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Schweigend steigen wir zu viert vor dem Tower aus. Besorgt schweift mein Blick zu den Hubschraubern, welche über der Stadt kreisen.
„Kommt schon, ich melde euch an", bemerkt Sharon.
Schluckend folge ich ihr, während ich mich neben Steve einreihe. Olive und Samantha gehen hinter uns.
Verblüfft sehen die anderen sich in der Eingangshalle um. Mein Blick trifft sofort den Lift, in welchem Liam Zemo und mich das letzte Mal geschleppt hat.
Sharon hat sich inzwischen vor den Tresen, hinter welchem sich Leute in teuren Anzügen befinden, gestellt. Ich höre sie sprechen, verstehe sie aber nicht.
Viel zu sehr bin ich davon geblendet, dass mir ein Wiedersehen mit Riley bevorstehen könnte. Und womöglich sieht sie mich nicht als den guten. Verständlich, wenn sie und ihre Stadt mit Bomben bedroht werden.

„Wie geht's dir, Buck?", bemerkt auch Steve leise hinter mir.
„Ich bin nervös. Und ich weiß nicht, was ich mir erhoffen soll", gebe ich mit klopfendem Herzen zu.
„Es wird alles gut gehen. Da bin ich mir sicher", verspricht er mir.
„Ich hoffe es."

Mit einem Klingeln öffnet sich die Aufzugstür. Mit eiskalten Augen tritt Liam heraus und sieht bedrohlich zu uns.
Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie Sharon sich aufrecht hinstellt. Automatisch ahme ich sie nach. Auch Steve richtet sich ein wenig mehr auf.
„Mitkommen", ist alles was er zu uns sagt.
Und selbst seine Stimme klingt eisig. Jedem ist klar, dass er sich nicht über diese Situation freut.
Besonders finstere Blicke schickt er auch nochmals den beiden Frauen.

Mit einem klammen Gefühl folge ich dem ausgebildeten Attentäter in den Aufzug zurück. Der Rest des Trupps folgt mir auch sogleich.
Die Vorrichtung für die Fesseln springt mir beim Eintreten auch sogleich wieder in die Augen. Ich bin mir nicht sicher, ob die anderen sie auch bemerken. Aber Liam sieht meinen Blick und folgt ihm kurz.

Als alle im Lift sind, schließt sich die Tür. Liam gibt die Zahl 28 ein und wir werden auch sogleich höher getragen. Die Stille ist jedoch ziemlich merkwürdig.

„Ich danke euch, dass ihr uns empfangen habt", wagt es Olive schlussendlich zu sprechen.
Doch Liam unterbricht sie mit nur einem Blick. Ein sehr unheilverkündender Blick.
„Das tun wir einzig und allein, weil ihr den Nerv dazu habt, Bomben auf unser Land auszurichten", bemerkt er auch sogleich.
Olive sieht etwas verwirrt aus. Auch Samantha scheint nicht wirklich drauszukommen.
„Habt ihr gedacht, wir bemerken das nicht? Wie arrogant seid ihr eigentlich, dass ihr das Gefühl habt, wir würden euch Amerikanern nicht genaustens auf die Finger schauen?", zischt Liam weiter.
„Was?", fragt Olive schockiert.
Mir entweicht beinahe ein Prusten. Waren sie wirklich so dumm und haben geglaubt tun zu können, was sie wollen, ohne dass es ein Außenstehender bemerkt? Ganz besonders ausgebildete Auftragsmörder, welche von einer geheimen und weltweiten Terroristenorganisation entsprungen sind?
„Das ist jetzt nicht euer Ernst, oder? Ihr habt sie unterschätzt?", will auch Samantha auflachend wissen.
„Du bist ruhig!", fährt Liam sie an.
Samantha zuckt zusammen und weicht zurück. Ihr verdutzter und erschrockener Blick wirkt himmlisch auf mich. 
„Und ihr seid wirklich dumm", beurteilt er noch Olive.
Eingeschnappt starrt sie ihn an, doch er ignoriert sie ab diesem Punkt. Seine Aufmerksamkeit gilt ab nun Steve und mir.
„Und ihr?", stellt er uns seine Frage.
„Wir wurden genötigt hierher mitzukommen. Sie glauben mit uns einen Vorteil zu haben, weil ihr uns bereits kennt. Aber wir wussten nichts von den Bomben", beteuert Steve auch sogleich.
Liam nickt einmal kurz angebunden und dann klingelt auch schon wieder der Aufzug. Die Türen gehen auf und wir treten hinaus.

Was ich zu sehen bekomme überrascht mich vollkommen.
Mehrer der Hunde die ich bereits kenne und noch zwei weitere spielen mit Kindern!
Die Hunde jagen durch den Raum, bellen freudig, genauso wie die Kinder lachen und ihnen hinterherrennen. Es sind Kinder die ich noch nie gesehen habe und die aus allen Ecken der Welt kommen.
Asiatische, afrikanische und europäische, sowie amerikanische Kinder sind hier. Glücklich mit den Hunden spielend.
„Was zum?", bemerkt auch Olive schockiert.
„Waisen oder misshandelte Kinder, die abhauen mussten, weil sie nicht gut behandelt wurden. Kinder, die von ihren Regierungen im Stich gelassen wurden", erklärt Liam ihr.
Seine Stimmlage ist noch immer stark abweisend. Und dennoch merke ich, dass er diese Kinder mag.
Weil sie ihn an sich selbst und die anderen erinnern?

Eines der Kinder, welches mit dem Rottweiler – Neo? – schmust bemerkt uns. Kreischend kommt es auf Liam zu gerannt und er hebt das knapp siebenjährige Mädchen hoch.
Lachend dreht er sie einmal um sich und wirbelt sie dabei durch die Luft. Kaum haben die anderen vier Kinder das gesehen, wollen sie auch. Schreiend stürmen sie auf uns zu und drängen sich um Liam.
Dieser jedoch setzt das Mädchen wieder ab und sieht zu uns zurück. Seine Hände werden dabei von den Kindern gefasst, welche Nähe zu ihm suchen.
Ich selbst wage einen eigenen Blick zu Olive. Sie steht wie vor die Wand gefahren da und starrt schockiert auf die Kinder.
Erst jetzt fällt mir ein, dass auch sie bei einem Bombenangriff sterben würden. Würden sie das Leben unschuldiger Kinder in Kauf nehmen, um Lester zu rächen?
„Wie war das mit, über neunzig Prozent sind Schwerverbrecher und wir würden dieser Welt einen Gefallen tun?", stichelt auch sogleich Samantha.
Und ich hätte nie gedacht, dass sie mir auch nur für ein paar Sekunden sympathisch werden könnte.

„Vermutlich denken sie, diese Kinder würden sich eines Tages auch zu Schurken und Bösewichten entwickeln, nicht wahr? In einer Umgebung wie dieser hätten sie ja gar keine andere Chance."
Verblüfft drehe ich mich zu Alec um. Er hat sich in den Raum geschlichen und zu dem Rhodesian Ridgeback gesetzt, ohne dass es einer von uns bemerkt hat. Keiner außer Liam wohlgemerkt.
Verächtlich sieht er zu Olive. Schon wieder muss ich neue Verletzungen an ihm feststellen. Und leider lässt sich der violette Handabdruck auf seinem Gesicht auf keine Explosion schieben.
„Ich...ich wusste nicht, dass hier Kinder sind... Es gibt keine...keine Aufzeichnungen über sie", stammelt sie überfordert.
„Ihr hättet sie bemerkt, hättet ihr euch genügend Mühe gegeben", erwidert Liam trocken und schickt ein paar der Kinder zu Alec herüber.
Geradezu sehnsüchtig beobachte ich Alec und wie liebevoll er mit den Kindern umgeht. Beinahe wie ein richtig liebender Vater. Jemand, den er nie hatte. Den keiner der Hydra-Kinder hatte.
Trotzdem können sie es. 
Kümmert Riley sich auch wie eine Mutter um die Kinder? Ist sie auch die weibliche Bezugsperson, die sie niemals haben durfte?

Alec hebt seinen Blick und begegnet meinem. Ein sanftes und vorsichtiges Lächeln schiebt sich auf seine Lippen. Er weiß, dass ich an sie denke.

„Wie dem auch sei. Alec Miller, Sie sind verhaftet. Genauso wie Sie, Mister Price", fängt Olive sich wieder.
Fassungslos sehe ich zu ihr. Alec und Liam grinsen jedoch nur schelmisch.
„Das glaube ich kaum. Das hier ist das Land des Power Brokers. Er entscheidet, wer eingebuchtet wird und wer nicht. Und so leid es mir tut, aber wir genießen seine volle Gnade", stellt Liam klar.
„Sie sind international gesuchte. Madripoor ist zudem kein anerkanntes Land. Und selbst wenn es so wäre, müsste der Power Broker euch uns übergeben. Ihr könnt euch da nicht herausreden", versucht es Olive ein weiteres Mal.
Doch Alec lacht nur und krault den Hund, welcher sich auf den Rücken gedreht hat, um ihm seinen Bauch zu präsentieren. 

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Riley kommt bald, versprochen!

Ich hoffe ihr habt euch dennoch über den Teil gefreut ^^

LG

Alpha - New MissionWhere stories live. Discover now