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J A M A L

Ich ließ mich gerade auf mein Bett fallen, als ich ein leises Summen meines Handys vernahm. Mit einem Grinsen auf dem Gesicht, da ich schon so eine gewisse Vorahnung hatte, wer mir da wohl geschrieben haben könnte, nahm ich dies in die Hand, wartete aber noch einen Augenblick, bevor ich es entsperrte. Nicht, weil ich besagte Person warten lassen wollte, sondern weil ich vor dem Spiel gegen Inter Mailand (welches wir 2:0 gewonnen hatten) meinen Hintergrund geändert hatte und ich meine Augen einfach nicht von dem mir entgegen lächelnden Mädchen abwenden konnte. Es war ein Schnappschuss von Hailey, den ich vor ein paar Tagen in unserer Küche gemacht hatte. Ihre Nasenspitze war voller Mehl, welches ich ihr kurz davor dorthin geschmiert hatte. Leider fand sie das gar nicht so lustig wie erhofft, sondern startete sofort einen Gegenangriff. Ich hatte genau den Augenblick eingefangen, in dem sie mich mit einem herausfordernden Lächeln mit Mehl abwarf, um sich an mir zu rechen.

„Gott, das ist ja schlimm mit dir"
Erschrocken sah ich auf, nur um meine angeekelt guckende Schwester in meiner Tür stehen zu sehen.
„Was willst du Lat?"
„Mom meinte, ich soll dich holen. Kommst du runter?"
Wenig begeistert stand ich auf, ohne auf Haileys Nachricht geantwortet zu haben. Hoffentlich war es nichts wichtiges.

„Also", begann mein Vater, sobald meine gesamte Familie am Esstisch saß. „Es gibt da noch eine kleine Sache, die ich euch sagen muss, bevor ich am Mittwoch wieder fliege"
„Ach komm, jetzt spann die Kinder doch nicht so auf die Folter", warf meine Mutter ein, die anscheinend genau wusste, was gerade abging.
„Ist ja gut, ist ja gut. Ich schau mir morgen eine Wohnung in Augsburg an. Wenn alles klappt, zieh ich zurück nach Deutschland"
„Und warum nicht direkt zu uns?", fragte Jerrel, der nur mit Mühe auf seinem Stuhl sitzen bleiben konnte. Wahrscheinlich wollte er eigentlich wieder raus in den Garten und Fußball spielen.
„Da müsste ich leider viel zu lange zu meiner Arbeitsstelle fahren. Überleg mal, wie lange es allein gebraucht hat, dass ich meine Arbeit endlich in Deutschland, in eurer Nähe haben kann", versuchte Dad zu erklären.
„Okay, kann ich dann jetzt aufstehen?", fragte Jerrel weiter.
„Ja, du kannst aufstehen", lächelnd nickte unser Vater ihm zu. „So ein kleiner Zappelphilipp"

„Kann ich morgen mitkommen?", Latisha liebte es, sich Wohnungen anzugucken. Bei meiner Suche half sie auch eifrig mit und saß fast immer neben mir, wenn ich mir im Internet Anzeigen ansah.
„Morgen noch nicht. Ich mach aber ganz viele Bilder, versprochen"
Wir redeten noch ein wenig weiter. Vor allem, da wir jetzt zwei bevorstehende Umzüge in unserer Familie zu planen hatten. Mein Vater würde vermutlich deutlich früher als ich umziehen, da ich mir den Stress für die Winterpause aufhob und am liebsten auch alles so abpassen wollte, dass Hailey in der Zeit auch zu uns kommen konnte, aber beide Wohnwechsel sollten noch dieses Jahr geschehen.

Latisha verabschiedete sich irgendwann, da sie heute bei einer ihrer Freundinnen übernachtete, wodurch ich mal wieder mit meinen Eltern in Ruhe über Themen sprechen konnte, die meine jüngeren Geschwister nichts anzugehen hatten. Vor allem ins Fußballgeschäft wollte ich die beiden noch nicht zu tief mit einbinden, da es zum einen zu komplex, zum anderen aber auch teilweise zu negativ behaftet war. Jerrel hatte selbst noch den Spleen, in ein paar Jahren Profi zu werden. Ehrlich gesagt, war die Idee gar nicht mal so abwegig. Und genau deswegen wollte ich nicht, dass er jetzt schon von den dunkleren Seiten des Profisports erfuhr. Nicht, dass ich nicht absolut dankbar für meinen Beruf war. Ich liebte es von ganzem Herzen, mein Hobby als Job machen zu dürfen und ich war mir ziemlich sicher, dass ich auch nicht wirklich das Recht hatte, mich all zu sehr zu beschweren. Natürlich war der Leistungsdruck hoch und ich konnte auch nicht sagen, dass ich eine normale Jungen gehabt hatte, aber ich könnte mir mein Leben auch deutlich schlimmer vorstellen. So wie einige meiner Kollegen, die beispielsweise ihre sozialen Kontakte mehr oder weniger auf's Eis gelegt hatten, um erfolgreicher sein zu können, oder die einfach an dem Druck kaputt gingen. Über sowas wollte ich erst mit Jerrel sprechen, wenn er sich wirklich sicher über seinen Berufswunsch war und verstehen konnte, was damit gemeint war. Ich würde schon behaupten, dass ich mein soziales Umfeld und meinen Job ganz gut ausbalancieren konnte. Vielleicht half es mir dabei sogar, dass Hailey und ich eine Fernbedienung führten. Uns war beiden von Anfang an klar gewesen, dass wir uns nicht sonderlich häufig sehen konnten. Würde sie hier wohnen, wäre das vielleicht anders. Theoretisch wäre es einfach sich zu sehen und das schlechte Gewissen größer, wenn man dies nicht tat. Apropos Hailey...

„Ah, fuck"
„Jamal, Wortwahl!"
„Sorry. Ich muss hoch, Hailey hat mir vorhin geschrieben", eilig stand ich auf und ging in mein Zimmer. Bitte lass die Nachricht nicht zu wichtig gewesen sein.

𝐓𝐨𝐩 𝐨𝐟 𝐭𝐡𝐞 𝐋𝐞𝐚𝐠𝐮𝐞Where stories live. Discover now