Kapitel 52

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Langsam lösten wir uns wieder. „Mich würde ja am Ende mal interessieren, wie viel das Ganze kostet.“ Ich kicherte. „Also ich rechne schon mit mindestens ein paar Hunderttausenden, aber ich hab' ja nicht umsonst ein Konto für Projekte angelegt.“ „Hast du denn überhaupt viel Zeit für größere Projekte? Du arbeitest ja noch im Café.“ „Was das angeht, hab' ich tatsächlich beschlossen, dieses Jahr zu kündigen und das wissen sie auch schon. Es ist zwar schade, aber ich wollte sowieso nicht mein ganzes Leben lang dort arbeiten. Außerdem werde ich für ein anderes Projekt sehr viel Zeit brauchen. Das wird auch mein größtes Projekt bis dahin.“ „Größer als das Fan-Event?“ „Ja. Es geht sogar international.“ „Oha. Jetzt bin ich natürlich neugierig.“ Frech grinste ich. „Lass' dich überraschen.“ „Na gut.“ Kurz unterhielten wir uns noch und tranken die Gläser aus, bis wir beschlossen, endlich raus zu gehen. „Wo ist denn dein Badezimmer?“, fragte ich, während Taddl die Gläser in die Küche brachte. „Im Flur, die zweite Tür rechts.“ „Alles klar, bin gleich wieder da.“ „Yessir.“ Ich nahm mir meine gelbe Badehose aus dem Rucksack und nachdem ich kurz auf Toilette war, zog ich mich um. Dann ging ich wieder raus und zu Taddl, der eine schwarze Badehose trug, in den Garten. Er war gerade kurz am Handy. „Wieder da.“ „Soll ich Musik an machen?“ „Gerne.“ „Gleich wieder da.“ „Ja.“ Kurz ging er rein und während ich auf ihn wartete, sah ich mich ein bisschen um. Taddls Garten war ziemlich groß, mit vielen Sträuchern und einer hohen Hecke drum herum. Auf einem besonders sonnigen Fleck lagen die Hunde ausgeknockt und schliefen, was mich lächeln ließ, und nun hörte ich leise Musik. Kurz danach hörte ich aber auch schnelle, lauter werdende Schritte und als ich mich gerade umdrehte, wurde ich plötzlich von Taddl umgerannt und ins Wasser mitgerissen, welches schön kühl war. Und als wir dann wieder auftauchten, entstand eine kleine Wasserschlacht, die in leichtes Wrestling überging. Gerade tauchte ich auch mal wieder auf und sah Taddl nicht, wurde aber sofort von hinten gepackt und über seine Schulter gehoben. „Nein!“, konnte ich noch rufen, bevor ich rückwärts ins Wasser fiel. Doch ich blieb dieses Mal unter Wasser und atmete meine ganze Luft aus, während ich zu Taddl tauchte. Der drehte sich gerade zu mir, doch ich schwamm weiter und mit dem Kopf zwischen seine Beine, griff dann nach diesen und stand auf. Dadurch hing er jetzt an meinem Rücken, doch bevor ich ihn dann los lassen konnte, zog er plötzlich meine Beine zurück, so dass wir beide ins Wasser fielen. Dann tauchten wir aber erstmal auf und holten Luft. „Das war erfrischend.“, meinte ich und strich meine Haare nach hinten. „Mhm.“ Nun ließ ich mich einfach auf dem Rücken treiben und schloss meine Augen. „Das ist schön...“ Kurz sagten wir nichts, aber ich hörte, dass Taddl sich durch's Wasser bewegte. „Bin gleich wieder da, Dyzzl.“ Ich lächelte wegen dem Namen. „Ok.“ Taddl ging wohl kurz rein und es war für ein paar Minuten ruhig, bis ich plötzlich von etwas Nassem am Bauch getroffen wurde und leicht erschrak. Taddl stand am Beckenrand und hielt zwei große Wasserpistolen in den Händen. „Ich geb' dir fünft Minuten. Etwas mehr, wenn mir danach ist.“ „Oh, jetzt willst du's wohl wissen.“, grinste ich und schwamm sofort zur Poolleiter. Schnell stieg ich dann raus und wollte mich abtrocknen, doch Taddl meinte: „Du kannst auch so ins Haus.“ Sofort schmiss ich mein Handtuch zur Seite und rannte rein, um meine Kiste zu holen und die stellte ich dann an den Beckenrand. Taddl stand neben mir und nachdem ich mich dann hingesetzt, den Deckel geöffnet und die ersten zwei Wasserpistolen raus genommen hatte, meinte er überrascht: „What the fuck, wie viele hast du bitte?“ Ich kicherte und befüllte nun zwei von den größten Wasserpistolen. „Naja, ich hab' neun Schwestern. Da muss ich vorbereitet sein.“ „Neun?!“ „Ja.“, schmunzelte ich und füllte die nächsten Wasserpistolen auf. „Wie hat deine Mutter das denn geschafft?“ Wieder kicherte ich. „Viele Kinder zu bekommen, liegt tatsächlich in der Familie. Ich bin auch schon 15-facher Onkel.“ „Oha.“ „Mhm. Und es werden auch noch mehr, denn all meine Schwestern wollen mindestens drei Kinder haben.“ „Oh... Und was ist mit dir?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Mit dem richtigen Mann an meiner Seite könnte ich mir schon vorstellen, irgendwann mal ein oder zwei Kinder zu adoptieren. Aber jetzt will ich erstmal meine Freiheiten genießen und einen Freund hab' ich eh nicht.“ „Und datest du?“ „Nein, hab' ich nie. Ich will sowas lieber auf mich zukommen lassen.“ „Hm, gute Einstellung.“ „Danke... Wie ist es denn bei dir? Hast du jemanden in Aussicht?“ „Gerade nicht. Und mittlerweile hab' ich da eigentlich auch die gleiche Einstellung wie du und will es auf mich zukommen lassen.“ „Schön... Ich kann mir sowieso vorstellen, dass man sich auf Dauer kaputt machen würde, wenn man nur darauf fokussiert ist, eine Beziehung zu finden. Ich meine, es gibt doch so viele schöne Dinge im Leben, die man auch alleine oder mit guten Freunden erleben kann. Zumal ich sowieso finde, dass eine tiefe Freundschaft die Basis jeder Beziehung sein sollte. Sonst kann das ja nicht funktionieren.“ „Naja...“ Taddl setzte sich neben mich und ließ die Beine ins Wasser hängen, während ich weiter Wasserpistolen füllte. „Viele haben vielleicht Angst davor, einsam zu sein. Vor allem wenn dann im Freundeskreis alle in Beziehungen sind und ihre Prioritäten anders setzen.“ „Aber ist das nicht umso mehr ein Grund, Freundschaften zu pflegen? Nimm meine beste Freundin zum Beispiel. Sie wohnt seit ein paar Monaten mit ihrem Freund zusammen, sie wohnen übrigens auch in Köln, haben Hunde, um die sie sich kümmern müssen, ihr gehört ein gut laufendes Fotostudio und trotzdem nimmt sie sich Zeit für mich oder ihre Freundinnen. Es ist also möglich und dazu kommt ja noch, dass ich mich sowieso oft mit mir und meinen Hobbies beschäftige und mein Lebensstil vielleicht eh nichts für jeden wäre. Vor allem wenn ich mich dann nur noch auf Youtube und Twitch konzentriere.“ „Mann, ich wünschte, ich hätte mit 21 auch deine Einstellung gehabt. Das hätte manches leichter gemacht.“ Ich kicherte. „Tja, jeder sammelt eigene Erfahrungen.“ „Stimmt. Nur auf den Trennungsschmerz nach jeder Beziehung hätte ich gerne verzichtet.“ „Oh ja. Liebeskummer ist nie schön.“ „Dir wurde wohl auch mal das Herz gebrochen?“ „Ja, in der zehnten Klasse. Ich hab' damals die neunte Klasse übersprungen und bin in seine Klasse gewechselt, Alois hieß er. Ich fand ihn einfach richtig hübsch und war begeistert, weil er ehrenamtlich im Tierheim ausgeholfen hat. Dafür war er auch bei den Mädchen sehr beliebt und bis dahin hab' ich eigentlich gedacht, dass er total nett ist.“ „War er wohl nicht?“ „Leider nicht. An einem Freitag kurz vor den Osterferien hab' ich ihm dann unter vier Augen meine Liebe gestanden und ich hätte es ja verstanden, wenn er einfach nein gesagt hätte, zumal er eh nicht auf Jungs stand, aber stattdessen hat er mich einfach ausgelacht und beleidigt und mich dann noch vor seinen Freunden vorgeführt. Das hat echt weh getan.“ „Das glaub' ich dir.“ „Jedenfalls hat mich meine Familie dann getröstet und viel abgelenkt und meine Gefühle für Alois sind dann auch schnell verflogen. Vor allem als ich dann realisiert habe, was er für ein respektloser Mensch sein muss. Seitdem wollte ich nichts mehr mit ihm zu tun haben und hab' auch nur noch mit ihm geredet, wenn es mit der Schule zu tun hatte.“ „Also hattest du schon damals keinen Platz für Negativität im Leben.“ „Das hatte ich nie. Umso glücklicher bin ich, dass ich in dir so einen guten Freund gefunden habe. Das hat mir mein Leben noch mehr verschönert.“ „Aww, gern geschehen.“, lächelte er und wuschelte mir durch die Haare. „Ich werd' dich trotzdem gleich fertig machen.“ Nun stand er auf. „Du hast noch zwei Minuten.“ „Ok.“, kicherte ich und füllte noch so viele Wasserpistolen wie möglich auf, während Taddl nochmal verschwand. Wenig später nahm ich dann aber noch eine Art Waffengürtel aus der Kiste und legte ihn an, bevor ich die vollen Wasserpistolen ran hängte. Eine ganz kleine steckte ich noch in meine Badehose und nachdem ich mir versichert hatte, dass Taddl mich nicht sah, versteckte ich mich schnell und leise neben seinem Haus. Lange musste ich dann nicht warten, bis Taddl wieder am Pool stand, mit ein paar Wasserpistolen mehr als vorher, die er in einer großen Tasche trug. „Ardy...“, sang er dann, während er mit gezückter Wasserpistole langsam und aufmerksam durch den Garten lief. Da zückte ich zwei kleinere Wasserpistolen, die Wasser projektilartig schießen konnten und als Taddl dann mit dem Rücken zu mir gedreht war, schoss ich auf seinen Po. „Ey!“, rief er und der Krieg begann.

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