Golden Streets

II. Das mit dem Engel, der Fee und der Hexe

LOS ANGELES

RACHEL- JUNI 2016

„UND CUT! Vielen Dank an alle. Wir sind durch." Zoe und ich tauschten erleichterte Blicke. Wir waren seit acht Uhr am Set und die letzten sechs Stunden hatte wir mit ein und derselben Szene verbracht. Zugegeben, es war schwierig gewesen. Eine Dinnerszene mit mehr als sieben Leuten war schwer zu drehen, dennoch waren wir beide der Meinung, dass Felix nicht unbedingt heute seine perfektionistische Ader hätte raushängen lassen müsse. („Kann jemand bitte Rachels Bluse wechseln. Die Farbe irritiert mich." „Mr. Johnson im Hintergrund sah abwesend aus, das geht so nicht. Wir machen das Ganze nochmal.")

Aber vielleicht lag es auch daran, dass die Ehefrau unseres Regisseurs hochschwanger war und das Kind bald kommen konnte. Daraus folgte, dass Felix ein reines Nervenbündel war, der sich zu Ablenkung auf jedes minimale Detail seiner Arbeit konzentrierte, um nicht durchzudrehen. Dennoch würde ich ihn um nichts in der Welt tauschen wollen. Felix war voller Visionen, kreativ und normalerweise auch sehr geduldig und freundlich. Nur heute schien er wirklich komplett am Ende zu sein.

Zoe, die mit aller Geduld an der Tür, die aus der Kulisse führte, auf mich wartete, lächelte mich an, während ich mich für die Kostümbildnerin aus meiner Bluse zwängte. Ich hatte sie beinahe erreicht als Felix durch das halbe Set unsere Namen schrie. „Zoe! Rachel! Zu mir bitte!" Wir beide erstarrten und während wir uns umdrehten, während Felix der auf seinen Bildschirm starrte uns zu ihm winkte. Ich setzte mich in Bewegung und Zoe folgte mir auf dem Fuß.

„Ja?" Felix starrte auf den Bildschirm, während er mit uns redete.

„Nächste Woche wird die neue Staffel ausgestrahlt, deswegen müssen wir so viel Werbung machen, wie wir können." Zoe neben mir nickte verständnisvoll, während ich ahnte, was uns blühte. „Am Samstag ist eine Spendengala für Krebsforschung. Viel Aufmerksamkeit, viel Presse. Ihr beiden werdet hingehen." Automatisch sank meine Laune in den Keller. Spendengalas waren das Langweiligste, was es gab. Alle standen rum und bemühten sich verzweifelt um Smalltalk mit Menschen, deren einzige Gemeinsamkeit war, dass sie entweder berühmt oder reich waren. Oder beides.

Außerdem hatte ich eigentlich einen Tarantino Filmemarathon mit Tony geplant. Ellie wollte sich eventuell auch noch anschließen. „Aber...", protestierte ich, doch Felix hob nur die Hand während er mit zusammengekniffenen Augen immer noch den flimmernden Bildschirm musterte und brachte mich damit zu schweigen. „Keine Widerrede, Rachel." Ich schnaubte zornig und stapfte davon. Warum konnten nicht Cameron und Lilian gehen? Oder von mir aus auch Connor. Sie gehörten schließlich alle zum Hauptcast. Ich würde ganz sicher nicht zu der fünftausendsten langweiligsten Gala gehen und...

„Rachel, warte doch mal." Zoe lief drei Meter hinter mir und versuchte mich mit hektischen Schritten einzuholen. „So schlimm ist das doch nicht. Wir machen uns einfach einen schönen Abend zusammen und ignorieren einfach den Rest, tanzen ein bisschen, mhm?" Ich verdrehte die Augen. Sie hatte gut reden. Aufgrund ihres Alters war sie noch nicht oft auf solchen Abendveranstaltungen gewesen. „Ich habe wirklich keine Lust, Zoe."

„Bitte, Rache. Das wäre meine erste Gala. Tu es für mich." Sie starrte mich mit ihren großen unschuldigen Augen an. Dabei fing ihre Unterlippe an zu zittern, als ob sie gleich weinen würde. Verdammt.

„Okay, gut. Ich gehe hin." Aber ich würde ganz sicher nicht an eine der albernen Tombolas mitmachen. Doch bevor ich das Zoe als Bedingung aufstellen konnte, klingelte mein Telefon. Ich erhaschte kurz einen Blick auf den Bildschirm. Es zeigte Ellie an. Ich wandte mich kurz an Zoe. „Ich gehe mit dir zu der dummen Gala. Ich schreibe dir, wann wir uns treffen, okay?" Sie nickte kurz und ich nahm den Anruf an.