Kapitel 22

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„Tess?“ Liams freundliche mitfühlende Stimme weckt mich. Schweißgebadet sitze ich aufrecht in dem Bett und starr ihn ängstlich an. Vorsichtig stellt er das Tablett weg und rückt er näher an mich heran um nimmt mich in den Arm. Ich hoffe wirklich, dass die letzten Stunden nur ein Traum waren, doch ich weiß es besser. Ich hatte den zwei wichtigsten Menschen in meinem Leben das Herz gebrochen. „Es tut mir leid was passiert ist.“ Flüstert er leise, kaum hörbar.

„Es muss dir nicht leid tun. Ich bin schuld. Wegen mir weint Lucy und wegen mir ist Justus sauer. Ich… ich…“ Stammele ich vor mich her bis ich ganz verstumme und erneut Tränen hinter mein Auge drücken, ich weiß nicht was ich noch sagen sollte.

„Die Situation ist einfach grade ziemlich.“ Er sucht einen Augenblick nach dem richtigen Wort. „Schwierig.“

„Es ist nicht schwierig!“ Fange ich an zu schreien und befreie mich aus seinen Armen um mich hinzustellen. „Es ist alles ganz einfach! Nur ich bin zu dumm um mein Leben einfach so zu akzeptieren wie es nun mal ist. Ich träume immer noch von einem perfekten Leben, wie ein kleines Kind an den Märchenprinzen glaubt, der auf seinem weisen Pferd angaloppiert kommt und auf einmal alles wieder Friede Freude Eierkuchen ist!“

„Hey, ganz ruhig okay? Alles gut.“ Liam steht auf und nimmt mich in den Arm. „Das wird schon alles wieder Löckchen okay?“ Ich zucke zusammen als er zu mir „Löckchen“ sagte. Alle perversen Kriminellen sagen das zu mir. Der Kumpel von Jake, der alte Heini und andere Kreaturen, die vor allem nachts auf den Straßen auf den Straßen rumlungern.

„Nenn mich nie wieder Löckchen!“ Schrei ich ihn an. Dieses Wort erinnert mich nicht nur an die vielen dummen Kommentare und an die großen kalten Hände, die nach meinen Körper griffen, sondern auch an die Schläge meines Vaters und meiner Mutter. Die höllischen Schmerzen meines alten Lebens, meiner alten Welt.

„Okay Tess mach ich nicht. Tut mir leid.“ Ich nicke nur kurz und lehne mich an ihn. Ich fühle mich als würde ich jeden Moment zusammenbrechen, so klein und schwach. Mein Magen zieht sich zusammen und ich bekomme furchtbare Bauchschmerzen.

„Alles in Ordnung? Setzt dich erst mal.“ Ich setze mich auf das Bett und halte die Hände vor dem Bauch. „Was ist denn plötzlich los?“ Ich zucke nur mit den Schultern und schaue ich Liams besorgten Augen. „Hast du vielleicht Hunger?“ Fragt er vorsichtig und stellt das Tablett neben mir aufs Bett, er selber bleibt hockend vor mir. Langsam nehme ich eins der Schnitzelbrötchen und beiße hinein. Seit über zwei Tagen hatte ich nichts getrunken und nichts gegessen, doch schon nach den einen Brötchen bin ich satt.

„Danke.“ Flüstere ich leise und gebe ihm die Tasse, die er mir gereicht hatte.

„Danke, dass du was gegessen hast Kleine.“ Er schaut mich fragend an. „Darf ich dich Kleine nennen?“ Ich fange an zu grinsen und zu nicken. „Du solltest öfter mal lachen.“ Auch seine Mundwinkel ziehen sich nach oben und seine Grübchen erscheinen wieder. Dieses Mal kann ich es nicht sein lassen und berühre sie vorsichtig und fasziniert mit meinem Zeigefinger. „Das macht Lucy auch immer.“ Liam sieht mich lächelnd und mit leuchtenden grünen Augen an und pickt mich in die Seite, worauf ich einen leisen Schrei von mir gebe. „Kitzelig?“ Ich schüttele heftig den Kopf, doch da sind seine Hände schon an meinem Bauch und ich liege laut lachen auf meinem Bett und versuche vergebens Liam von mir fern zu halten. Auch er fängt an laut zu lachen, bis wir nicht mehr können und immer noch lachend auf meinem Bett sitzen.

„Na was macht ihr zwei denn?“ Alice steht belustigt in der Tür und grinst uns frech an.

„Wie lange stehst du da schon?“ Fragt Liam sie.

„Lange genug.“ Ich werde rot und streiche mein Bett glatt.

„Ich sollte dann auch mal gehen. Denk dran du musst auch noch Hausaufgaben machen ´ne.“

My world, your worldWhere stories live. Discover now