15 - Erinnerungen

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Irgendwann nach Mitternacht kehrten sie wieder nach Prince Manor zurück.
Severus begleitete sie bis vor ihre Räume und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. Er musste es noch einmal tun, bevor er sie gehen ließ, damit er dem Gefühl noch etwas länger nachspüren konnte, das er heute erst für sich entdeckt hatte.
‚Gute Nacht, Mia', sagte er leise und blickte ihr in die Augen, die ihn so voller Wärme ansahen.
‚Gute Nacht, Sev', erwiderte sie und schenkte ihm ein Lächeln. ‚Danke, dass du an meiner Seite geblieben bist.'
‚Du wirst nie wieder etwas allein durchstehen müssen.' Nun zog er sie doch noch in seine Arme und hielt sie fest. ‚Ich werde immer an deiner Seite sein, wenn du mich brauchst.'
Sie antwortete ihm mit einer Flut an Gefühlen, die wie warmer Sommerregen durch seinen Körper rieselten und sah dann wieder zu ihm auf.
‚Geh schlafen, Mia.' Wenn sie noch länger in seinem Armen blieb, würde er sie wahrscheinlich nicht mehr gehen lassen, also löste er sich von ihr und trat einen Schritt zurück.
Nun war sie es, die noch einmal die kurze Distanz zu ihm überwand, die Hand an seine Wange legte und sich streckte, um ihn zu küssen, bevor sie in ihren Räumen verschwand.

Severus stand noch einen Moment dort und sah zur Tür. Etwas zog ihn zu ihr und er wollte bei ihr sein, doch er beherrschte sich und ging in seine eigenen Räume. In Gedanken versunken, schälte er sich aus seinem Gehrock, der Weste, dem Hemd.
Dieser Abend in Hogwarts hatte ihm gezeigt, wie selbstverständlich es für ihn inzwischen war, dass Hermine an seiner Seite war. Als sie plötzlich verschwand, war erneut diese Angst in ihm aufgekommen, die er bereits im Grimmauldplatz verspürt hatte und es beruhigte ihn, dass sie nun wieder hier waren.

Allerdings würde es nicht immer so sein. Sie würde als sein Lehrling mit anderen Menschen in Kontakt stehen, sie würde studieren, Kurse besuchen — nicht immer hier im Haus sein. Er müsste sie gehen lassen, wenn auch nur für einige Stunden am Tag.
Etwas zog sich bei dem Gedanken in seiner Brust zusammen und er rieb sich abwesend mit der Hand über das Brustbein, berührte dabei das Amulett, das auf seiner nackten Haut lag. Das erinnerte ihn wieder daran, dass sie jederzeit die Möglichkeit hatte, ihn zu rufen.
Hermine war geschützt, sie war sicher und sie war nicht mehr schwach und hilflos wie zu Beginn. Er versuchte, sich das einzureden, doch der Drang, sie zu schützen, war gerade in diesem Moment nahezu unerträglich. Jetzt, da sie seine Lady werden würde und beschlossen hatte, den Rest ihres Lebens bei ihm zu bleiben.
Die Wärme in seiner Brust kehrte bei diesen Gedanken zurück, vertrieb die unangenehmen Empfindungen und er konnte sich erschöpft ins Bett fallen lassen. Seine Hand wanderte, schon im Halbschlaf, noch einmal suchend über die Laken, doch er fand nicht, was er suchte. „Mia ..."

Hermine war noch immer erschöpft vom gestrigen Tag, als sie am nächsten Morgen erwachte und sie musste den Schwebezauber ein wenig anpassen, um sich ohne Einschränkungen bewegen zu können. Das änderte sich täglich — es wurde stetig besser, allerdings gab es immer wieder Tage, an denen sie den Zauber stärker beanspruchen musste.
Sie stieg aus dem Bett, absolvierte einige kleine Übungen, um den Zauber auch für ihre Feinmotorik zu justieren und trat dann in ihr Ankleidezimmer, das ihr jedes Mal ein kleines Lächeln ins Gesicht zauberte. Sie ließ die Fingerspitzen über die fließenden, leichten Stoffe gleiten, als sie daran entlang ging und blieb schließlich stehen, ließ mit einer Bewegung ihrer Finger das Kleid zu ihr schweben und nahm es in die Hand.
Das Seidenkleid in einem kühlen Grün floss an ihrem Körper hinab, als sie es anzog und es war trotz des leichten Stoffes ein wenig unangenehm auf der Haut. Viele hatten sie gestern umarmt und berührt und es war, als würde deren Magie noch auf ihrer Haut haften und diese wie einen Ausschlag reizen.

Im Bad warf sie einen Blick in den Spiegel und es war noch immer ungewohnt. Sie war nun schon einige Monate hier und hatte sich erholt, doch an manchen Tagen erschreckte sie sich vor ihrem Spiegelbild, weil sie sich daran erinnerte, wie sie aussah, als sie die ersten Wochen hier war. Wie abgemagert und eingefallen ihr Gesicht gewesen war, die stumpfen Augen, die stumpfen Locken.
Nun zupfte ein Lächeln an ihren Lippen, ihre Augen strahlten wieder und dieser Anblick gefiel ihr besser. Sie sah wieder aus wie früher und gleichzeitig ganz anders: Der Krieg hatte sie geformt, ihr jede Rundung genommen und nun waren sie wieder da ... aber anders. Das war kein rundes Kindergesicht mehr, das war nun eine junge Frau, die endlich wieder ein gesundes Gewicht aufbringen konnte.

Lady of Prince Manor [Eine Sevmione Fanfiction]Where stories live. Discover now