe wegen Raphael tun, dem Leslies Aufmerksamkeit ganz gut zu gefallen schien. Die Arme schien wirklich kein Glück mit den de Villiers Brüdern zu haben.

MondsteingrauWhere stories live. Discover now