VI

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Als sie vor ihm den Königssaal betrat, konnte Johnathan es sich nicht nehmen seine Finger vorsichtig, so, damit sie es nicht merkte, über ihre feinen Locken fahren zu lassen. Er verspürte immer noch eine gewisse Wut, aber er wusste nicht, ob diese Wut gegen Zarida oder gegen diesen abtrünnigen Verbannten gerichtet war. Als er sie dort mit ihm gesehen hatte, dachte er, er würde ihn sofort dort, an Ort und Stelle, erwürgen. Was hatte sich dieses Mädchen nur dabei gedacht mit einem Verurteilten in aller Ruhe ihre Zeit zu verbringen? Und zu allem Überfluss auch noch in Kiros? Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte Jarus davon erfahren.

Bevor Johnathans Gedankengang von der Stimme des Königs unterbrochen wurde, nahm sich der junge Mann vor, Zarida später darauf anzusprechen. Er musste ihr einfach klar machen, dass dieses Verhalten aus keiner Sichtweise akzeptabel war. Es war verantwortungslos und leichtsinnig.

,,Wo hast du gesteckt, Zarida?'', fragte Macan seine Tochter und bedachte sie mit einem prüfenden Blick. Als Johnathan seine Augen auf angesprochene Person richtete, konnte er erkennen, dass sie ihren Vater nicht anlügen wollte - ihre Gesichtszüge waren angespannt und ihre Hände fest ineinander verschränkt. Aber eine Wahl hatte sie nicht.

,,Ich habe einen Spaziergang gemacht. Das Wetter war heute so schön'', antwortete sie ohne mit der Wimper zu zucken und lächelte leicht.

,,Wenn du in nächster Zeit wieder raus möchtest, wirst du dies nur noch in Begleitung machen können.'' Kaum hatten die Worte den Mund Macans verlassen, konnte man beobachten, wie sich Zaridas Gesichtszüge langsam, aber doch veränderten. Sie schien leicht schockiert zu sein.

,,Wie meinst du das?'', fragte sie nach und hörte sich bei weitem ernster an, als zuvor. Johnathan konnte nicht anders, als in der Anordnung ihres Vaters eine Chance zu sehen. Denn auch er könnte bestimmt ihre Begleitung sein. Und wenn er ehrlich war, konnte er sich in diesem Moment keine schönere Beschäftigung vorstellen.

,,Genau so, wie ich es gesagt habe. Gefährliche Zeiten haben unser Reich erklommen, Zarida. Dass du meine Tochter bist, rückt dich in eine noch viel gefährdetere Stellung, als alle anderen. Ich werde es nicht riskieren mein einziges Kind an einen Verrückten zu verlieren, der einen nach dem anderen umzubringen scheint.'' Macans Gesichtsausdruck unterstrich das Gesagte nur noch mehr. Seine Augenbrauen waren leicht zusammengezogen, während er den Kiefer fest anspannte und die Augen leicht verengte. Johnathan konnte seinen Herrscher nur zu gut verstehen, lag ihm an Zarida doch genau so viel.

,,Er hat recht. Es ist nicht mehr sicher alleine...Spaziergänge zu unternehmen'', mischte auch er sich nun ein und unterstützte Macan. Und auch wenn er es nur gut meinte, konnte er den zischenden Unterton, der in seiner Aussage mitschwang einfach nicht zurückhalten.

Zarida schenkte Johnathan nicht einen einzigen Blick, sondern starrte weiterhin geradeaus. Er fragte sich, was gerade in ihr vorging, woran sie dachte.

,,Wie lange?'', fragte sie mit leiser Stimme, aber dennoch so laut, dass auch Macan sie hören konnte.

,,Das weiß ich nicht. So lange, bis es sicher ist.'' Als Zarida nickte und sich gleich darauf umdrehte und den Saal verließ, wusste Johnathan nicht so recht, was er tun sollte. Ob er ihr Zeit lassen oder sie sofort mit seinen Gedanken und Sorgen konfrontieren sollte. Aber da er nicht wusste, wann er wieder eine Gelegenheit bekommen würde alleine mit ihr zu sein, entschied er sich ihr nachzulaufen. Eine kurze Verneigung vor dem König und schon war er der Prinzessin dicht auf den Fersen.

,,Zarida, warte!'', rief er aus, als sie in sein Sichtfeld trat. Sie befand sich wohl auf dem Weg in ihr Zimmer, wie er aus der Richtung feststellte. Ohne etwas zu sagen, blieb sie stehen und drehte sich mit emotionslosem Gesicht zu ihm um. Er mochte es nicht, wenn sie schlechte Laune hatte. Es war wie eine logische Folge: Sie hatte schlechte Laune, also bekam auch er schlechte Laune.

ZaridaWhere stories live. Discover now