Kapitel 6

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,,Egal, was ich dir jetzt erzähle, es bleibt in diesem Raum und es darf niemand erfahren." Sofort nickt sie und reicht mir ein Taschentuch. Ich wische mir die ersten Tränen aus dem Gesicht und erzähle ihr dann die Kurzfassung der letzten drei Monate. ,,Also jetzt nochmal für mich. Du hattest was, mit dem besten Freund deines Kumpels. Der das aber auf keinen Fall erfahren sollte und deine Affäre hat dir jetzt dieses Paket geschickt, dass du heute Abend auf das Konzert gehst. So als wäre nicht gewesen und das sein bester Freund nicht checkt, dass er gewaltig scheiße gebaut hat und dich damit verletzt hat." Ich nicke und lasse den Kopf sinken.

,,Es klingt bescheuert und es hätte gar nicht erst soweit kommen dürfen, weil- Fuck, ja. Ich hab mich in meine Affäre verliebt. Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat, aber ich konnte mich ihm gegenüber öffnen. Du kennst die Geschichte mit Tom, dass ich mich danach in der Gegenwart von Männern, die mir näher gekommen sind, meistens nicht wohlgefühlt habe. Er hat mir zugehört, sich um mich gesorgt, wenn ich bei ihm war und im nächsten Moment war er wieder wahnsinnig distanziert, weil er dachte, dass Dag Verdacht schöpft. Und dann nach dem Abend in der Bar, da hat er einfach vollkommen übertrieben. Obwohl er immer der war, der darauf bestanden hat, dass das alles ohne Gefühle bleibt."

,,Ich weiß doch gar nicht, wie ich reagieren soll, wenn ich ihm heute gegenüber stehe." Unsicher bleibe ich vor dem Spiegel stehen und betrachte mein Outfit. Es besteht aus einer Mom-Jenas und einem Croptop, welches am Rücken durch ein paar Cutouts hervorsticht. Dazu ein paar weiße Chucks. Meine Haare fallen in leichten Locken über meine Schultern und dazu ein dezentes Make-Up. ,,Maus, mach dir keinen Kopf. Du siehst gut aus und kannst ihm gleich mal unter die Nase reiben, was er sich in Zukunft entgehen lässt. Lass es auf dich zukommen und schau einfach, wie er auf dich reagiert und zur Not bin immer noch ich da. Ich rette dich auch gerne aus der Situation, wenn es dir unangenehm ist." Dankbar sehe ich sie an. ,,Ach Emma, ich wüsste gar nicht, was ich ohne dich machen würde." ,,Heute Abend nicht auf das Konzert gehen und zu Hause auf der Couch versauern."

,,Charlotte!" Ich drehe mich um und blicke direkt in das Gesicht von Thilo und Benedikt, welche mich mit einem breiten Grinsen ansehen. Sofort werde ich in eine Umarmung gezogen und herzlich begrüßt. Ich stelle ihnen kurz Emma vor, bis die beiden schon wieder verschwunden sind. ,,Da bist du ja! Ich dachte schon, dass ich dich vor dem Konzert gar nicht mehr zu Gesicht bekomme." Sofort beginne ich zu Lächeln, als ich die Stimme Dag zuordnen kann. Er zieht mich sofort in seine Arme und blickt an mir herunter. ,,Gut siehst du aus!" grinst er und entschuldigt sich, da er schon wieder weiter muss. ,,Komm wir gehen schonmal raus und mischen uns unter die Leute." raune ich Emma zu, als wir um die Ecke biegen. ,,Verstehe." aufmunternd sieht sie mich an und wir verlassen den Backstage-Bereich, bevor Vincent uns entdeckt hat.

,,Ich hätte nicht gedacht, dass hier so viel los ist!" höre ich sie kurz darauf fassungslos flüstern. ,,Ist halt die bekannteste unbekannte Band der Welt." zucke ich mit den Schultern und seufze. ,,Genießen wir den Abend trotzdem und wenn ihr euch heute noch seht, ist es so. Ich bin bei dir und für dich da und wenn du hier raus willst, können wir das jederzeit. Schau dich an! Du siehst heute einfach nur unfassbar heiß aus. Er wird schon noch merken, was er an dir hat." Ich lächle und verstehe den Hintergrund ihrer kleinen Motivationsrede, welche tatsächlich ihre Wirkung zeigt.

Das Intro des Konzerts beginnt und ich spüre, wie mein Herz anfängt schneller zu schlagen. Kurz darauf betreten die beiden die Bühne und die Leute um uns herum schreien und klatschen wild durcheinander. ,,Das ist der Typ?" flüstert Emma mir leise ins Ohr und ich nicke nur langsam. Ich drehe mich zu ihr und erkenne ein leichtes Schmunzeln auf ihren Lippen. Ich sehe sie erwartungsvoll an, jedoch antwortet sie nicht gleich, sondern beobachtet noch einen Moment. ,,Er sieht gar nicht aus, wie der Badboy, den du mir beschrieben hast." Ich seufze. ,,Das hab ich am Anfang auch gedacht."

,,Ich glaub, da hat dich jemand entdeckt." höre ich Emma neben mir sagen und nicke langsam. Vincents Blick ruht seit ein paar Sekunden auf mir, zumindest bilde ich mir das ein. Die beiden sind gerade auf der kleinen B-Stage angekommen, welche nur wenige Meter von uns entfernt steht. Ein paar Songs später sind die beiden schon wieder auf dem Rückweg und ich atme erleichtert aus. Die ganze Zeit lag sein Blick auf mir, jedoch zeigte ich keine Regung und sang ausgelassen die Songs mit und würdigte ihn nur selten mit einem erwiderten Blick.

,,Vielen Dank Berlin!" ruft Dag in sein Mikrofon und wirft die letzten Blumen in die ersten Reihen und kurz darauf sind die beiden schon wieder von der Bühne verschwunden. ,,Hat es dir gefallen?" fragend sehe ich Emma an, welcher nur glücklich nickt. ,,Danke, dass du mich mitgenommen hast." zwinkert sie und ich winke nur ab.

Ich will mein Problem zurück- Vincent SteinWhere stories live. Discover now