Kapitel 45 "Rebellenschwester"

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Nachdem wir uns getrennt hatten, beschlossen Victoria und ich, dass wir zum Ort meines ersten Aufeinandertreffens mit Sawyer zurückkehren sollten. Ich hatte ihr zwar gesagt, dass ich das Zelt schon nach Hinweisen durchsucht hatte, aber sie meinte, dass sie es sich mit eigenen Augen ansehen musste. In Vegas hatten wir ein Auto geknackt und anschließend waren wir über abgelegene Landstraßen zurück Richtung Los Angeles gefahren.

Der Vorteil der Landstraßen war, dass sie nur selten von Autos blockiert wurden. Hier hatte es keine Massenkarambolagen gegeben und wenn doch einmal ein Wagen angehalten hatte, dann am Straßenrand, sodass wir an ihm vorbeifahren konnten. Trotzdem brauchten wir einen ganzen Tag, bis das Hügelland der Rockys endlich abflachte.

Die Umgebung kam mir entfernt bekannt vor, aber es war nun doch schon eine ganze Weile her, dass ich zuletzt hier war. „Vor ein paar Wochen waren hier überall Zelte." Die meisten waren verschwunden, ein paar wenige lagen zusammengefallen im Dreck. „Was hast du erwartet? Niemand ist freiwillig in der Nähe der Stadt geblieben, aber ein paar der großen Zeltstädte gibt es noch.

Meistens in der Nähe von unterirdischen Bunkern, die man plündern kann." Wie aufs Stichwort kam ein weites Feld in Sicht, auf dem dicht an dicht die Zelte standen. Sie sahen noch halbwegs bewohnbar aus, aber sobald der Herbst kommen würde und die Hitze abklang, würde es ungemütlich werden. Die Siedlung war direkt neben der Straße und als ich die Kinder sah, war ich mir ganz sicher, dass ich schon einmal hier gewesen war.

„Dreh um, wir müssen schon daran vorbei sein. In ein paar Kilometern müsste es sein, etwas abseits von der Straße." Victoria wendete das Auto, die Reifen ließen Dreck aufspritzen, als sie durchdrehten. Wir fuhren zurück in die Richtung aus der wir gekommen waren, bis ich sagte: „Hier muss es sein."

Ich erinnerte mich an die Felskante, die aus einer Formation herausragte und unter der ich das letzte Mal unseren Wagen abgestellt hatte. Er war zwar nicht mehr da, aber jetzt war ich mir endgültig sicher, dass wir hier richtig waren. Wir ließen das Auto stehen und liefen ein paar Schritte, bis sich die erste Stufe vor uns auftat.

Schon beim letzten Mal war mir aufgefallen, dass der Erdboden hier in abrupter Weise alle paar Meter abfiel. Damals hatte ich an eine Treppe für Riesen gedacht und auch jetzt erinnerte es mich daran. Hinter einer der Felsformationen vor uns verbarg sich das unheimliche Zirkuszelt, in dem sicher noch nie jemand gelacht hatte. Ich übernahm schon bald die Führung, weil Victoria noch nie hier gewesen war und die Erinnerung mit jedem Schritt, den ich machte, deutlicher wurde.

Wir kletterten eine Weile schweigend, bevor wir den äußeren Rand des Kessels erreichten, in dessen Mitte sich das Tal befand. Die zwischen den Metallstreben gespannten Planen hatten dem Wind und Wetter nicht viel entgegenzusetzen gehabt. Sie waren dreckig und hingen teilweise nur noch in Fetzen da. Aber das machte den Anblick nur noch unheimlicher. „Sieht ja... heimelig aus", meinte Victoria ironisch.

Sie wollte sich schon an den Abstieg machen, als mir etwas auffiel, das anders war als beim letzten Mal. Ich hielt sie zurück und deutete auf eine dunkle Antenne, die seitlich hinter dem Gerüst hervorragte. Mit zusammengekniffenen Augen warteten wir den nächsten Windstoß ab, der die Planen hob und uns für einen Moment den Blick freimachte.

Es war ein Rotorblatt. Atemlos duckte ich mich hinter den Felsen zurück: „Da unten muss jemand sein." „Wer außer Dwight Sawyer könnte davon gewusst haben?", fragte sie an mich gewandt, aber ich hatte wirklich nicht den Hauch einer Ahnung. „Im Grunde ist es auch egal, wer da unten ist. Die Frage ist jetzt, ob wir es herausfinden, oder nicht."

Sie ließ jeden einzelnen ihrer Fingerknochen knacken und machte dasselbe mit ihrem Hals. Dann grinste sie: „Bereit für einen netten kleinen Kampf?" Ich wusste zwar nicht, was daran so nett sein sollte, aber ich folgte ihr trotzdem. Beim Klettern versuchte ich, meinen Kopf vorübergehend auszuschalten, doch es gelang mir nicht so recht.

Reflektionen (Ross Lynch/R5)Where stories live. Discover now