VII

10.8K 720 64
                                    

Als ich mit Boris, einem von Vaters Untergebenen durch das Innere der Hauptstadt schritt, konnte ich nicht aufhören mir Vorwürfe zu machen. Vorwürfe für das, was ich jeden Moment tun würde.

,,Ich habe Durst. Was dagegen da rein zu gehen?'', fragte ich unschuldig und fasste mir, meine Worte verdeutlichend, mit einer Hand an den Hals.

,,Wie Sie wünschen, Zarida.'' Boris war schon immer einer derjenigen gewesen, die es ganz besonders auf Formalitäten und Höflichkeit anlegten. Folglich war es absolut sinnlos ihn darauf aufmerksam zu machen, dass ich mich viel wohler fühlte, sprach man mich mit du an.

Wir betraten die relativ große Holzhütte und begaben uns sogleich zum Tresen, an dem wir uns auch niederließen. Lange hatte ich überlegt, wie ich das alles anstellen sollte - wie ich nach Kiros kommen könnte. Und wenn ich ehrlich war, kam mir meine Lösung nicht gerade politisch korrekt vor - vor allem für eine Prinzessin und die Thronfolgerin. Aber einen anderen Weg hatte ich einfach nicht gesehen.

,,So, was darf es sein?'', fragte uns der Besitzer der Hütte mit freundlichem Lächeln.

,,Ich nehme ein Wasser'', antwortete ich, während Boris sich einen Saft bestellte, der aus besonderen Früchten gemacht wurde, die man nur im Süden Rukalis finden konnte.

Kurze Zeit später standen die Holzbecher, die charakteristisch zum Ambiente passten, vor uns. Ich wusste, dass ich schnell handeln musste, also zog ich aus meiner Hosentasche ein kleines Fläschchen hervor, etwa einen kleinen Finger groß. Die Flüssigkeit, die sich in diesem Behälter befand, würde meine Eintrittskarte nach Kiros sein.

Ich schielte vorsichtig zu Boris rüber und konnte beobachten, wie er sich gerade in dem großen Raum mit den vielen runden Tischen - ebenfalls aus Holz - und den wenigen Männern, die eine Pause von der Arbeit machten, umsah. Meine Chance sehend, tröpfelte ich ein wenig aus dem Fläschchen in mein Wasser und steckte die Flüssigkeit sofort wieder ein. Zu meinem Glück schien um diese Uhrzeit nicht viel los zu sein, also würde niemand Zeuge meiner Tat sein können.

,,Boris?'', fing ich an, nachdem ich mich kurz geräuspert hatte.

Er drehte sich mit fragendem Gesichtsausdruck zu mir um.

,,Könntest du vielleicht mein Wasser für mich probieren? Du weißt schon...sicherheitshalber. Mein Vater hat es so angeordnet und ich muss mich daran halten...'' Natürlich hatte mein Vater nichts angeordnet. Es war auch nicht das erste Mal, dass ich mir hier etwas zu trinken holte. Aber es war das erste Mal zusammen mit Boris.

,,Ach, Sie meinen ich soll Ihr Gift-Tester sein? Nichts lieber als das, Prinzessin.'' Er griff nach dem Becher und trank einen kräftigen Schluck, bevor er ihn wieder abstellte und zu mir rüber schob.

,,Ganz normales Wasser. Sie haben nichts zu befürchten.'' Er war ein guter Kerl, der sogar bereit war der 'Gift-Tester' für mich zu sein. Und diese Tatsache verursachte in mir ein noch viel schlimmeres schlechtes Gewissen. Denn in wenigen Momenten würde Boris eine unheimliche Müdigkeit verspüren. Verursacht durch den Saft der Klarius-Pflanze, die wirklich selten, aber im Garten des Königshauses zu finden war.

Ich ließ eine Weile das Wasser in dem Becher kreisen und wartete, bis endlich ein Gähnen neben mir zu hören war.

,,Haben Sie vor noch lange zu bleiben, Zarida? Aus irgendeinem Grund fühle ich mich etwas erschöpft...'', sagte er und strich sich mit einer Hand über das Gesicht, im Versuch die Müdigkeit zu vertreiben. Was er nur nicht wusste, war, dass diese Müdigkeit lange genug anhalten würde, bis ich nach Kiros und wieder zurück geritten war. Selbst mein Pferd, der schwarze Hengst, der mich auch letztes Mal schon begleitet hatte, stand bereit. Ich hatte ihn vor dem Ausflug mit Boris auf einer Wiese nahe des Reisepfads angebunden und grasen lassen.

Zaridaحيث تعيش القصص. اكتشف الآن