zickzack - blutrünstig

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Schnaufend lehnte ich mich gegen einen der vielen Baumstämme. Alles in mir schmerzte, mein Körper schrie mich an einfach aufzugeben und auf dem Laubboden zusammenzubrechen. Doch dieser Versuchung konnte und durfte ich nicht nachgehen. Ängstlich blickte ich durch die Dunkelheit, versuchte irgendwas im Wald zu erspähen. Ich sah und hörte nichts. Hatte ich ihn tatsächlich abgehängt?

Veni verfolgte mich, mal wieder. Da er Drogen genommen hatte, mal wieder. Durch sein Trauma verwickelte er sich seit Jahren in einer Abhängigkeit, nahm aber auch keine Hilfe an. Und immer, wenn dann der Rausch einsetzte, wenn Rafael high durch die Welt lief, wurde er zu einem anderen Mensch. Nicht der Mann, in den ich mich verliebte. Er wurde blutrünstig, brutal.

Trennen kam für mich jedoch absolut nicht in Frage. Aufgrund meiner Verlustängste musste ich einfach an ihm festhalten. An seinem nüchteren Ich. An dem Veni, den ich so liebte.

Ein Rascheln weckte mich aus meinen Gedanken. Er war hier. „Bastii~", trällerte er lieblich. „Ich weiß, dass du hier bist" Langsam stapften seine schweren Stiefel durch das Laub. In der stillen Nacht hörte man kein anderes Geräusch. Die Tiere schliefen friedlich, andere waren vielleicht auf Jagd. Aber niemand war zu hören.

Ich presste mich noch weiter an den Baum hinter mir, versuchte meine Atmung unter Kontrolle zu bringen, damit er mich ja nicht findet. Sollte ich jetzt weglaufen würde ich eindeutig Geräusche von mir geben. Ich musste warten und hoffen.

Im Dunklen suchte er mich mit seiner Handytaschenlampe. Das grelle Licht reichte mehr als genug, um mich ausfindig zu machen. Mein Herz pochte wie wild. Zum Sterben war ich nicht bereit. Ganz besonders nicht durch die Hand meines Freundes. Er würde sich das niemals verzeihen, wenn er sich denn überhaupt daran erinnern könnte. Sein Kopf schien komplett benebelt, von dem Rauschgift eingenommen.

In seiner Hand erspähte ich ein Messer. Das Messer, welches so viele schmerzvolle Erinnerungen an sich trug. Vor meinem inneren Auge sah ich das letzte mal, als ich zu langsam war, und mir die schimmernde Klinge das Blut aus den Adern drückte. Damals kam ich knapp davon, bevor ich verblutet wäre. Bevor jegliche Hilfe zu spät käme. Und diesesmal konnte ich auf diese Erfahrung gerne verzichten.

Vorsichtig ging ich in die Hocke, um mich noch kleiner zu machen. In mir funkelte eine ganz mickrige Hoffnung, er würde mich in Ruhe lassen. Er würde einfach jetzt nach Hause gehen und seinen Rausch ausschlafen. Dabei stand ich gerade doch so verletzbar herum. Hatte keinerlei Möglichkeit mich zu wehren. Er besaß eine Waffe, war körperlich überlegen. Keine Chance hätte ich.

Mein Atem stockte, als mein Baumstamm von hinten beleuchtet wurde. Im Schatten sah man meine Umrisse. Die spielerische Lache des Älteren erklang sogleich. Rennen oder kämpfen? Rennen oder kämpfen? Beides lief auf das Gleiche hinaus: Tod. Zumindest sehr warscheinlich. Noch nie zuvor befand ich mich in so einer aussichtslosen Lage. Sonst verlief es immer milder, immer besser als heute.

Die Schritte kamen immer näher. Jetzt rennen! Aber meine Beine trugen mich keinen Meter, bevor sie durch das Zittern und die Anstrengung schließlich aufgaben. Nun lag ich auf dem Präsentierteller. Er würde mich töten. Das Handylicht blendete genau in meine Augen. „Och Basti, was schaust du denn so? Hab ich dir nicht gesagt, du sollst nicht weglaufen, hm?" Seine Hand umfasste meinen Unterkiefer, zog ihn zu sich nach oben.

Fast schon merkte ich nicht, wie er die messerscharfe Klinge an meinem Hals platzierte. Bereits einige Bluttröpfchen perlten hinunter auf mein Schlüsselbein. Fürchterlich Angst stieg in mir hoch. Die ersten Tränen kullerten über meine Wangen, während ich immernoch tief in Venis leere Augen blickte. Als würde ich ihn anflehen. Anflehen, zur Vernunft zu kommen.

Doch der Druck an meinem Hals verstärkte sich. Mit der Zeit konnte ich den Kopf nicht mehr aufrecht halten, lies ihn auf den kalten Boden sinken. Die Tränen rollten nun ohne Hindernisse aus meinen Augen, mein ganzer Körper zitterte, war zu schwach, um sich zu wehren.

„Shh, es wird alles gut", flüsterte mein Freund über mich gebeugt. Seine freie Hand strich sorgsam durch meine Haare, strich ein paar Strähnen hinter mein Ohr.

Vor meinem Sichtfeld tanzten bereits schwarze Punkte. Ich wollte nicht gehen. Ich wollte ein erfülltes Leben führen. Mit Veni. Mit meinem Freund. Ohne Drogen. Ohne diese Angst. Erfüllt mit Liebe. Aber die Sicht verschwamm, so auch das Gesicht meiner großen Liebe. „Ich liebe dich", hörte ich nur noch. Und dann spürte ich gar nichts mehr.

hab das gerade in 10min geschrieben, deswegen vielleicht nicht ganz so gut, aber dachte mir weil das letzte so lange gedauert hat naja 😭

wörter mal wieder von emmi_the_turtle (die alte hexe)

verlustangst
abhängigkeit
messer
klinge
blut
trauma
handytaschenlampe
dunkelheit
hoffnung
verletztbarkeit

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