Kapitel 41 "Ablenkungsteam"

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Ich bog nach links ab, durch eine schwere Holztür, die mit einem lauten Knall hinter mir zufiel. Auch hier fiel lediglich das fahle Mondlicht durch die offenstehenden Türen der Büros und Aktenräume in den Gang. Im Vorbeilaufen stieß ich jede einzelne auf, damit sie gegen die Wand krachen und Lärm verursachen konnten. Wenn das, was dort im Treppenhaus war, mich noch immer nicht bemerkt hatte, würde das an ein Wunder grenzen.

Bis ich das Ende des Gangs erreicht hatte, waren etwa 20 Sekunden vergangen, mir blieb also nicht mehr viel Zeit, um mich zu verstecken. Ich sprintete den Flur zurück und stürmte in eines der dunklen Zimmer. Es war kahl, aber der Schreibtisch in der Mitte musste mir vorerst als Schutz reichen. Gerade als ich mich dahinter gekauert hatte, flog draußen die Tür zum Treppenhaus auf. Ich war versucht, gespannt den Atem anzuhalten, konnte mich jedoch davon abhalten.

Meine Atmung war ohnehin schon beschleunigt, ich sollte mich eher darauf konzentrieren, ruhig zu bleiben. Gemischte Gefühle machten sich in mir breit; einerseits war ich erleichtert, dass sie mir und nicht meinen Geschwistern folgten, aber auf der anderen Seite hatte ich auch Angst. Was würde mit mir geschehen, wenn sie mich finden würden? Waren es Menschen, oder doch Spiegelwesen? Ich war mir nicht sicher, ob ich eine Antwort auf diese Fragen haben wollte.

Stattdessen duckte ich mich weiter unter den Tisch und verkroch mich in den Schatten. Auch dieses Zimmer hatte ein Fenster, es lag jedoch im Nordwesten, weshalb kaum Mondlicht hineinschien. Es reichte trotzdem, um meine Haare vor meinen Augen leicht schimmern zu sehen. Von der Tür aus konnte es allerdings nicht sichtbar sein. Die Schritte im Gang wurden langsam immer lauter und je näher sie kamen, desto sicherer konnte ich mir sein, dass es sich um drei Gestalten handeln musste, ob nun menschlich oder nicht.

Meine Nervosität stieg mit jedem Herzschlag und ich musste mich zusammenreißen, um nicht aufzuspringen. „Wir wissen, dass du hier bist. Komm schon raus..." Die Stimme klang lockend und lieb, aber ich dachte gar nicht daran, mich davon leiten zu lassen. Eine der drei Personen war offensichtlich weiblich. „Sie hat recht, mach es uns einfach und zeig dich. Wir werden dich sowieso finden." Diesmal hatte ein Mann gesprochen, seine Stimme war tief und rau, klang aber dennoch beruhigend.

Beide schienen kein bisschen aufgeregt zu sein, aber eigentlich konnten sie nicht wissen, mit wem oder was sie es zu tun hatten. Nun äußerte sich auch noch die dritte Stimme, die zu einem weiteren Mann gehörte: „Vor ein paar Monaten wärst du uns auf der Straße entgegengekommen und hättest keine Angst vor uns gehabt. Na gut, vor mir vielleicht ein bisschen, aber vor den anderen beiden nicht. Jetzt traust du dich nicht mal mehr, aus deinem Versteck zu kommen. Was hat sich verändert?"

Eine gewisse Belustigung schwang in seiner Stimme mit, als wäre das für ihn lediglich ein Spiel. Trotzdem hatte ich eine Antwort für ihn, die ich nur nicht laut aussprach. Vermutlich wäre er überraschter davon gewesen, wenn ich ihm geantwortet hätte, als so. Wieder hörte ich Schritte, zwei Türen flogen gegen die Wand, so wie zuvor, als ich sie aufgestoßen hatte. Sie ließen sich Zeit, gingen äußerst gründlich vor und mir wurde allmählich klar, dass sie nicht gelogen hatten. Sie würden mich sowieso finden.

Da sie nicht willkürlich alles wie Wilde zusammenschlugen, nahm ich an, dass sie normale Menschen waren. Was würden sie mit mir machen? Es brachte sie nicht weiter, mich zu töten, aber zunächst mussten sie mir glauben, dass ich keines der Spiegelwesen war. Ich hasste mich für meine Unschlüssigkeit, aber ich traute mich einfach nicht, aus meinem Versteck zu kriechen und mich zu stellen. Stattdessen wartete ich darauf, dass sie mich finden würden.

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Sie hatten mich niedergeschlagen und gefesselt, aber ich lebte noch. „Du bist kein Spiegelwesen", hatte einer der Männer festgestellt, während er mir mit einer Taschenlampe ins Gesicht geleuchtet hatte. „Was hattest du hier zu suchen?" Neugierig beugte sich die Frau über mich. Sie hatte ein nettes Gesicht; stupsnasig und herzförmig. Ich schätzte sie auf Mitte 20, während die Männer wohl eher Anfang 30 waren. Da es wohl keinen Zweck hatte, sie anzulügen, blieb ich bei der Wahrheit.

Reflektionen (Ross Lynch/R5)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora