Kapitel 22

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Zum Glück wieder Wochenende!

Seit Marcel's Abwesenheit ist es auf der Arbeit viel stressiger geworden.
Obwohl es eigentlich nicht meine Aufgabe ist, muss ich viel mehr Verantwortung tragen und auch generell bleibt viel Arbeit an mir hängen.
Um so schöner, dass ich jetzt zwei Tage meine Ruhe habe.
Das ist das erste Mal, seit ich beim Verlag angefangen habe, dass ich mir kein einziges Manuskript mit nach Hause geholt habe.
Und das soll was heißen!

Nur leider kann ich nicht ganz ohne Arbeit, das wäre mir viel zu langweilig.
Heute morgen war ich schon im Möbelhaus und habe mir einen neuen, großen Kleiderschrank, einen Schreibtisch, eine Kommode und ein Bett gekauft. Alles in schwarz und weiß gehalten.
Zum Glück war alles vorrätig, sodass ich mir dort einen Transporter gemietet habe und jetzt ganz viele Kartons unten im Flur stehen und darauf warten, dass ich es aufbaue.
Ich habe mein Zimmer komplett ausgeräumt und bin jetzt dabei, Türen, Fenster und Steckdosen abzukleben.
Mein Plan ist, drei Wände grau und eine in sattem lila.
Wenn alles so klappt, wie ich es mir vorstelle, wird es super aussehen!

Am frühen Abend lasse ich mich erledigt aber auch glücklich, weil ich fertig geworden bin, auf das Sofa im Wohnzimmer fallen.
Die Wände sind fertig gestrichen und während das trocknet, schraube ich die Möbel zusammen.
Mein liebes Tantchen hat sich gekonnt aus der Affäre gezogen. Sie sitzt jetzt mit ihren Mädels in einem Spa und lässt sich verwöhnen...
Aber so habe ich wenigstens meine Ruhe!
Bevor ich nachher keine Lust mehr habe, rappel ich mich auf und mache mich an die Arbeit.

Kurz vor Mitternacht bin ich endlich fertig!
Geschafft und trotzdem glücklich lasse ich mich auf mein neues Bett fallen.
Spätestens jetzt bin ich froh, dass mein Dad mich früher bei solchen arbeiten immer mit anpacken hat lassen.
Andernfalls hätte ich das niemals geschafft!

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Ich muss wohl gestern Abend auf dem Bett eingeschlafen sein, denn als ich eben aufgewacht bin, hatte ich noch meine Arbeitsuniform, also die farbverschmierte Latzhose, an.
Müde reibe ich mir die Augen und zwinge mich dann aus dem Bett.
Ich brauche dringend eine Dusche!

Frisch geduscht setze ich mich mit einer Tasse Kaffee in die Küche.
Merry wird erst heute Abend spät oder morgen früh zurück sein.
So habe ich noch genügend Zeit, das Chaos das hier herrscht, zu beseitigen.
Mmh, lecker Pizza mit Meeresfrüchten!
Die habe ich mir jetzt auf jeden Fall verdient!
Zum Glück gibt es Lieferservice.
Hungrig setze ich mich mit dem Pizzakarton ins Wohnzimmer und schalte den Fernseher an.
Alles ist wieder sauber, mein Zimmer ist wieder vollständig eingeräumt und sieht fantastisch aus!
Ich bin stolz auf mich!

Amüsiert verfolge ich die Castings von Deutschland sucht den Superstar.
Ich kann kaum essen, so sehr muss ich teilweise lachen.
Ich verstehe nicht, woher diese Leute das Selbstbewusstsein haben sich das zu trauen!
Gerade, als ich in das nächste Stück Pizza beißen will, klingelt es.
Wer ist das denn jetzt?!
Bestimmt wieder irgendeine Nachbarin, die sich etwas leihen möchte!

Genervt stelle ich den Karton auf dem Tisch vorm Sofa an und gehe zur Tür.
In dem Moment, als ich sie öffne kann ich nicht glauben wer da mit einem riesigen Rosenstrauß in der Hand vor mir steht.
"M-Marcel!" bringe ich gerade noch so heraus, bevor ich ungewollt in Tränen ausbreche und zu Boden sacke.
"Penelope!"
Marcel lässt sofort die Blumen fallen und kniet sich neben mich.
"Hey, alles in Ordnung? Geht's dir nicht gut?" fragt er besorgt und scheint nicht so recht zu wissen, was er machen soll.
Ich habe seine Stimme so sehr vermisst.
Ich habe ihn so sehr vermisst.
Und jetzt steht er einfach so vor mir..

Nach einiger Zeit, in der keiner etwas sagt und Marcel mir einfach nur beruhigend den Rücken streichelt, habe ich mich wieder soweit gefangen, dass ich aufstehe und einfach ins Wohnzimmer gehe ohne ihn zu beachten.
Marcel folgt mir stumm und bleibt im Türrahmen stehen, während ich mich auf das Sofa setze.
Die Pizza kann weg, der Hunger ist mir echt vergangenen!

"Wo warst du Marcel?" stelle ich die Frage, bei der ich mir nicht sicher bin ob ich die Antwort überhaupt hören möchte.
Er kommt langsam zu mir und setzt sich, mit Sicherheitsabstand, neben mich.
Er trägt eine einfache Jeans und ein schwarzes Hemd.
Am liebsten würde ich ihm sofort in die Arme fallen, aber so einfach mache ich es ihm nicht.
"Zu aller erst möchte ich mich bei dir entschuldigen, Penelope. Mir ist jetzt klar, dass ich völlig falsch reagiert habe. Glaub mir, meine Mutter hat mir schon ordentlich den Kopf gewaschen!
An unserem letzten gemeinsamen Tag habe ich einen Anruf bekommen, während du im Schlafzimmer warst.
Es war Mariella.
Sie hat mir einfach so am Telefon mitgeteilt, dass sie schwanger sei, sogar schon kurz vor der Geburt stehen würde und ich der Vater sei.
Ich war völlig überfordert damit, war geschockt.
Ich habe ihr gleich gesagt, dass ich das nicht glaube weil ich genau weiß, dass sie mit vielen Männern geschlafen hat, während wir zusammen waren.
Und es deshalb sehr unwahrscheinlich sei, dass ausgerechnet ich der Vater sein soll, wo wir doch nur ein einziges Mal miteinander geschlafen hatten.
Sie hat jedenfalls darauf geschworen, dass das Kind von mir sei.
Und ich war so dumm. Ich habe alles stehen und liegen lassen nachdem ich dich bei Merry abgesetzt hatte und bin sofort nach München gefahren."
Er hält inne und beäugt mich aufmerksam.
Ich konnte mir zwar schon denken, dass er zu ihr gefahren ist, aber damit habe ich absolut nicht gerechnet!
Ich verstehe seine Reaktion aber einfach nicht..
"Warum bist du einfach abgehauen ohne mir auch nur ein Wort zu sagen? Warum hast du nicht einfach mit mir darüber gesprochen?! Wir sind ein Paar, Marcel! Wir müssen uns gegenseitig vertrauen, über alles reden können!
Aber anstatt das du das machst, haust du einfach ab und meldest dich drei Wochen lag nicht! Kannst du dir überhaupt vorstellen, was ich durchgemacht habe?!
Ich saß tagelang am Fernseher und habe mir jede Nachrichtensendung angesehen die es überhaupt gibt! Hatte währenddessen neben mir das Radio liegen, um auch dort die Nachrichten zu verfolgen! Ich dachte du hattest einen Unfall oder wurdest vielleicht entführt, ermordet oder sonst irgendwas! Du weißt nicht, was ich durchgemacht habe!"
Ich bin inzwischen aufgesprungen, laufe auf und ab und schreie ihn richtig an, während mir wieder Tränen kommen.
Marcel ist kreidebleich, weiß gar nicht, was er sagen oder machen soll.
Ich setze mich wieder neben ihn, atme tief durch und schaue ihm dann einfach nur in die Augen, was mich wieder etwas beruhigt.

Und dann passiert etwas, womit ich niemals gerechnet hätte.

Tausche altes Leben gegen NeuesWhere stories live. Discover now