𝐓𝐨𝐩 𝐨𝐟 𝐭𝐡𝐞 𝐋𝐞𝐚𝐠𝐮𝐞

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Entspannt atmete ich aus. Endlich saß ich in meinem letzten Zug. Gut, mit einer Stunde Verspätung und auch nicht in dem Zug, in dem ich eigentlich hätt sein sollen, aber ich hatte einen Sitzplatz, war bis jetzt noch von einem Nervenzusammenbruch verschont geblieben und würde voraussichtlich in 20 Minuten ankommen. Zwar ohne den geplanten Zwischenstopp, bei dem ich mein Gepäck hätte abstellen können, aber dann würde ich das eben später machen.
Ja, ich war wieder auf dem Weg nach München. Diesmal ohne Eltern. Und ich würde jetzt auch bei Jamal übernachten und nicht bei Serge Gnabry in der Wohnung. Das hieß auch, dass ich in wenigen Stunden Jamals Familie kennenlernen würde. Auf jeden Fall seine Mutter und seine Geschwister.

Suchend schaute ich mich um. Laut Jamals Beschreibung müsste ich schon längst Serges Auto sehen.
„Brauchen wir eine Brille?"
Erschrocken fuhr ich herum.
Hinter mir stand ein grinsender Jamal.
„Ne, eine vernünftige Beschreibung würde vollkommen ausreichen", glücklich umarmte ich meinen Gegenüber.
Unser letztes Treffen war schon über einen Monat her.
„Ich fand die gut. Okay, wir müssen jetzt los. Sonst kommen wir noch zu spät zum Training", eilig zog Jamal mich hinter sich her, damit wir losfahren konnten.
Als ich mich auf die Rückbank des Autos setzte, begrüßte mich Serge mit einem Lächeln durch den Innenspiegel, fuhr dann aber auch direkt los.
Dass ich mit zum Training kam, war sogar geplant gewesen, aber eigentlich sollte mich Carolin, die Mutter von Jamal, abholen, damit ich davor meine Tasche abstellen und generell erstmal ankommen konnte. Aber sowas klappte halt nur, wenn einen die Bahn nicht im Stich ließ.

„Wie lange hast du dann jetzt noch Ferien?"
„Anderthalb Wochen noch", antwortete ich Serge, der schon die ganze Fahrt über mit Jamal und mir redete.
„Danach machst du dann Abi, richtig?"
„Joa, also halt zwölfte Klasse. Ich denke mal, am Anfang wird man davon noch nicht so viel merken. Vielleicht den Unterschied zwischen Leistungskursen und Grundkursen, aber das war's dann bestimmt"
Verwirrt sah Jamal zu mir nach hinten.
„Grundkurse sind quasi niedriger von Niveau und Leistungskurse höher. Ist das bei den A-Levels nicht auch so?", erklärte ich.
„Achso. Ja, ist auch so da"
Serge fragte noch eine ganze Menge über meine letzten Schuljahre. Welches Profil ich gewählt hätte, was für Prüfungsfächer ich machen würde und auch, was ich nach der Schule machen wollen würde.
Aber bei ihm fühlte sich das Gespräch nicht so gezwungen an, wie bei einer Familienfeier bei denen man von einer seiner Tanten über seine Zukunft ausgequetscht wurde.
„Anika müsste heute auch da sein"
Diesmal war ich es, die hilfesuchend zu Jamal sah.
„Manus Girlfriend. Schonmal gesehen?"
Ich schüttelte meinen Kopf.
„Die ist echt sehr nett. Ihr werdet euch bestimmt verstehen", versicherte mir Jamal.
„Ja, glaub ich auch. Sie müsste auch nur ein paar Jahre älter sein als du", stimmte Serge seinem Mitspieler zu.

❀ ❀ ❀

Tatsächlich saß eine blonde junge Frau auf einer Bank neben dem Fußballplatz. Unsicher, ob ich mich neben sie setzten sollte, blieb ich erstmal unentschlossen stehen. Sie machte irgendwas an ihrem Handy, weshalb sie mich zum Glück nicht hier stehen sah.
„Setz dich ruhig zu ihr! Du bist Hailey, richtig?", freundlich lächelnd sah mich einer der Spieler an. Ihn kannte ich sogar. Es war Manuel Neuer, der eine ganze Zeit lang als Poster die Tür meines Bruders schmückte.
Zaghaft nickte ich den Kopf. Gott, sonst war ich doch auch nicht so schüchtern.
„Anika weiß schon, dass du heute dabei bist. Sie ist extra mitgekommen, damit du hier nicht alleine sitzt. Naja, und weil sie im Moment verletzt ist und deshalb nicht trainieren kann"
„Oh, okay. Danke?", vorsichtig lächelte ich zurück.
„Haha, nicht dafür. Dann kennst du für nachher ja schonmal eine mehr"
Stimmt ja. Nach dem Training wollten sich einige Spieler noch zusammensetzen und ein bisschen Zeit miteinander verbringen. Jamal hatte die Idee, dass ich deshalb schon früher nach München fuhr, dass ich seine Freunde und Mannschaftskollegen mal kennenlernen konnte.