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Wie Steve es mir verspochen hat, verbringen wir den Tag im Bett. Er hat das Frühstück nach oben geholt und nötigt mich jede halbe Stunde dazu wenigstens einen Bissen zu essen. Auch wenn ich inzwischen kotzen könnte und ihm das auch gesagt habe. Er lässt jedoch nicht mit sich reden.
Den ganzen Tag im Bett verbringen zu können hat etwas Beruhigenden. Ich habe keine Verpflichtungen zu erfüllen und niemand hat zu hohe Anforderungen an mich, unter welchen ich geradewegs hindurch marschieren würde.
Steve macht mit mir einen faulen Tag und die anderen kümmern sich darum eine Lösung und Ivanic zu finden. Ich bin froh um das Verständnis aller. Es erleichtert mich ungemein und ich kann mir wenigstens dort ein schlechtes Gewissen sparen. Auch wenn mein Verstand versucht, mich deswegen schlecht fühlen zu lassen.
Somit kuschle ich mich an meinen besten Freund und wir sehen uns einen Film an, den Sam und empfohlen hat. Es beschreibt die Geschichte des Kleinen Hobbits nur in Bildern und etwas schlechter erzählt. Das Buch mochte ich definitiv besser. Und das lasse ich Steve auch wissen.
Er lacht jedoch nur und sieht sich weiter den Film an. Von uns beiden war immer ich der Bücherwurm, während Steve sich lieber in einer Seitengasse prügelte. Oder irgend welche anderen kriminellen Machenschaften durchführte, wie zum Beispiel Ausweise fälschen.
Aber nicht damit wir uns in Bars schleichen, Alkohol trinken und Spaß haben konnten.
Sondern um zu wählen.
Typisch Steve eben.

Gegen ein Uhr mittags jedoch werden wir von ungewöhnlichen Geräuschen aus dem Bett gelockt. Mindestens Steve, denn ich will und kann noch nicht aufstehen. Ich sehe nur apathisch zur Tür und versuche die Geräusche einzuordnen.
Es klingt wie ein Kampf. Oder dass jemand gegen seinen Willen hier her geschleift wurde.
Misstrauisch sehe ich zu Steve, welcher sich wachsam neben die Tür gestellt hat. In diesem Zustand bin ich sehr verletzlich und leicht anzugreifen. Das ist uns beiden bewusst.
Plötzlich kratzt es an meiner Zimmertür und ich zucke zusammen. Mein herz beschleunigt sich und ich versuche nach hinten wegzurutschen. Wirkliche Angst verspüre ich jedoch nicht. Nur eine Vorsicht, welche schnell wieder Gleichgültigkeit platzmacht.
„Na komm Buck, wir müssen nachsehen. Außer uns sollte keiner hier sein", bemerkt Steve.
Ich schlucke und kämpfe mich etwas hoch. Es ist unglaublich anstrengend und ich glaube kaum, dass ich es schaffe. Hilflos wimmernd krache ich zurück ins Bett und bleibe geschlagen liegen.
„Hey schon gut, lass dir Zeit. In deinem Tempo Bucky, okay?", versucht Steve mich zu beruhigen.
Ich schließe jedoch nur deprimiert die Augen und lasse zu, dass eine Träne meinen Augenwinkel verlässt.
„Geh ohne mich, los. Ich bin sowieso keine Hilfe", murmle ich zitternd.
Doch Steve schüttelt den Kopf und kehrt zur mir ans Bett zurück.
„Kommt nicht in Frage, ich brauche dich, wenn etwas passieren sollte. Komm schon Buck, du hast es schon so oft geschafft, ich glaube an dich", muntert er mich auf.
Zudem greift er nach meinen Schultern und zieht mich hoch. Ich stütze mich an ihm ab und schaffe es tatsächlich auf die Beine und stehen zu bleiben!
Steve strahlt glücklich.
„Super gemacht, Bucky, ich bin stolz auf dich", meint er aufrichtig.
Ich nicke erleichtert und mir wollen schon wieder Tränen kommen. Aber auf keinen Fall Freudetränen. Eher Tränen der Scham.
Wie weit musste ich sinken, dass allein Aufstehen schon als Leistung betrachtet werden muss? Wie erbärmlich muss ein Mensch sein, um sich über so etwas zu freuen?
„Sink nicht ab Bucky, du machst das bis hier hin so gut. Aber wir müssen jetzt nachsehen, ja?", lockt Steve mich aus meinen Gedanken.
Ich sehe deprimiert zu ihm auf und nicke. Steve nickt zurück und zieht mich an der Schulter mit sich mit. Jeder Schritt erscheint schwerer als der vorherige. Doch ich kann nicht aufgeben. Nicht vor Steve.
Also kämpfe ich mich – mit vor Erschöpfung zitternden Beinen – durch.

Vorsichtig schleichen wir die Treppe hinab und lauschen auf jedes noch so kleine Geräusch. Inzwischen sind die Kamplaute verklungen, doch ich kann leise Stimmen hören.
Ist das Alec, der da spricht?
Fassungslos sehe ich um die Ecke, genauso wie Steve es tut.

Und tatsächlich steht Alec in unserem Wohnzimmer. Vor ihm auf dem Boden knien Sam, Olive und Zemo. Was tut er ihnen an?!
Mit einem Blick deutet Steve mir, zurückzubleiben. Ich zeige ihm mein Einverständnis mit einem weiteren Nicken und gehe hinter der Wand in Deckung. Versteckt lasse ich mich auf den Boden sinken, um das Zittern meiner Beine zu stoppen. Steve tritt hervor.
Lebhaft kann ich mich an die Bindung zwischen ihm und Alec erinnern. Alec war sehr zurückgezogen hat sich kaum jemandem offenbart, der nicht einer oder eine der anderen Kinder war. Selbst Steve, eigentlich Alecs Vertrauensperson, hatte es schwer, zu ihm durchzudringen.
Doch irgendwann hat er es doch noch geschafft. Und ich hoffe sehr, diese Bindung hat gehalten.

„Alec?", beginnt Steve vorsichtig.
Ich höre, wie Alec sich zu ihm herumdreht. Alec stockt hörbar, lässt sich aber nicht so beirren, wie wir beide es uns erhofft haben.
Und mit einem Mal kann ich mir vorstellen, wie es für Riley nach ihrer Befreiung war. Ich weiß nun, wie es ist, wenn man das Geschehnis nur durchs Gehör verfolgen kann. Und wie hilflos sie sich dabei wohl gefühlt haben muss.
„Was wird das hier?", versucht Steve ein Gespräch anzuzetteln.
„Der Power Broker hat ihn und Barnes ‚entführt'. Eigentlich war der Plan, dass er danach nicht mehr in Madripoor herumspaziert. Aber er wurde gesichtet. Immerhin hat Barnes sich zurückgehalten", klärt Alec ihn auf.
Mit er meint er sehr wahrscheinlich Zemo. Jemand anderes haben sie von hier nicht verschleppt.
„Das tut uns leid, daran haben wir nicht gedacht. Das wird nicht wieder vorkommen", versucht auch Steve zu deeskalieren.
Doch Alec lacht höhnisch auf und ich kann seinen verächtlichen Blick geradezu spüren. Damit hat er jedem hier klar gemacht, dass er sich damit nicht zufriedengeben wird.
„Und ich soll euch das einfach so abkaufen. Ich vertraue euch ja, aber an einem Ort wie diesem ist das sehr schwer. Auch wenn ich weiß, dass ihr nicht hierhergehört. Außer vielleicht er", er nickt sehr wahrscheinlich zu Zemo, „Aber wie sollt ihr garantieren, dass er zehn Minuten nachdem ich gegangen bin, nicht gleich wieder in die Welt hinausrennt?"
Steve knurrt auf und ich verspanne mich. Alec hat wirklich nicht mehr Vertrauen als damals. Was ich aber auch sehr gut verstehen kann. Ich hätte es in seiner Position auch nicht.
„Wie können wir dich überzeugen?", fragt Steve nach.

Pfotenschritte lassen mich aufsehen. Liam kommt mit kalter Maske auf mich zu. In der Hand hält er zwei Leinen. Die eine führt zu dem Cane Corso – Destino heißt er, glaube ich – und an der anderen zieht der Dobermann. River?
Alarmiert richte ich mich ein wenig auf und sehe zu dem Mann auf. Er greift mit der freien Hand in meinen Nacken und zerrt mich hoch.
Ungeachtet meiner gequälten Laute schleift er mich ins Wohnzimmer und wirft mich Alec vor die Füße. Ich schlage mit den Knien hart auf und sehe verstört zu Liam.
Was ist los mit ihm?

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Hier noch das versprochene Kapitel :)

Übrigens danke noch, für die dreihundert Reads :D

Bis nächste Woche dann ;)

Alpha - New MissionWhere stories live. Discover now