Part 74

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Viktorias POV:

Es war Abend geworden und ich saß zusammen mit Harold und Felia in dem großen Speisesaal. Schon den ganzen Tag hatte ich mir den Kopf darüber zerbrochen, ob ich es heute Nacht wagen sollte und zu einem Vampir werden sollte. Doch ich wusste nicht einmal wie ich das Gift zu mir nehmen sollte. Wenn ich es trinken würde, könnte es sein, dass es nicht funktioniert. Vampire bissen ihre Opfer. Deshalb vermutete ich, dass ich das Gift mit meinem Blut in Verbindung bringen musste. »Du bist heute schon den ganzen Tag so nachdenklich, Viktoria«, riss mich Harold aus meinen Gedanken und legte den Kopf schief. Schnell wank ich ab. »Es ist nichts.« Auf seiner Stirn bildete sich eine Falte und ich wusste sofort, dass er mir nicht glaubte. »Hat es etwas mit dem Besuch von Lady Marylin zu tun?« Woher wusste er, dass sie da war? »Ich denke nicht, dass sie sehr erfreut darüber wäre, wenn ich dir erzählen würde, worum es in unserem Gespräch ging. Es war sehr vertraulich.« Er schnaubte. »Vertraulich? Was hat sie dir denn erzählt? Dass sie schwanger ist?« Er lachte gehässig auf und trank einen Schluck Wein. »Ich glaube du hast zu tief in den Kelch geschaut.« Abrupt stoppte sein Lachen und er sah mich wütend an. »Ich habe nicht zu tief in den Kelch geschaut, Viktoria!« Nun zog ich ebenfalls spöttisch eine Augenbraue nach oben. »Bist du dir da sicher?« Seine Faust landete auf dem Tisch und ich zuckte zusammen. Felia begann zu weinen, doch Harold nahm sie und kam wenige Minuten später ohne sie wieder zurück. Er baute sich neben mir auf, doch ich beachtete ihn nicht und verspeiste weiter mein Essen. Mit einem mächtigen Ruck wurde mein Stuhl zurückgezogen. Die Gabel und das Messer fielen klappernd zu Boden. Harolds Augen blitzten gefährlich, als er sich zu mir hinunterbeugte und grob mein Kinn packte. »Unterstelle mir nie wieder etwas!«, knurrte er. »Hast du das verstanden.« Ich war wie versteinert. Was war passiert, dass Harold so mit mir umging? »Harold, was ist los mit dir?« Er knurrte nur und wich zurück, bevor er dir Treppe hinauf lief und ich eine Tür knallen hörte. Ich wollte ihm nach laufen, doch dann besann ich mich und begann den Tisch abzuräumen und setzte mich mit einem Buch in meine Kräuterküche.

In der Nacht wurde ich von etwas klirrendem geweckt. Es klang, als hätte jemand ein Glas gegen die Wand geworfen. Darauf folgte ein Schrei. Ich rappelte mich auf. Mein Rücken schmerzte, da ich im Sitzen eingeschlafen war. Der Lärm drang aus unserem Schlafzimmer und ich lugte im die Ecke. Harold kniete auf dem Boden und schrie. Ich eilte auf ihn zu, packte ihn an der Schulter, »Harold, was ist mit dir?« »Verschwinde!«, keuchte er und schob mich von sich. »Aber Haro-« »GEH!« Doch ich schüttelte nur den Kopf und strich ihm seine wirren Locken aus der Stirn. Er keuchte immer wieder auf und ließ sich auf die Seite fallen. Ich bettete seinen Kopf in meinem Schoss und strich ihm über das schweißnasse Gesicht. »Was ist passiert?« »Die Vampirnacht«, keuchte er, »sie kommt immer näher.« Sollte das bedeuten, dass all dies Vorzeichen waren, dass Harold zu einem Vampir werden würde? Schon diese Nacht? »Wie lange wird es noch dauern?« Harold schloss die Augen. »Ich muss morgen etwas mit dir besprechen.« Ich nickte nur. »Versuch dich ins Bett zu legen.« Gemeinsam schafften wir es und ich zog Harold die Hose von den Beinen und das Hemd über den Kopf, bevor ich ihn zudeckte und mich ebenfalls entkleidete. Ich kuschelte mich zu ihm unter die Decke. Noch immer keuchte er als hätte er Schmerzen, doch ich glaubte gegen diese seelischen Schmerzen kein Heilmittel zu kennen. Es war der Durst der ihn plagte. Harold hatte mir von dem unstillbaren Durst erzählt, den Vampire empfinden sobald die Vampirnacht näher kommt, doch ich war der Meinung gewesen wir hatten noch etwas Zeit. Die Zeit, die ich bei Harold verbracht hatte, kam mir nicht vor wie ein ganzes Jahr. Für mich war es ein Teil meines Lebens gewesen.

»Setz dich bitte, Viktoria«, bat mich Harold. »Ich muss etwas Wichtiges mit dir besprechen.« Ich nickte und wir ließen uns auf den beiden Sesseln in seinem Arbeitszimmer nieder. »Wie du gesehen hast, rückt die Vampirnacht immer näher. Wir werden versuchen uns an das neue Gesetz zu halten und uns von dem Wild im Wald zu ernähren. Doch Viktoria, es wird noch einige Jahre dauern, bis es sich auch alles Köpfen verankert hat. Einige der Vampire sind schwach. Gerade die die schon seit vielen Jahrhunderten so sind wie ich. Für sie wird es am Schwierigsten sein, und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie im Blutrausch doch über dein Dorf herfallen werden.« Bei dieser Nachricht riss ich die Augen auf. »Aber es werden weniger sein. Sag deinem Dorf, dass sie sich am besten schnell in die Kirche flüchten sollen.« »Ich wollte schon immer wissen, warum ihr das heilige Gebäude nicht betreten könnt.« Harold atmete tief ein und aus, bevor er zu erklären begann. »Wir können eine Kirche betreten, doch dabei umgibt uns ein seltsames Gefühl. Es ist, als würde man zusammen gedrückt werden. Eingepfercht, als würde man in einen zu engen Käfig eingesperrt sein.« Verstehend nickte ich und lehnte mich zurück. »Sie sind dort also wirklich sicher?« Harold nickte. »Mehr wie in den Häusern und auf der Straße.« Er beugte sich zu mir nach vorn und nahm meine Hände in seine. »Ich kann auch hier nicht für deine und Felias Sicherheit sorgen. Außer ...«, er stoppte und sah mich fragend an, »du würdest diese Nacht im Verließ verbringen.« Bei dem Gedanken musste ich schlucken. Die kalten, nassen Wände. Die Ratten in alles Ecken. »Ich würde euch Fackeln hinhängen und es euch gemütlich machen. Ihr seid meine Familie und nicht meine Gefangenen.«

Dark LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt