Kapitel 65

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"Na wie war's in der Schule?", fragte mich Maik, als ich ins Auto einstieg. "War ganz cool, die Lehrer sind gecillt und mit denen aus meiner Klasse komm ich ganz gut klar." "Was heißt ganz gut?", er seufzte, "Hast du dich etwa heute schon mit jemandem geprügelt? Ich dachte das kommt erst nächste Woche." "Nein alles cool, einer von denen legt sich nur gern mit mir an, aber da war nichts. Ich schwöre!" Maik nickte und fuhr los.
"Soll ich dich nachher wieder zum Training fahren?", fragte er, während er die Haustür aufschloss. "Was ist denn los mit dir? Du bringst mich zur Schule, holst mich von dort ab und du willst mich am gleichen Tag zum Training fahren? Irgendwas stimmt doch hier nicht!", ich sah ihn misstrauisch an. "Es ist nur wegen dieser Vanessa, sie haben sie immer noch nicht und ich will nicht, dass sie dir irgendwas antut oder überhaupt erst die Chance bekommt." Ich lächelte ihn verständlich an: "Dad, wie lange hab ich bei dir trainiert?" "Zwei Jahre, aber... " "Genau, zwei Jahre und davor hab ich zwei Jahre bei Enrico im Kids Kurs trainiert und dann noch fünf Jahre bei Steffan. Also denke ich, dass ich mich definitiv gegen so ne schlampig arbeitende Person wehren kann, die es aus mir unerfindlichen Gründen auf meinen Freundeskreis abgesehen hat", ich lächelte ihn aufmunternd an. "Ich hab doch nur Angst um dich, Josi. Ich will nicht das ich dich auch noch verlieren muss", ich konnte raus hören, dass er sich ein paar Tränen verkneifen musste und nahm ihn fest in den Arm. Ich konnte ihn verstehen, es muss hart sein sein Kind sechzehn Jahre lang nicht zu sehen und dann irgendwann herauszufinden, dass man sie im MMA trainiert. Ich hab zwar keine Ahnung, wie lange er es wusste, aber ich glaube nicht, dass er nur bei Andi angefangen hatte, weil er herausgefunden hatte, dass ich dort trainiere.

Maiks point of view

Ich sah ein wenig bedrückt auf sie herab, während sie mich umarmte. So lang hatte ich sie nicht gesehen und ich hab es doch tatsächlich nur durch den Sport herausgefunden. Hätte sie damals nach dem Kampf nicht ins Krankenhaus gemusst, hatte ich nicht gesehen wer ihre Mutter ist und hätte mich nicht an sie erinnern können, um dann festzustellen, dass sie meine Tochter ist. Ich war damals so ein Idiot. Wie konnte ich die beiden bloß allein lassen. Trotzdem war er irgendwie echt froh, dass Josi diesen Kampf verloren hatte und dann auch ins Krankenhaus musste.

"Wo ist meine Tochter?", rief eine mir bekannte Stimme durch den Gang. Steffan sprang neben mir auf und nahm sie in den Arm: "Sie wird noch untersucht, Ann. Alles gut. Sie ist taff, sie steckt das locker weg!" In meinem Kopf begann es zu rattern. Ich wusste, dass ich diese Ann kannte, aber es ist schon eine Ewigkeit her, dass ich sie gesehen hatte. Die Tür des Behandlungszimmer ging auf und ein Arzt erschien: "Also ich muss sagen, Ihre Tochter ist ziemlich, ja, beinahe unzerstörbar. Ich hab den Kampf auf Video gesehen. Respekt, dass es nur zwei Rippen und Mittelhandknochen sind. Eigentlich hätte der Sprung sie töten können." Josi's Mutter schnappte nach Luft: "Können wir zu ihr?" "Sie schläft jetzt und steht unter starken Betäubungsmitteln, aber wenn sie wollen können Sie natürlich zu ihr." Josi's Mutter und Steffan betraten das Zimmer und ich setzte mich wieder davor. Es schien mir nicht richtig jetzt mit rein zu gehen schließlich war es ja auch irgendwie meine Schuld, dass sie jetzt dort drinn liegt. Ich hätte sie nicht gegen dieses Vieh von Typ antreten lassen dürfen, aber woher sollte ich vorher wissen, dass sechzehnjährige schon so aussehen können?! Ich musste wieder an Josi's Mutter denken und überlegte weiter woher ich sie kannte. Nach ca fünf Minuten schoss mir die Erinnerung in den Kopf wie ein Stromschlag. Im gleichen Moment kam Steffan hektisch aus dem Zimmer und sah mich schockiert an. "Maik, komm mal bitte kurz mit raus." Verwirrt sah ich ihn an, folgte ihm trotzdem nach draußen auf den Parkplatz. Es war ziemlich dunkel draußen, es war ja schließlich auch drei Uhr morgens. "Was ist denn jetzt los?", fragte ich Steffan und blieb stehen. Auch Steffan blieb stehen, stand aber immer noch mit dem Rücken zu mir. Plötzlich drehte er sich schnell um und bevor ich realisierte was er vorhatte, spürte ich auch schon seine Faust in meinem Gesicht. "Du mieser Bastard!", schrie er fast. "Wofür genau war das jetzt?", fragte ich ihn unter Schmerzen. Ich wusste, dass meine Nase zu 100 Prozent gebrochen war und hielt mir meinen Strickjacken Ärmel darunter, um das Blut aufzufangen. "Du bist verdammt noch mal ihr Vater, du scheiß Arschloch", schrie Steffan mich an, "Wusstest du es als du bei uns angefangen hast?" "Steffan, ich... " "Wusstest du es? Ja oder nein!" "Nein, verdammt!", schrie ich zurück, "Ich weiß es genau so lang wie du. Beziehungsweise hab ich es geahnt, nachdem ich ihre Mutter gesehen hab. Richtig wissen tu ich es seit zwei Minuten." "Sagst du es ihr?" "Ich wüsste nicht wie." "Dann lass dir was einfallen!", Steffan ließ mich allein auf dem Parkplatz zurück und ging wieder ins Krankenhaus.

Mittlerweile war ich im Studio und sprang allein Springseil, um mich aufzuwärmen. Währenddessen dachte ich wieder und wieder über diese Nacht nach. Irgendwann fiel mir ein Detail besonders auf. Josi's Mutter hieß laut meiner Erinnerung Ann wenn ich richtig erinnere, doch ich hatte letztens in der Zeitung etwas über den Kerl gelesen, der ihre Mutter umgebracht hatte und dort wurde ein anderer Name geschrieben, wenn ich mich nicht verlesen hab. Ich schmiss das Springseil bei Seite und lief schnell nach vorne zu Andis Büro, da ich wusste, dass Steffan vor ein paar Minuten noch da war. "Hey, sorry wenn ich stören sollte, aber ich habe eine Frage an Steffan." Andi sah mich verwirrt an: "Steffan ist gerade runter, vielleicht erwischst du ihn noch." Sofort rannte ich die Treppen hinunter und auf den Parkplatz, wo Steffan gerade in sein Auto steigen wollte: "Steffan, warte!", brüllte ich so laut ich konnte. Er drehte sich um und sah mich verdutzt an: "Was ist den mit dir los?" "Wie hies Josi's Mutter?", fragte ich ihn hektisch. Steffan runzelte die Stirn: "Sabrina, wieso?" "Oh fuck!", ich schleuderte mit dem Fuß die trockene Erde auf. "Was ist denn los?" "Ich bin mir nicht sicher, ob Josi wirklich meine Tochter ist!"

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