13. Kapitel

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Alexandra:
Der Raum wird mit der Zeit voller und hektischer, viel hektischer. Drei Frauen rennen um mich herum und begrapschen mich. Ich habe meine Grundreinigung zum Glück schon hinter mir und das meine ich ernst. Grundreinigung. Ich wurde gewaschen, gefühlte zwanzig Mal eingeschäumt, von Fremden, und danach wurde ich eingesalbt. Mir wurden, wenn ich mich nicht verzählt habe, 35 Gerüche vorgeschlagen, zwischen denen ich mich entscheiden musste. Das einzige, was mir nicht übertrieben vorkam, war so ein dezenter Blumenduft. Jetzt sind sie gerade dabei mich zu frisieren, meine Nägel zu bearbeiten - Fuß- und Fingernägel - und mich zu schminken. Ich wurde gefragt welche Farbe ich als Nagellack haben möchte, ob ich vielleicht meine Haare auf irgendeine Weise verändert haben möchte oder wie sehr ich geschminkt sein möchte. Wenn das jeden Tag so abläuft, kriege ich die Krise!

„Der Nagellack soll die gleiche Farbe wie das Kleid haben. Meine Haare sollen weder in der Länge noch in der Farbe verändert werden, aber was Sie als Frisur machen wollen, ist mir egal. Die Schminke soll normal sein, also schon etwas, aber nicht so übertrieben. Danke.", antworte ich nach einer Weile. Die Zofen nicken und machen sich an ihre Arbeit.
Die Atmosphäre wirkt ziemlich angespannt und doch ist es sehr laut.
Gefühlte Stunden sitze ich auf dem Stuhl und muss stillhalten.

Ich vermisse Iva. Mit ihr konnte ich immer lachen und außerdem konnte ich mich bei ihr selber waschen und anziehen. Natürlich können die Zofen nichts dafür, denn ich glaube, dass sie auch lieber andere Sachen machen würden, als die Kandidatinnen einzusalben. Teilweise stelle ich mir das auch ziemlich eklig vor.

Plötzlich ist ein lautes Schluchzen zu hören. Ich hätte mich fast reflexartig umgedreht, doch dann hätte ich die Arbeit der drei Mädchen zerstört, also bleibe ich still sitzen. Es folgen noch weitere Schluchzer und ich merke, wie die Zofen kurz innehalten.
„Das ist ja Lady Anna. Ihre Cousine Ashley ist doch vor dem Casting gestorben."
Jetzt schalte auch ich mich in die Unterhaltung mit ein. „Die Rebellen werden immer skrupelloser! Nur weil Lady Ashley ihr Glück hier suchen wollte, haben sie sie umgebracht. Ich verstehe das nicht." Die drei Zofen bejahen meine Aussage und machen sich wieder an ihre Arbeit.

Die Schluchzer verebben langsam und man hört nur nach, wie Lady Anna ihre Nase schnaubt. Ich kann die Rebellen schon verstehen, dass sie etwas unternehmen müssen, damit die Königsfamilie mal wachgerüttelt wird, aber das geht echt zu weit. Ashley war unschuldig.

Nach ein paar weiteren Minuten sind die Drei fast mit mir fertig. „Jetzt fehlt nur noch das Kleid!", sagt die eine Zofe begeistert und rennt sofort los, um das Kleid zu holen. Ich schaue mich im Saal um und entdecke Lady Sara in einem wunderschönen dunkelgrünen Kleid und neben ihr Lady Meghan in einem bildschönen dunkelblauen Kleid. Die Beiden scheinen sich nett zu unterhalten, denn sie fangen gleichzeitig an zu lachen. Wer weiß? Vielleicht finde ich auch Freundinnen...

Apropos Freunde finden, Lady Anastasia kommt eilig auf mich zu gelaufen und winkt hysterisch. Okay? „Hallo Alexandra. Wusstest du, dass wir zu den reichsten Familien des Landes gehören?" Ich schaue Anastasia verwirrt an. Auf jeden Fall keine Anwärterin für den Platz Freundschaft bei mir. „Ähm ja. Bist du schon gespannt den Prinzen kennenzulernen?", versuche ich ein anderes Gesprächsthema als Familie anzusprechen.

„Ach, ich kenne Christian doch schon. Wir wurden schon oft in den Palast eingeladen und da haben wir uns gut unterhalten. Er ist ja so gebildet!" Sie schlägt die Hände auf ihre Wangen und guckt träumerisch. Ja, bestimmt schon gaaanz oft! Mit der will ich jedenfalls nicht befreundet sein. Da bleibe ich die Zeit hier lieber ganz allein. Erhofft sie sich jetzt, dass ich eifersüchtig werde und die ganzen Einzelheiten der Unterhaltungen wissen möchte?

Zum Glück kommt die Zofe mit meinem Kleid wieder. Ich drehe mich noch einmal kurz zu Anastasia. „Entschuldige mich bitte kurz. Mein Kleid ist da." Ich folge der Zofe zur Umkleide und betrachte das Kleid zum ersten Mal. Es ist wirklich schön und etwas schlichter, außerdem passt es wie angegossen. Die Farbe ist ein leuchtendes Königsblau und es hat nur einen Ärmel, an dem lockere Blumen der gleichen Farbe gestickt wurden.

Als ich wieder in den Saal komme, ist Lady Anastasia weg. „Oh, Lady Anastasia ist schon bei dem ersten Treffen mit dem Prinz. Jetzt müssen wir uns aber beeilen." Die Zofen schieben mich zu einer Reporterin, die am Rand des Saals gemütlich auf einer Couch sitzt.

„Hallo Lady Alexandra. Darf ich Sie bitte kurz interviewen?" Sie richtet ihre überdimensionale Kamera auf mich, ich nicke freundlich und setze mich elegant hin. „Sie lernen ja jetzt gleich den Prinzen kennen. Sind Sie schon sehr aufgeregt?"

„Vielleicht ein bisschen, aber der Prinz ist doch auch nur ein Mensch so wie wir alle." Ich versuche so locker zu wirken, wie möglich, aber ich hasse diese scheinheiligen Reporter. Außerdem muss ich aufpassen was ich sage, da sie jedes Wort gegen mich verwenden könnte. „Aber eine außerordentlich berühmte Person noch dazu. Dieser Mann könnte Ihr Leben auf einen Schlag völlig ändern. Meinen Sie nicht, dass man da aufgeregt sein sollte?", hakt sie weiter nach.

„Die Nervosität kommt vielleicht auch erst auf dem Weg zum Prinz." Ich hoffe, dass ich sie vorerst, was den Prinz angeht, befriedigt habe. Eine Dienerin kommt in den Saal und nimmt Lady Marlene mit. Die Reporterin folgt meinem Blick und wechselt das Thema. „Haben Sie schon die anderen Kandidatinnen kennengelernt?" Ich lasse meinen Blick noch mal durch den Saal gleiten. „Nein, leider noch nicht. Ich war bis jetzt zu sehr mit meinem Umstyling beschäftigt. Sie scheinen aber alle nett zu sein."

Wir beenden das Gespräch und ich setze mich auf eine andere Couch. Lady Jasmin läuft hektisch an mir vorbei und schaut auf ihre zittrigen Hände. Ich klopfe auf den Platz neben mir und schaue sie freundlich an. Sie hält inne und guckt mich verwirrt an, doch nach einer Weile setzt sich Jasmin neben mich.

„Ist es normal, dass ich so zittere? Ich zittere sonst nie." Sie reibt sich die Hände. Ich muss mich an die Zeiten erinnern, in denen ich auch so doll vor wichtigen Auftritten Angst hatte. Ich nehme ihre Hände und halte sie senkrecht vor ihrem Körper, dann ziehe ich meine Hände ein bisschen auseinander und lasse sie auf den ihren zusammenknallen. Ein lautes Klatschen ist zu hören, die Gespräche verstummen und alle schauen uns schockiert an. Die große Kamera wird auf uns gerichtet und Jasmin guckt mich völlig entrüstet an.

„Na, zitterst du immer noch?" Sobald alle bemerkt haben, dass hier keiner dem anderen eine runtergehauen hat, baut sich das Reden langsam wieder auf. Die nun nicht mehr zitternde Jasmin sieht mich lächelnd an. „Warum hilfst du mir? Ich bin deine Konkurrentin?"

„Wenn ich alle als meine Feinde ansehen würde, wäre die Zeit ihr echt schrecklich. Außerdem liegt die Entscheidung bei dem Prinzen und nicht bei uns. Naja ok, nicht vollständig bei uns."

"Vielen Dank. Ich hätte echt nicht gewusst, wie ich das Zittern hätte wegkriegen sollen." Sie ist wirklich nett.

„Keine Ursache. Falls du wieder nervös wirst, halt in deiner Bewegung inne und Atme ein paar Mal gezielt ein und aus. Das sollte helfen." Jasmin nickt mir noch einmal zu und muss dann der einen Dienerin zum Prinz folgen.

Lady Layla und Xenia sind noch vor mir dran, doch dann ist auch meine Zeit gekommen. Ich gehe hinter der Dienerin aus dem Saal den Flur herunter. Wir drehen uns nach rechts und bleiben vor einer großen Tür stehen. Jetzt werde ich also den Prinzen persönlich kennenlernen...

***

Sorry, dass ich so lange nicht geschrieben habe, aber ich hab mich echt lange vor diesem Kapitel gedrückt. Ich hatte gleichzeitig eine Blockade und keine Zeit zu schreiben. Es war ziemlich anstrengend, sich zu überlegen, wie man die ganzen anderen Mädchen mit einbezieht, aber ich habe es endlich geschafft.

Ich würde mich über Feedback freuen. Bis zum nächsten Kapitel. ^^

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