38. University

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Der Mann der immer noch applaudiert schaut jung aus, ist vielleicht Mitte 30. Ich kann das schlecht abschätzen da er eine dunkle Sonnenbrille trägt. Aber seine Haare sind blond und hängen ihm wild ins Gesicht. Er ist groß und hat eine Figur, die so aussieht als hätte er die letzten Wochen kein Training mehr gehabt, ein bisschen molliger.

"Das war großartig. Mir gefällt das Feuer das ihr habt", sagt der Mann und nimmt seine Sonnenbrille ab. Ja, der müsste um die 30 sein.

Alexa und ich sehen uns verwirrt an, wissen gar nicht was er meint, was hier gerade abgeht, was er will... "Ihr habt zwei habt Talent und natürlich Spaß", er lacht. "Das sieht man", fährt er fort. "Aus euch kann was werden" Alexa und ich schauen uns noch verwirrter an als wir es ohne hin schon tun und sind. Was?

Alexa ist die erste von uns beiden, die ihre Stimme wieder findet und gleich einen sinnvollen Satz zu Stande bringt: "W- Wer sind Sie?"

"Oh, Entschuldigung" Er wedelt dramatisch mit den Händen rum. "Ich bin Luigi Tosc aus Spanien. Madrid, um genau zu sein. Ich bin Tänzer und Choreograph an der Music University Madrid und freue mich euch kennenlernen zu dürfen. Wer seid ihr?" Er reicht uns seine Hand. Alexa und ich schütteln sie zögerlich nacheinander.

"Ich bin Alexa, aus New Jersey"

"Ich bin Stella, und äh auch aus New Jersey", stottere ich.

"Wie alt seid ihr?" Er lacht wieder: "Ich glaube nicht, dass euch mein Alter interessiert, aber wie lange tanzt ihr schon? Das wirkt sehr koordiniert und geübt"

Ich gebe Alexa ein Zeichen dafür, dass sie antworten soll. Ich habe meine Stimme noch nicht unter Kontrolle. Der Mann hat mich so erschrocken, uns dann mit Komplimenten überhäuft und jetzt überrumpelt er uns total. Der hört echt gar nicht mehr auf!

"Sechszehn", antwortet Alexa. In ihrer Stimme schwingt aufjedenfall auch etwas zittriges mit.

"Ah ja und bei wem nehmt ihr Tanzunterricht?"

Ich schaue zu Alexa hoch und räuspere mich: "Naja... also ehrlich gesagt nehmen wir gar keinen Tanzunterricht"

Er weitet seine Augen, die jetzt größer sind als unsere vorhin: "Nicht?" Wir schütteln die Köpfe. Dann hat er sich ganz schnell wieder im Griff und klatscht begeistert in die Hände: "Das ist ja alles noch besser als ich gedacht habe. Wo seid ihr zwei hier denn untergebracht?"

"Wir sind mit meinen Eltern in dem Hotel dort drüben", mit dem Kopf nicke ich in die Richtung, woraufhin er verständlich nickt. Ein Weile schweigen wir alle drei und sind in Gedanken. So langsam kann ich mich wieder beherrschen, aber ich verstehe noch lange nichts!

"Also gut" Herr Tosc reibt sich die Hände und schaut uns dann an. "Ihr zwei seid wirklich gut! Das wisst ihr. Und ihr habt Spaß, wahnsinnigen Spaß" Jetzt höre ich auch seinen spanischen Akzent raus. "Ihr würdet unserer Universität gut tun. Ich gebe euch beide meine Karte... einen Moment. So, hier bitteschön. Redet bitte mit euren Eltern und ruft mich bei Fragen an" Wie bitte...? Was hat er da gerade gesagt?

Uns bleibt die Kinnlade offen stehen. "Kann ich mich auf euch verlassen?", fragt er und hebt eine Augenbraue. Wir nicken schweigend, aber immer noch mit offenem Mund. "Gut. Dann hoffe ich bis bald" Er reicht uns wieder seine Hand und wieder schütteln wir sie genauso zögerlich wie beim ersten Mal. Als er geht drehen Alexa und ich zueinander um und fangen an zu quieken.

"Was war das jetzt?", quiekt sie.

"Ich habe keine Ahnung, aber es war so cool", quieke ich.

"Was machen wir jetzt?", quiekt sie.

"Ich habe keine Ahnung", quieke ich.

Doch nach einer kleinen Beruhigungsphase packen wir alles wieder zusammen und gehen rüber ins Hotel. Gedankenverloren, denke ich über seine Wörter nach. Wir haben Talent, wir wären gut für die Universität, er hat uns seine Karte gegeben!

"Meinst du unsere Eltern lassen uns?", fragt sie ängstlich. Ich zucke mit dem Schultern. Ich weiß es wirklich nicht, aber trotzdem spreche ich das aus was ich hoffe. Nur um auch mir ein bisschen Sicherheit zu geben: "Vielleicht wissen sie, wie viel uns das bedeutet und lassen uns dann gehen"

"Ich glaube nämlich nicht", gibt sie ehrlich zu. Ich stoße sie mit dem Ellenbogen: "Positiv bleiben!" Und ein Grinsen kann ich mir nicht verkneifen. Sie grinst zurück.

Im Hotel klopfen wir sofort bei den Jungs und ein verschlafener Ace macht auf: "Was?" Er sieht so verdammt gut aus! Diese tiefe Stimme und die verstrubelten Haare... doch dann sieht er mich grinsen und ist vollkommen irritiert: "Was? Und was hast du da eigentlich an? Das ist scharf" Ich werde augenblicklich rot. Das Ace mich in Jogginghose "scharf" findet ist... ja seltsam... Ich räuspere mich: "Was ich eigentlich sagen wollte..." Dann beginne ich es ihm zu erzählen. Ich möchte, dass er es vor meinen Eltern weiß. Während ich aufgeregt erzähle, macht sich Alexa aus dem Staub.

Nachdem ich fertig bin, nimmt er mich in seine Arme und hält mich hoch: "Das ist unglaublich! Ich freue mich für euch!"

"Danke", kichere ich. "Wann sagst du es deinen Eltern?", will er wissen. Ich zucke mit den Schultern: "Morgen, vielleicht. Alexa skypt gerade mit ihren Eltern... mal sehen" Er nickt verständnisvoll und lässt mich wieder los.

Als ich zu Alexa rüber gehe sehe ich sie mit ihren Eltern diskutieren und beschließe an der Tür zu bleiben. "Mum? Dad? Würdet ihr bitte wenigstens darüber nachdenken? Dann reden wir in zwei oder drei Tagen nochmal", fragt Alexa. Vom Laptop aus ertönt ein Seufzen und ich nehme die provokante Stimme ihres Vater wahr: "Nein Alexa. Das kommt nicht in die Tüte! Wir werden noch nicht mal einen einzigen Gedanken daran verschwenden!"

Kaum hat ihr Dad den Satz zu Ende gesprochen, beendet sie den Call und schließt wütend den Laptop...

Don't touch my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt