17. Kapitel

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Christian:
Während des Essens fühle ich mich unangenehm beobachtet. Jedes der Mädchen verfolgt meine Bewegungen bis ins kleinste Detail, was ich durchaus gruselig finde. Da mir nichts anderes einfällt, lasse ich meinen Blick ebenfalls durch die Reihe gleiten. Die Geschwister aus Whites unterhalten sich flüsternd, Larissa und Anastasia stecken kichernd die Köpfe zusammen und als Anastasia bemerkt, dass ich sie angesehen habe, wirft sie mir einen - Ich glaube verführerischen - Blick zu. Ich versuche kurz meine Mundwinkel nach oben zu ziehen, gucke dann aber wieder normal weiter.

Laura neben mir starrt auf ihr Essen, schmult aber zwischendurch kurz zu mir.

Columbia hat sich neben Alexandra gesetzt.

Die arme Alexandra! Aber sie scheint es gar nicht so sehr zu stören. Die Beiden unterhalten sich mit meinen Brüdern. Ob das gutgeht?

Ich fange an mich mit den um mich herum sitzenden Mädchen zu unterhalten. Wir reden über belanglose Dinge. Zwischendurch reißt eines der Mädchen einen Witz und ich lache aus Höflichkeit, obwohl ich diese nicht mal ansatzweise lustig finde. Es beteiligen sich immer mehr der Erwählten an dem Gespräch und nachdem alle aufgegessen haben, steht Mutter auf und hält nochmal eine Rede.

"Ich hoffe, es hat allen geschmeckt und jeder ist gesättigt. Da der heutige Tag für Sie alle anstrengend war, dürfen Sie sich gleich auf ihre Zimmer zurückziehen. Die Zimmer sollten nach euren Vorlieben gestaltet sein. Wir haben uns vorher von euren Familien informieren lassen und haben danach dekoriert."

Plötzlich meldet sich Lea dazwischen: "Ich habe geholfen!"

Mutter lächelt, "Ja, das wollte ich gerade sagen. Prinzessin Lea hat uns dabei tatkräftig unterstützt.

Prinz Christian wird euch gleich über den Ablauf des morgigen Tages informieren."

Sie setzt sich und ich stehe auf.

"Ok, ihr werdet morgen von euren Zofen rechtzeitig geweckt, macht euch frisch und kommt dann zum Frühstück. Danach kläre ich euch über die erste Aufgabe auf. Die Gewinnerin wird das erste Einzeldate mit mir haben. Abends ist dann euer erster Bericht."

Ich lasse mich seufzend in meinen Bürosessel fallen. Ich habe keine Lust mehr! Können meine Eltern mir nicht eine auswählen? Das war doch früher immer so.

Es klopft und kurz darauf steckt meine Mutter ihren Kopf durch die Tür. "Mensch Christian, das Anstrengende ist geschafft. Leg dich ins Bett und les ein Buch." "Sehr gute Idee!", meine ich, "Hast du noch Berichte für mich?" Meine Mutter schüttelt ungläubig den Kopf und seufzt.

"Nein ich dachte eher an..." Sie macht eine Pause und dann erhellt sich ihr Blick. "Ich habe gerade fast vergessen, dass ich dir etwas mitgebracht habe." Bitte lass es etwas mit Arbeit sein. Bitte lass es etwas mit Arbeit sein. Bitte lass...

Sie holt ein Buch hervor und gibt es mir. Laut lese ich den Titel vor: "Wie man mit Mädchen umgeh... MUTTER!!"

Sie fängt an zu grinsen. "Du wirst das lesen und das ist keine Bitte!" "Das ist nicht dein Ernst. Bitte sage, dass das nicht wahr ist."

"Oh doch." Sie klopft mir auf sie Schulter und will gerade den Raum verlassen, als ich sie aufhalte. "Du nimmst mir doch schon meine Arbeit weg. Ich will das alles nicht!" Ich glaube, ich war ein bisschen zu laut, aber das ist mir im Moment egal.

Mutter lächelt verständnisvoll und dreht sich wieder ganz zu mir um. "Die Erwählten sind jetzt deine Arbeit. Mit ihnen hast du genug zu tun." "Ich kann euch doch trotzdem zwischendurch helfen."

"Christian versteh' doch..." "Nein, ich verstehe nicht!", rufe ich ihr dazwischen. "Wieso könnt ihr nicht diese Wahl für mich treffen? Das ist mir zu lästig."

"Christian", gerade als ich wieder Luft holen will, wird Mutter lauter. "Du hörst mir jetzt zu! Dein Vater und ich, wir wollen, dass du diese Erfahrung selber machst. Es ist wichtig für dich und unser Land. Du sollst doch nicht ohne Liebe gelebt haben. Dein Vater hat mich doch auch während seines Castings kennengelernt. Du wirst das Land glücklicher regieren, wenn du jemanden an deiner Seite hast, der dir etwas bedeutet. Wir machen uns doch nur Sorgen um dich und da du es von allein nicht zu begreifen scheinst, müssen wir dich eben dazu zwingen.", während sie das sagt, wird ihre Stimme liebevoll. "Jetzt ruhe dich aus." Ohne ein weiteres Wort, verlässt sie mein Büro.

Ich seufzte. Nach einigen stillen Minuten hole ich einen Zettel heraus und fange an mir aufzuschreiben, was ich über die Mädchen heute gelernt habe. Das kann ich mir sonst nämlich nicht merken.

Danach gehe ich mit dem Buch in mein Zimmer, gebe Carson ein Zeichen, dass er mich in Ruhe lassen soll, setze mich auf mein Bett und beginne zu lesen. "Kapitel 1. Wie man mit einer Dame spricht." Die sollten lieber lernen, wie man anständig mit einem Prinzen spricht...

Kaum habe ich den ersten Satz gelesen öffnet sich die Tür meines Zimmers und Leo und Len kommen plappernd hinein. Na toll die Beiden werden mich jetzt bestimmt auslachen... Zu meinem Erstaunen hören sie jedoch auf zu reden und sehen mich ausdruckslos an. "Ich wusste ja, dass du Probleme mit Frauen hast...", meint Leo."...Aber dass sie SO groß sind, hätte ich nicht gedacht!", beendet Len den Satz. "Nein!", versuche ich mich zu erklären, "Mutter hat mich dazu gezwungen das zu lesen."

Ein verständnisvolles einstimmiges "Ahhhh" ist von den Beiden zu vernehmen. Sie gucken sich an und fangen dann an laut zu lachen. Sehr laut. Wusste ich es doch.

"Jaja, wirklich schön. Sind wir dann mal fertig?" Ich schaue sie genervt an und lege das Buch zur Seite. "Es tut uns ja leid, aber das ist nur zu komisch.", Len wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel.

Ich bin schon verwundert, da sie sich zu beruhigen scheinen, da bricht Leo auch schon nochmal und dieses Mal viel lauter in lautem Gelächter aus und muss sich an Len abstützen. Er steckt Len mit seinem Lachen an. Dieser fragt: „Was? Was ist los?" und spricht damit meine Gedanken aus. "Ich.... hahaha... Ich musste mir nur grade vorstellen, wie Christian einer Dame galant eine Rose schenkt."

Jetzt lachen beide lauthals. In meiner Wut vernehme ich noch Kommentare von ihnen wie: „Oder ihr die Einkäufe nach Hause trägt!" Oder „Oder... oder noch besser! Ihr ein Ständchen bringt!" Desto mehr sie reden, desto mehr lachen sie und irgendwann halte ich ihr Gelächter nicht mehr aus. Ich springe auf und scheuche die beiden nach draußen. „Raus hier! Aber sofort!"

Leo lacht: „Selbstverständlich Liebster!" Danach schlage ich die Tür hinter ihnen zu. Hören kann ich sie aber immer noch.

Ich starre auf das Buch auf meinem Bett. Ich brauche dieses Ding nicht. Wenn ich wollen würde könnte ich bestimmt die Mädchen für mich gewinnen. Ach! Was rede ich da! Sie sind sowieso schon gewonnen! Immerhin bin ich der Prinz von Illéa! Ich schnappe mir den Leitfaden und schließe ihn in einer Schublade meines Schreibtisches ein. Das dumme Ding wird nie wieder das Tageslicht erblicken!

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