Kapitel 24

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Marcel und ich haben den gestrigen Sonntag bei ihm Zuhause ganz in Ruhe genossen.
Wir haben uns etwas zu Essen bestellt weil keiner von uns Lust zum kochen hatte und ansonsten nur auf dem Sofa gegammelt oder miteinander geschlafen. Fünf mal, um genau zu sein.
Aber hey, wir hatten immerhin eine Menge nachzuholen!

Und nun hat uns der Alltag wieder fest im Griff.
Seit wir auf der Arbeit angekommen sind, ist Marcel fast nur am telefonieren oder hat irgendwelche Besprechungen.
So ist das eben, wenn man drei Wochen unentschuldigt fehlt...

Als Lou mitbekommen hat, das Marcel wieder da ist, ist sie sofort zu mir gekommen um zu erfahren, ob ich ihm verziehen habe.
Natürlich war sie über meine Entscheidung nicht sonderlich begeistert, aber wie gesagt, es ist meine Entscheidung.
Das hat sie dann auch irgendwann eingesehen.
Und trotzdem könnte ich mich jedes Mal, wenn sie ihn sieht köstlich über ihre Blicke amüsieren.
Also wenn Blicke töten könnten...

Gerade als ich mit einer Zusammenfassung von einem Manuskript beginnen möchte, klopft es an der Tür.
Marcel hat sich auf die angrenzende Terrasse, die mir bis dato übrigens noch nicht mal aufgefallen ist, zum telefonieren verzogen.
Mir wäre das zu kalt, aber jedem das seine.
"Herein?" rufe ich, während ich gedanklich alle Termine des heutigen Tages durchgehe, um herauszufinden, wer das sein könnte.
Als sich die Tür öffnet, fange ich sofort an zu strahlen und stehe auf.
Es ist Tommy, der grinsend auf mich zukommt, um mich gleich herzlich zu umarmen.
"Hey Pen! Lange nichts mehr von dir gehört. Alles klar? Du musst mir unbedingt mal deine Nummer geben. Lisa fragt ständig nach dir."
"Was für eine Überraschung. Was treibt dich her? Sag bloß nicht, di möchtest jetzt auch ein Buch veröffentlichen?" scherze ich.
"Gott, nein! Ich wollte euch einfach mal kurz besuchen, weil ich in der Nähe einen Termin hatte, das ist alles. Wie geht's Marcel? Eigentlich bin ich es gar nicht von ihm gewohnt, dass er sich so lange nicht meldet. Sogar auf dem Handy war er nicht zu erreichen. Ihm ist aber nichts passiert, oder?"
Tommy setzt sich zu mir an meinen Schreibtisch.
"Nein, ihm geht's gut. Eigentlich dachte ich, du wüsstest, was los war?!" sage ich mehr zu mir selbst als zu ihm.
"Hab ich was verpasst?" fragt er irritiert.
"Wie man es nimmt.. Marcel war über drei Wochen weg. Ich wusste nur, dass er vorübergehend in München ist. Und das auch nur durch eine Mail, die er an jeden hier geschickt hat."
Tommy schaut mich verdutzt an.
"In München?! Jetzt sag bloß nicht, er war bei dieser Schlampe?!" fragt er aufgebracht.
Keine Antwort ist in diesem Fall wohl Antwort genug.
"Das gibt's doch nicht! Seit ihr nicht mehr zusammen?"
"Doch. Es war wohl alles ein ... Missverständnis. Am besten, Marcel erklärt es dir selbst. Aber keinen Ton zu ihm, dass ich dir etwas davon erzählt habe!" kann ich gerade noch so zu ihm sagen, als auch schon Marcel herein platzt.
"Hier hast du übrigens noch meine Nummer. Sag Lisa, ich würde mich sehr über eine Nachricht von ihr freuen! Mach's gut!"
Ich umarme ihn zum Abschied und gehe dann rüber zu Marcel, der gerade ein Telefonat beendet hat.
"Ich mache jetzt zusammen mit Lou Mittagspause. Ich bin sicher, ihr beiden habt einiges zu besprechen. Bis später."
Ich drücke ihm noch einen flüchtigen Kuss auf den Mund und schon bin ich verschwunden.

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Seit Marcel wieder da ist, sind knapp zwei Monate vergangen.
Inzwischen ist es, als wäre er nie weg gewesen und ich bin glücklicher denn je.
Letzte Woche hatten wir zum ersten Mal ein komplettes Familientreffen.
Das heißt, Marcel und ich haben bei ihm Zuhause ein Abendessen vorbereitet, zu dem sowohl seine Eltern, als auch meine kamen. Und natürlich auch Tante Merry.
Ich muss zugeben, dass ich schon sehr aufgeregt war.
Ich weiß nicht, wie es gewesen wäre, wenn sie sich alle untereinander nicht gut verstanden hätten.
Aber zum Glück war das nicht der Fall. Ganz im Gegenteil sogar.
Meine Mom, Johanna und Tante Merry haben sich sofort gegenseitig ins Herz geschlossen und sogar schon ein Treffen vereinbart um zusammen frühstücken zu gehen.
Und Hannes und mein Dad mögen den gleichen Fußballverein.
Besser hätte es definitiv nicht laufen können!

Und auch im Verlag läuft alles prima.
Während wir bis vor vier Wochen noch fast ausschließlich nur Romane und Sachbücher verlegen haben, haben wir uns jetzt sozusagen erweitert.
Ab sofort nehmen wir auch Manuskripte für Thriller, Fantasy und Biografien entgegen.
Das kommt so gut an, dass wir uns sogar schon nach einem weiteren Lektoren umschauen müssen.

Marcel hat mich heute morgen mit zur Arbeit genommen, da ich die Nacht wie fast immer bei ihm verbracht habe.
Es ist inzwischen schon eine Art Ritual geworden, dass er mich dann eine Straße früher raus lässt, ich uns beim Bäcker noch einen Kaffee hole und anschließend das Letzt Stück zu Fuß gehe.
Aber seit ein paar Tagen ist es anders. Genau wie heute.
Ich komme kaum im Büro an, da renne ich schon zur Toilette, weil ich mich übergeben muss.
Kein schönes Gefühl!
Ich habe mir sicherlich irgendeinen Virus eingefangen, denn Appetit habe ich auch nicht mehr so wie die ganze Zeit und wenn, dann könnte ich alles durcheinander essen.
Lou hat davon zum Glück noch nichts mitbekommen, da sie Urlaub hat.
Marcel hingegen will unbedingt, dass ich zum Arzt gehe und mich untersuchen lasse.
Aber das ist unnötig. Ich habe bisher meine Erkältungen auch immer ohne ärztliche Unterstützung überstanden.

"Penelope, mir reicht es jetzt! Wenn du schon nicht zum Arzt möchtest, dann bleib wenigstens ein paar Tage Zuhause um dich auszuruhen! Ich schau mir nicht länger mit an, wie du dich hier jeden Tag quälst!" begrüßt Marcel mich, als ich später das Büro betrete.
"Aber.." fange ich an, werde aber unterbrochen.
"Kein aber! Ich fahre dich jetzt nach Hause! Keine Widerrede!"
Er schnappt sich meine Tasche, gibt mir meinen Mantel und führt mich anschließend zu seinem Wagen.

"Wenn irgendwas ist, ruf mich sofort an und ich komme her. Mach dir einen Tee und leg dich ins Bett. Ich komme nach der Arbeit zu dir. Ich liebe dich."
Wir verabschieden uns voneinander und anschließend gehe ich ins Haus.
Merry steuert gerade mit der AIDA und ihren Mädels die Karibik an.
Hoffentlich habe ich es später auch mal so schön...

Mit einer Tasse Tee, einer Wärmflasche und zwei dicken Denken habe ich mich aufs Sofa zurück gezogen und schaue mir irgendeinen quatsch im Fernseher an.
Da ich ständig einschlafe, bekomme ich nicht sonderlich viel mit. Ist aber auch nicht so schlimm!
Auch wenn ich es nicht gerne zugebe, Marcel hatte Recht.
So auf der Arbeit rumlaufen und vielleicht sogar noch ein paar meiner Kollegen anstecken geht gar nicht.
Dann doch lieber ein paar Tage auf dem Sofa oder im Bett langweilen bis es mir wieder besser geht!

Tausche altes Leben gegen NeuesOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz