34. Happy Birthday

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Ohne weiter auf den Schatten zu achten stieß ich mich vom Baumstamm ab und rannte. Mein Herz schlug wild gegen meine Brust, ich schlug nach den Wurzeln und Ästen, die sich nach mir ausstreckten.

"Wir beide sind das Gegenteil voneinander, und doch bist du mir so ähnlich..."

Die Worte hatten sich in meinen Kopf eingebrannt, ich presste verzweifelt die Hände auf die Ohren, doch es half nichts.

"Noch willst du es nicht glauben, aber der Tag wird kommen, an dem du es dir eingestehen wirst... Der Tag wird kommen, an dem du dich entscheiden wirst, an dem du deiner Bestimmung folgen wirst..."

Wieder entfuhr mir ein lauter Schrei, ich stolperte und fiel in das kalte, feuchte Gras. Schluchzend verbarg ich mein Gesicht in den Händen und lauschte dem aufgeregten Klopfen meines Herzens.

Am Morgen weckte mich eine feuchte Zunge aus meinem Albtraum, vorsichtig blinzelte ich und schaute direkt in die schokobraunen Augen von Fridolin.

"Hey, wie kommst du denn her?", rief ich, die Ängste und die Müdigkeit waren wie weggeblasen. Er leckte mir noch einmal über das Gesicht, dann sprang er von meiner Bettdecke und verließ schwanzwedelnd das Zimmer. Mit gerunzelter Stirn tappte ich zu meinem Kleiderschrank, holte meinen grauen Rock und ein T-Shirt heraus und ging damit zum Badezimmer.

Resigniert betrachtete ich mich im Spiegel und seufzte. Meine Haare waren zerzaust, ich hatte dunkle Augenringe und meine Augen waren rot und verquollen, als hätte ich im Schlaf geweint. Schnell hüpfte ich unter die Dusche und wusch den Schweiß von meinem Körper.

Das lauwarme Wasser prasselte auf meine Haut und langsam beruhigte ich mich.

Es war nur ein Traum.

Ein böser Albtraum, nichts weiter.

Etwas in mir wollte diesen beruhigenden Worten nicht glauben, doch mein naives Ich gewann schließlich die Oberhand.

Ich atmete tief durch, genoss eine Weile das leise rauschen des Wassers, dann drehte ich es ab und wickelte mich in eines der weichen Handtücher ein.

Nachdem ich mich dann angezogen und mir etwas a Wimperntusche aufgetragen hatte, lief ich auf der Suche nach meinem Schäferhund die Treppe hinunter. Wie war er bloß hier her gekommen?

Sofort bekam ich ein schlechtes Gewissen, seit Mum's Entführung hatte ich nicht mehr an ihn gedacht. Ich rannte schon fast die Treppe hinunter und verlangsamte erst, als ich die Küche betrat.

"Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!", tönte es plötzlich von allen Seiten. Ich kreischte erschrocken auf und zuckte heftig zusammen, in Folge dessen stieß ich mir meinen Kopf am Türrahmen.

"Aua", stöhnte ich und rieb mir den Hinterkopf , bevor ich realisierte was los war. "Momentchen mal", rief ich dann und schaute in die acht strahlenden Gesichter, die mich ansahen. "Was soll das?"

Morgan kam Grinsend auf mich zu und umarmte mich herzlich. "Na, du Schlafmütze, du hast doch etwa nicht deinen eigenen B-Day vergessen?"

Sie sah mich fragend an. "Naja, also...In letzter Zeit war so viel los..." murmelte ich verlegen, "Aber woher weißt du dass heute mein Geburtstag ist?"

Sie schmunzelte. "Ich habe gestern Abend Fridolin abgeholt, der arme war ja ganz allein zu Hause, und da habe ich auf den Kalender geschaut, da stand es dick und fett drin. Also habe ich dann noch den anderen Bescheid gesagt, also komm jetzt, sie warten schon."

Ohne weiter abzuwarten drehte sie sich um und ging zum Tisch. Ich folgte ihr und quetschte mich auf den freien Platz zwischen ihr und Antonio, der mich breit angrinste.

"Los, Kerzen auspusten! ", riefen TJ und Steve im Chor, und deuteten auf den Kuchen. Auf der weißen Kuchenglasur prangte eine große Sechzehn, darunter stand Sweet Sixteen und sechzehn pinke Kerzen umrandeten das ganze.

"Oh danke, der ist wunderschön", meinte ich lächelnd. "Wer hat den gemacht?"

Sky hob lachend eine Hand. "Es ist leider so, dass ich die einzige von uns bin, die etwas vom backen versteht, und das ist jetzt Teil meines Geschenks. "

Stürmisch umarmte ich sie über den Tisch hinweg, dann holte ich tief Luft und pustete alle Kerzen aus. Von allen Seiten würde laut applaudiert, meine ganzen Sorgen waren wie weggeblasen.

Ich war jetzt sechzehn.

Auf diesen Augenblick hatte ich schon seit Jahren gewartet, und ihn mir bis ins kleinste Detail ausgemalt.
Doch in meinen Fantasien war es nie so perfekt gewesen wie heute.

"Jetzt die Geschenke!", rief Morgan aufgeregt.

Ich lachte. "Ist ja schon gut, wenn du es nicht mehr erwarten kannst, kommt deins zuerst."

Sichtlich zufrieden sah sie mich an. "Also, Jo und Sky schenken mit." Die Beiden nickten, dann fuhr meine Freundin fort. " Wir machen heute einen richtig coolen Mädelsabend! Und davor gehen wir shoppen, alles auf unsere Kosten." Die Jungs verdrehten die Augen, doch ich umarmte alle drei und grinste.

"Danke, Leute! Das hat mir in den letzten Tagen echt gefehlt, endlich machen wir wieder etwas Normales."

TJ und Steve sahen sich schulterzuckend an, dann schoben sie mir ein dickes Paket rüber. "Achtung, bitte nicht blind reingreifen ", warnte mich TJ, bevor ich das braune Papier abriss und eine hölzerne Truhe zum Vorschein kam. Ich öffnete vorsichtig das metallische Schloss und hob den Deckel.

Im Inneren der Kiste lagen mehrere Gegenstände: Ein paar fingerlose, lederne Handschuhe, ein brauner Waffengürtel und ein Set mit Messern.

"Danke", meinte ich überrascht und drückte die Beiden.

"Keine Ursache. Das wirst du alles noch gebrauchen können, glaub mit", winkte Steve ab.

Dann überreichten mir Jason und Liam auch noch ihr Geschenk, Zwei silberne Dolche mit Hülle. "Die solltest du immer dabei haben, man weiß ja nie, was einen...angreift", sagte Liam und zwinkerte mir zu. Verlegen sah ich zu Boden, als die Kratzer an seinen Armen sah, die ziemlich genau wie die Spuren meiner Krallen aussahen.

Wir aßen lachend den Kuchen, ich bedankte mich noch einmal bei allen, bis Antonio nach einer Weile aufstand und eine Hand auf meine Schulter legte.

"Wenn es euch nichts ausmacht, würde ich Thalia jetzt nein Geschenk geben."

Überrascht sah ich auf.

"Na dann geht schon", meinte Morgan mit vollem Mund und zeigte Richtung Tür. "Wir sind hier noch beschäftigt."

Zögernd stand ich auf und ließ mich von Antonio zur Tür führen.
Dann legte er einen Arm um meine Taille, ich spürte seinen Atem an meinem Ohr. "Augen zu. Und halt dich an mir fest."

Kichern tat ich, was er sagte und klammerte mich an seinem Oberkörper fest, während er sich langsam in Bewegung setzte. Ich hielt die Augen geschlossen, lauschte den Geräuschen unserer Umgebung.

"Wie lange noch?", quengelte ich nach mehreren Minuten, die sich wie di halbe Ewigkeit anfühlten.

"Wir sind gleich da", erklärte er lachend.

Schließlich verlangsamte er und der Druck auf meiner Taille ließ nach.
"Du kannst deine Augen wieder aufmachen."

Vorsichtig blinzelte ich, es dauerte eine Weile bis meine Augen sich wieder an das Licht gewöhnt hatte.

Ich sah mich um und mir stockte der Atem.

"Antonio, das...Das ist wunderschön ", hauchte ich.

"Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Thalli ", murmelte er, dann drehte er mich sanft um und legte seine Lippen auf meine.



Im Schatten des Mondes (I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt