Kapitel 6 ~ *vacuity *

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Die ewigen Sterne kommen wieder zum Vorschein, sobald es finster genug ist

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Die ewigen Sterne kommen wieder zum Vorschein, sobald es finster genug ist.

*c) Thomas Carlyle

                  Tief inhalierte ich den staubigen Rauch meiner Zigarette und genoss den Rausch des Menthols. Ich war ein Mann, der die Stille zu gleichen Teilen genoss und hasste. Ich saß in einem der besten Clubs New Yorks und versuchte den Nebel in meinem Schädel zu vertreiben.
Das Kiss war bekannt für den Mut jeden auf die Bühne zu lassen. Jung und Alt. Arm und Reich. Anfänger und Profi. Ein schmaler Grat zwischen Erfolg und Misserfolg. Ich, der gerne beobachtete, konnte hier durchaus eine angenehme Zeit verbringen. Die Musiker, die hier auf die Bühne durften, waren Newcomer. Einst hatte ich Talente hier entdeckt.
Unter meine Fittiche nahm ich Rohdiamanten die noch nicht von der Industrie geblendet waren. Ein paar gute Jungs hatte ich, die mir mittlerweile viel Geld einbrachten. Auftritte hier im Kiss waren zwar nicht perfekt aber meist unterhaltsam und es waren ein paar nette Sachen dabei.
In den vergangenen Wochen, wurden die Künstler, die zu den Newcomer-Abenden kamen aber stetig schlechter.

In den letzten Monaten zog es mich an den Abenden immer irgendwie an diesen Ort zurück. Dabei wusste ich nicht einmal, wonach ich suchte. Doch waren mir die Atmosphäre und der dezente, elegante Geruch von Cocos und Vanille in der Luft willkommen. Der Ort war oft eine Inspiration gewesen. Bis jetzt zumindest.
Die Versuchung war an jeder Ecke und mit jeder Nacht hungerte mein Gemüt mehr danach. Nach dem Staub, der mich fliegen ließ, mich betäubte und alles erträglicher machte. In meiner Hand hielt ich ein kleines, durchsichtiges Röhrchen aus Glas. Der Inhalt schimmerte wie Engelsstaub.
Jemand löste sich von einer Gruppe Angestellter. Er war Mitte 40 und betrat die Bühne. Schwarzes leicht ergrautes Haar, sportlich legerer Kleidungsstil in Jeans und T-Shirt. Ein mir bekanntes Gesicht.
»Beruhigt euch, ich weiß weshalb ihr hier seid. Habt ein wenig Geduld und gebt den beiden letzten Künstlern ihre Chance, bevor unsere süße Versuchung euch heute Abend verführt«, beteuerte Frank, der Besitzer des Clubs aber einige gingen bereits. Seine Aussage zuckte mir durch die Gedanken.
»Beschiss Mann! Wo ist die Kleine? Schick sie rauf und den Loser weg!«, riefen Gäste. Süße Versuchung? Skeptisch schaute ich mich um. Die Servicekräfte waren ganz attraktiv aber ansonsten sah ich nichts Interessantes. Eine Kellnerin kam an meinem Tisch vorbei. Sie lächelte, als würde ihr der Job Freude bereiten. Klare Augen, ebene und reine Haut. Die Frau war offenherzig und bewegte sich durch den Raum, wie ein Pfau. Nett aber keine Versuchung für mich.
Der weiße Staub in dem Röhrchen vor mir, wirkte hingegen mit jeder Minute anziehender.

Von meinem Platz aus, war es ruhig. Ein schwarzer, halbgeschlossener Vorhang umgab mich. Entsprechend düster war es, sodass ich beobachten konnte, ohne beobachtet zu werden. Der VIP-Bereich war höher gelegen, als der Rest der Gäste Lounge. Der perfekte Schauplatz für jemanden wie mich. Freie Sicht in Richtung Bar. Freie Aussicht auf die Bühne. Freier Blick zur Vorder- und Hintertür. Mit anderen Worten, ich hatte sämtliche Gäste und Orte im Visier. Am iPad spielte ich nebenher, eine Partie Schach mit einem Geschäftspartner. Ich hatte diese Gabe. Ich schaute einen Menschen an und kannte seine emotionale Verfassung. Es dauerte meist nicht lange bis ich dann jede weitere Reaktion einschätzen konnte.
»Kann ich dir noch etwas bringen Dimitri?«, fragte mich die etwas burschikose Stimme der Kellnerin. Ihre Stimme passte nicht zum Rest ihres Anblicks. Die Frau an meinem Tisch, welche durch ihre Kurven in ein schwarzweißes Servicekostüm mit violetter Weste gepresst war, musterte mich. Sie war selbstbewusst, wirkte den ganzen Abend ungezwungen und freundlich. Ich deutete lediglich auf die leere Whiskyflasche und das Glas in meiner Hand.
»Bring mir noch ein Glas Lemon Ghost und füll die Pistazien nach... Die Rechnung kannst du beilegen. Ich hau bald ab.« Das gläserne Röhrchen machte sie misstrauisch und sie seufzte. Sie hatte einen Zettel in der Hand und warf Frank einen Blick zu. Als ich so fragend die Stirn runzelte verschwand sie.
Mit meiner Bestellung und der Rechnung kam sie zurück. Sie hatte gleich eine ganze Flasche Lemon Ghost mitgebracht. Das war das neue Getränk auf der Karte. Das gab es nirgends sonst in der Stadt. Gin und hausgemachte Zitronenlimonade mit einem Schuss frischem Limettensaft. Sie hatten 3 neue Hausgetränke und das Zeug war echt gut.
»Geht aufs Haus Dimitri. Vielleicht sollten Sie den nächsten Künstler noch abwarten. Wenn Sie enttäuscht sind, bekommen Sie den Rest des Jahres Freigetränke.«
»Seh ich so aus als hätte ich das nötig? Verschwinde...«Sie stockte und zögerte. Schließlich schrieb sie etwas auf die Rückseite der Rechnung und verschwand. Irgendeine Nummer. Seltsame Anmache, dachte ich und zerknüllte die Rechnung.

Loyalty - heart virus (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt