Don't touch my heart

5. Diese Sache mit Cecilia

„Lauft doch einfach schon mal weiter" Erschöpft lasse ich mich auf eine Bank am Wegrand fallen und wedle lustlos mit irgendeiner Hand in irgendeine Richtung...

„Ich möchte mich nur kurz ausruhen. Wir wandern jetzt schon seit zwei Stunden und ich bin nicht gerade die sportlichste", sage ich in einem beschwerenden Ton. Mein Dad schaut mich ernst an und meine Mum verdreht die Augen.

„Ich komm dann schon nach!", versichere ich ihnen, worauf sie mit den Schultern zucken und einfach weiterlaufen. Ace bleibt noch kurz bei mir stehen. „Ja genau, du auch", blaffe ich wie zu einem kleinen Kind dem man erklären muss das es hier nicht erwünscht ist. Er dreht sich um und geht, wirft mir aber noch ein gehässiges und ironisches „Verlauf dich nicht" zu.

Ich bin eindeutig zu müde um mich mal wieder mit Ace zu konkurrieren und lasse ihn ohne einen Kommentar weglaufen, in der Hoffnung dass er  sich verläuft. 

Aus meinem Rucksack hole ich ein selbstgeschmiertes Nutellabrot, beiße einmal wie in der Werbung kräftig und genüsslich rein und hole dann mein Handy raus. Ich beschließe Alexa anzurufen und ihr die ganzen News zu erzählen. Sie nimmt schnell ab und begrüßt mich mit einem abwesenden: „Hallo", wahrscheinlich sitzt sie gerade mit Chips vorm Fernseher und schaut einen Film. „Hi", sage ich und beiße nochmal in mein Brot. „Wandert ihr noch?", fragt sie mich. „Ja, aber ich mach gerade eine kleine Pause. Und du glaubst nicht was ich herausgefunden habe!" Auf einmal ist sie hell wach und voll bei der Sache: „Erzähl! Du weißt das ich es hasse wenn du mich warten lässt"

„Ja weiß ich doch. Also folgendes: Gestern auf der Party. Auf der wo Ace war, war auch Cecilia-"

„Nein!", schreit sie mir ins Handy.

„Doch-"

„Was hat sie gemacht?", Alexa ist gerade dabei ihre Fassung zu verlieren und scheint wütend zu sein.

Ich will ihr gerade antworten: „Naja..."

„...naja?!", aber sie ist eine sehr ungeduldige Person.

„Sie hat ihn angemacht. Und Ace hat gemeint, sie hatte eine übelst kurze Hose und ein zu weit ausgeschnittenes T-Shirt an" Aber er sagte auch, dass das heiß  war, warum auch immer. Doch das muss ich Alexa ja nicht unbedingt sagen.

„Das war so klar. Typisch Cecilia! Zum Glück ist die nicht meiner Klasse" Alexa lacht und hört gar nicht mehr auf. Jetzt ist sie nicht mehr wütend, sondern eher amüsiert.

Cecilia ist dummerweise in meiner Klasse und Alexa nicht. Alexa ist vor ungefähr zwei Jahren, hierher, nach New Jersey gezogen. Man kann sagen, wir haben uns bei einem Taylor-Lautner-Gespräch kennengelernt. Denn Tuana und ich haben über ihn in der Stadt geredet und Alexa ist eimfach dazu gekommen und hat mit geschwärmt. Seit dem Tag haben wir Kontakt und sind beste Freundinnen... und wenn wir nicht in 100 Jahren gestorben sind, dann leben wir auch noch da.

Cecilia, allerdings, kenne ich schon seit dem Kindergarten. Wir waren auch in derselben Grundschulklasse, leider. Ich kann sie nicht ausstehen, sowie sie sich auftakelt. Ihr Gesicht sieht aus, wie einmal in einen Makeupeimer getunkt, es ist einfach viel zu viel. Und die Art wie sie läuft und sich fühlt als wäre sie die Coolste und Hübscheste ist einfach... nervig und kaum auszuhalten. Jetzt wo ich so drüber nachdenke... Cecilia und Ace passen doch super zusammen, oder? 

Ich konzentriere mich wieder auf das Gespräch mit Alexa. „Als sie ihn angetanzt hat, ist ihr ein Absatz abgebrochen und hat von ihm verlangt sie zu tragen und den Schuh zu verarzten. Den Schuh!" Sie ist nicht besonders schlau. Alexa ist in einen Lachanfall gefallen und kaum mehr zu halten. Ich lache mit und stelle mir vor wie Cecilias glitzernder Highheel im Krankenbett liegt.   

Nach kurzer Zeit erkläre ihr das ich auflege: „Alexa? Ich muss jetzt auflegen. Ich laufe mal wieder zu den Anderen, bevor sie eine Vermisstenanzeige beantragen"

„Na gut. Aber pass auf dich auf"

„Mach ich doch immer", ich grinse und drücke die rote Taste auf dem Display. Mit einem Seufzten setze ich mich in Bewegung und gehe langsam den Wanderweg entlang, durch die Bäume und über eine schöne grüne Wiese. Die Landschaft ist echt schön und die Sonne scheint hell auf die Erde. Ich verliere meine Gedanken und bin von den schönen Anblicken der Natur total gebannt.

Ich laufe jetzt schon 30  Minuten im schnellen Tempo, was für mich ziemlich ungewöhnlich ist, aber wo sind die denn alle? Das Ace weg sein könnte stört mich nicht, aber wo sind meine Eltern?

Nach weiteren 15 Minuten laufen, weiß ich gar nicht mehr wo ich bin. So etwas kann auch nur mir passieren, richtig? Ich hole mein Handy aus dem Rucksack und sehe, dass es hier kein Netz gibt. Ernsthaft? Flüche und sonstiges kommen aus mein. Das kann doch nicht wahr sein!  Ich brauche einen Plan, setze ich mir in meinen Kopf und denke darüber nach. Also erst mal positiv bleiben, das ist das Wichtigste. Und jetzt brauche ich nur noch Netz ! Und wie bekomme ich das?

Ich höre ein bekanntes Geräusch. Es ist laut und wird immer lauter. Und dann winke ich auch schon das rote Auto an was mir entgegen fährt. Es hält an, kurbelt die Fenster runter und ich sage ganz höflich: „Äh guten Tag. Ich bin Stella Norris und habe mich verlaufen", das ist so peinlich. „Würden sie mich vielleicht mitnehmen, solange bis ich wieder Handyempfang habe?" Mit einem schüchternen Lächeln unterstreiche ich meine lieben Worte und die Frau nickt. Sie nickt einfach nur. „Dankeschön", sage ich ihr und steige hinten ein.

Auf der Rückbank lasse ich mich erleichtert hinplumpsen und drehe meinen Kopf nach rechts, weil dort jemand sitzt. Das Mädchen mit den gefärbten aschblonden Haaren und einer kurzen Hotpants, erkenne ich sofort. Sie schaut die Frau am Lenkrad genervt an: „Mum! Wieso nimmst du gleich jede Person, die auf der Straße steht, mit?", beschwert sie sich. Ihre Mutter fährt los und sagt im strengen Ton, beziehungsweise, schreit sie fast: „Cecilia! Darüber diskutieren wir nicht!"

Wieso hasst mich das Universum? Meine positive Stimmung fliegt davon und ich winke ihr hinterher. Mir kommt der Gedanke, dass Cecilia mich vielleicht heimlich verfolgt. Kaum habe ich mit Alexa über sie geredet, sitze ich schon bei ihr im Auto, komisch oder?! 

Ich falte meine Hände und bete, dass ich in spätestens 24 Stunden wieder Zuhause bin...