Kapitel 68 ~ * invisible scars *

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»Nicht schon wieder...«, hauchte ich verzweifelt. Der Raum wurde schlagartig kleiner, als ich im Spiegel hinter mir diese furchterregenden Gestalten bemerkte. Das Funkeln, des Rings an seiner Nase, und der kahl rasierte, schwarze Schädel - so wirkte er wie ein Stier in der Arena. Ich war sein rotes Tuch. Langsam drehte ich mich um und wich zurück, doch weit ausweichen konnte ich nicht, denn hinter mir waren schon die Waschbecken. In meinem Brustkorb zog sich ein unangenehmes Brennen, wie ein Knoten zusammen. Die Angst vor dem was gleich passieren würde, war nicht zu verbergen. Meine Beine wurden taub, mein Oberkörper versteifte sich und mein Blick senkte sich starr, auf die Hand an meiner Schulter, deren Finger sich tief in meine Haut krallten. Ehe ich reagieren konnte, spürte ich die Hand an meinem Hals, die mich zurück in die Kabine der Toilette drängte. »Bitte nicht schon wieder... Jackson, nicht...«, flüsterte ich und dachte an das nächste Shooting. Er schubste mich und zerrte an meinen Sachen. Jedes Jammern bestärkte Jackson und seine Kumpels in ihrem Rausch mich zu quälen. Bis jetzt konnte ich immer wieder irgendwie fliehen. Dimitri war zwei Wochen weg gewesen, die Zeiten nutzten sie besonders gern. Zwei Wochen, in denen ich jeden Tag, um mein Leben fürchtete. Wenn Dimitri in der Nähe war, passierte nie etwas. Hat dieser Albtraum denn nie ein Ende? War ich denn nicht stark genug? Hatte ich nicht genug Gegenwind gegeben. Ich schaute auf, sah der männlichen, dunklen Gestalt ins Gesicht und kassierte den ersten Schlag. Sie waren wie Dämonen, die man in Irrgärten fürchtete. Natürlich hatten sie es abgepasst. Wie machten sie das? Wie fanden sie mich und woher wussten sie, wann ich alleine war?

»Hast du gedacht, wir würden dich hier nicht finden? Wer arbeitet denn sonst noch im 5th Ave außer dir... Es war diesmal wirklich einfach.« Ein heftiger Stoß erschütterte meinen ganzen Körper und ich knallte mit dem Kopf gegen das Steinfensterbrett, der Gästetoilette, als ich den Halt verlor und stürzte. Meine Haut brannte und mein Kopf fühlte sich schwer an. Kraftlos ließ ich mich sinken und alles über mich ergehen. Sie waren wie im Rausch. Plötzlich packten sie mich an den Haaren und drückten meinen Kopf in einen Eimer mit eiskaltem Wasser. Die Kälte erschreckte mich und ich atmete einen großen Schluck von dem Dreckwasser ein. Qualvoll merkte ich, wie sich meine Lungen zusammen zogen und mir die Luft abgeschnürt wurde. Als sie meinen Kopf wieder los ließen, hörte ich ein lautes Poltern, da waren Stimmen. Ich jappte nach Luft. Sie schlugen mir ins Gesicht, damit ich wieder zu Bewusstsein kam. »Zäh bist du Kleine, dass muss man dir lassen...« Hustend rang ich nach Worten. Ihre Augen waren so kalt und seelenlos. Voller Wut und Frust. Warum ich?
Kaum war ich zu Atem gekommen, drückten sie mein Kopf erneut unter Wasser. Doch diesmal war ich vorbereitet und holte vorher Luft. Ich schrie und kratzte Jackson.
Wieder erschreckte mich ein Poltern, als ich am Boden lag und auf die nächste Runde wartete. Ich senkte die Schultern und starrte an die Decke des Raums, die grellen Lampen und versuchte das Brennen in meinem Magen zu unterdrücken. Sie rissen grade an meinen Sachen, als ich zwei weitere Stimmen hörte. Es war alles verschwommen. Ich spürte kaum noch Hände und Füße.

Jackson und seine Kumpels, machten einen Satz aus dem offenen Fenster als Marcos Brüllen näher kam.
Mein Kopf schmerzte schrecklich. »Angel, um Gotteswillen, kannst du aufstehen?« Ich konnte kaum die Augen aufmachen. Als Marco mir helfen wollte, wich ich zurück.
»Nein, nicht... Nicht anfassen. Bitte... Ich brauch einen Moment. Nur nicht anfassen... Bitte.« Er wich zurück und hockte sich neben mir an den Boden. Joel kam dazu, er wollte mich abholen nach der Arbeit. Erschrocken zog er sein Hoodie aus und holte ein Handtuch aus seinem Rucksack, welches er mir um die Schultern legte. Der Raum drehte sich viel zu schnell. Zitternd lehnte ich mich an die kalte Wand hinter mir. Benommen, fuhr ich mir mit der Hand übers Gesicht und band meine nassen Haare zu einem Dutt. Dabei bemerkte ich das Blut an meinen Fingern, das von meiner Nase kam und wischte es schnell an meiner dunklen Jeans ab. Ich stand alleine auf und setzte mich mit zitternden Beinen auf den Deckel der Toilette.

Loyalty - heart virus (1)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora