Kapitel 18

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"Josi, langsam müsstest du aber mal nach Hause", Andi legte eine Hand auf meine Schulter. Ich saß traurig und zusammen gekauert auf dem kleinen Sofa. "Ich bin die Woche wieder alleine zu Hause. Ich will nich wieder alleine sein." "Dann geh doch wieder zu Lukas." Wieder liefen mir die Tränen, er hatte ja keine Ahnung. "Ok, verstehe, anscheinend nich. Pass auf, ich bring dich nach Hause oder wo auch immer du hinwillst okay?!" "Schon okay, ich ruf Andy oder Steffan an, kommt drauf an wer ran geht. Einer von den beiden holt mich dann ab.
Als wir dann unten waren schloss Andi das Tor zur Einfahrt ab und verabschiedete sich von mir. Es war relativ warm, dafür das es Herbst und mitten in der Nacht war.
Keiner der beiden ging ans Handy, genau so wenig wie Lukas oder einer der anderen Jungs, bis auf Phillip, aber der hatte kein Auto. Also musste ich mir etwas anderes überlegen. Ich hatte weder Geld noch Busticket bei und auf den Linien sind es nur Arschlöcher von Busfahrern, also fiel das auch weg. In der Nähe wohnte keiner und daher beschloss ich wieder über das Tor zu klettern und zu versuchen die Tür zum Studio zu knacken. Ohne Erfolg. Ich setzte mich auf die Treppen vor der Tür, wie am Tag des Tuniers mit Lukas. Ich war so schrecklich müde und meine Augen waren kurz davor zu zufallen.
Es war drei Uhr frühs, als ich blitzartig aufwachte, aus welchem Grund auch immer. Ich hatte mit dem Kopf an die Wand, die rechtwinklig zur Tür stand, geschlafen, wodurch ich jetzt ziemlich üble Nackenschmerzen hatte. Ich zog meine dünne Strickjacke aus und legte mich parallel zur Tür in den Eingang und schlief sofort wieder ein.

Mich hoben ein Paar sehr starker Arme hoch und trugen mich anscheinen Treppen hinauf. Viel bekam ich in meinem Halbschlaf nicht mit, abgesehen von ständigen Geflüster und das ich wieder irgendwo hingelegt wurde.
Es vergingen ca 2 Stunden nachdem ich wieder aufwachte, aber nicht auf dem harten, steinigem Eingang des Studios, sondern auf dem kleinen, weichen Sofa im Studio. Maik saß auf einem Stuhl vor mir und beobachtete mich. "Weißt du, ich bereue es mittlerweile, deine Mutter und dich allein gelassen zu haben, wenn du jetzt noch so süß bist wenn du schläfst, wie muss das erst als Baby ausgesehen haben?" Ich schreckte hoch: "Was? Wie komm ich hier her?" "Alles okay, ich und Andi wollten den Schuppen aufmachen und du lagst da so hilflos schlafend. Wir wollten dich nicht wecken, also hab ich dich hoch getragen. Hab gehört du hast gestern Training gemacht?! Wie liefs?" "Ganz gut, die Freundin von Alex hat Grundkenntnisse und der Rest Respekt vor mir", verschlafen rieb ich mir die Augen. Als Andi aus seinem Büro kam sah er mich streng an: "Du hast gesagt du findest jemanden der dich abholt. Warum hast du nich mich angerufen, Josi?" Bedrückt sah ich auf dem Boden. "Hast du Hunger?", fragte er mich, schon etwas sanfter. Ich nickte zaghaft und Andi wies Maik darauf an, aus dem großen Einkaufszenter in der Nähe des Studios etwas zu Essen für uns drei zu holen. Ich wollte gerade aufstehen, um Andy zu schreiben, als Andi mir das Handy aus der Hand nahm, mich wieder auf das Sofa drückte und sich davor hockte. "Josi, jetzt mal im Ernst, was ist los mit dir? Zur Zeit bist du total unaufmerksam, ständig haben wir Ärger mit dir, wir alle finden, dass du dich total verändert hast." Ich schluckte, das hatte ich nicht erwartet. "Du weißt, dass du jeder Zeit mit mir reden kannst wenn was is und du hast ja auch die anderen und so, also merk dir, dass du nie alleine bist. Wir sind gerde jetzt immer für dich da. Wir sind eine "Familie"." Familie, mir war dieses Wort schon fast fremd, denn genau das hatte ich eigentlich nie. Bis ich began hier zu trainieren.

Man könnte schon ein gewisses System dahinter sehen. Zum Beispiel war Andi für mich immer ein cooler Onkel, der mich mit zum Sport nimmt und den man auch mal mit auf ne Party nehmen kann. Bongo war immer der große, beschützende Bruder, der ab und zu Vatergefühle entwickeln und zum Ausdruck bringen kann. Steffan jedoch konnte ich nie richtig einordnen, mal ist er auch wie ein cooler Onkel, mal wie der große Bruder und manchmal war er auch wie ein Vater für mich. Manchmal frag ich mich auf welcher Position die meisten mich sehen, Tochter, kleine Schwester, Nichte?!

Ich warf den Gedanken ab und musste Andi einfach umarmen.
"Sag mal, Kleene, was geht eigentlich zwischen dir und dem neuen Familienzuwachs?", schief grinste er mich an, während ich alles andere tat als zu grinsen, "Verstehe. Blöde Frage, tut mir leid!" "Ach, kannst ja nichts dafür, aber hast recht, blöde Frage." Ich schreckte auf, als Maik mit zwei Tüten vom Bäcker wieder kam und die von ihm geöffnete Tür durch einen Windstoß lautstark geschlossen wurde. "Ich wusste jetzt nich was du so isst, Josi, also hab ich jetzt einfach irgendwas mitgenommen, okay?!"

Es war bereits um neun, als Andy im Studio ankam und sich panisch nach mir umsah. Man konnte sehen wie erleichtert er war, als er mich sah und auf mich zu kam. Wenn man das so sah, hätte man meinen können, dass er mein Vater war und schon seit ich geboren wurde sich um mich kümmern würde. Ich sah zu Maik rüber und überlegte, woher er wüsste, dass er mein leiblicher Vater sein soll. Ich spielte mit dem Gedanken endlich mal Klartext mit ihm zu reden, um heraus zu finden ob er wirklich mein Vater ist. Andy riss mich aus meinen Gedanken, als er mich umarmte. "Du kannst auch nicht ohne Mist zu bauen oder?!" In seinen Armen fühlte ich mich mittlerweile wirklich geborgen, so als wäre er mein Vater. Langsam aber sicher gewöhnte ich mich an diesen Gedanken und merkte wie sich dieses Verlangen, mit Maik über die Vaterschaft zu reden, immer weiter auflöste. "Und du nicht ohne Vatersorgen?!", wir lachten beide, doch aus dem Augenwinkel konnte ich Maik sehen, wie er bei dem Wort Vatersorgen sofort zu uns herüber sah und schon fast eifersüchtig Andy ansah. Ich hatte das Gefühl, dass sich, während sich das Bedürfniss über die Vaterschaft zu reden, bei mir zurückzog, es sich bei ihm immer weiter in den Vordergrund rückte. Es dauerte keine fünf Minuten, als Tausende von Nachrichten, der Leute die ich gestern anrief, eingingen. Eigentlich hatten wirklich alle geschrieben, bis auf einen, Lukas. Wieder ein Zeichen dafür, dass ihm die Sache gestern Abend echt nah ging. Ich konnte es verstehen, da ich selber ein scheiß Gefühl hatte, wenn ich nochmal darüber nachdachte was ich sagte oder was er sagte.
Wieso konnte ich nicht einfach ehrlich sein und ihn sagen, dass ich ihn liebe, aber warscheinlich hatte ich diese Chance jetzt vertan.

Nochmal für die, die es nicht wissen und sich an manchen Stellen der letzten Paar Kapitel gewundert haben:
Bongo und Andy sind die gleiche Person.
Aber nicht mit Andi verwechseln, da das wieder ein anderer Character ist! ; )

love a fighter - #Wattys2020Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt