Brickston

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Die Vyper steuert sicher und ruhig den Hafen von Brickston an und ich sehe mich um. Fischerboote und Touristen tummeln sich, als gäbe es hier etwas einzigartiges zu sehen - aber unter ihnen erkenne ich niemanden, der sich seltsam verhält oder auffällig erscheint.

Ein hilfsbereiter, älterer Herr zurrt die Yacht fest und nickt mir zu, als ich seine Geste dankend und ebenfalls nickend kommentiere. Dann verschwinde ich unter Deck um Aurora zu holen.

"Wir sind da." murmle ich und will wieder weg, da höre ich wie sie meinen Namen ruft. Ich bleibe stehen, so, daß sie mich gerade noch so sehen kann und warte, ob noch etwas kommt. "Ist es wirklich sicher? Ich meine... Vielleicht ist es das nicht." sagt sie zögerlich. Den Geräuschen nach zu urteilen nähert sie sich mir. Ich vermeide es sie anzusehen, nuschle die scheinbare Sicherheit daher und will schließlich weiter, als sie ihre Hand auf meinen Arm legt. Die Berührung löst eine leichte Gänsehaut aus. "Ich... Danke."

Ich helfe ihr über Bord, vergewissere mich das alles in Ordnung scheint und halte ihr anschließend ein paar Scheine entgegen, damit sie einen nicht ganz so schlechten Start hat und sich zumindest etwas zu Essen und vielleicht ein Zimmer nehmen kann. Was sie dann macht liegt nicht mehr in meiner Hand - ich habe ohnehin andere Pläne. Ich muss nach Hause, die Lage checken und dann suche ich dieses kranke Schwein, das für all den Kummer verantwortlich ist. "... Du willst zurück? Aber Du hast schon eine Weile nichts mehr gegessen. Iss wenigstens eine Kleinigkeit bevor du aufbrichst." murrt sie und ich sehe sie an. Ihre plötzliche Fürsorge irritiert mich. Plötzlich steigt mir der Duft von frischen Brötchen und Fisch zu Kopf und mein Magen beginnt zu knurren. Sie hat recht, auch wenn ich das wirklich ungern zugebe.

Gemeinsam schlendern wir entlang des Hafens, suchen uns eine kleine Nische zwischen zwei Ständen und genießen, was hier als Spezialität gilt. Die Menschen die vorüber laufen beäugen uns, was typisch ist aber ansonsten bleibt alles entspannt... Bis ich Aurora's Gesichtsausdruck sehe. Ihre Augen sind weit aufgerissen, ihre Farbe wechselt zu weiß und blass. "Was ist?" frage ich plump und drehe mich just in dem Moment um als ein Mann, dicht gefolgt von schwarzen Gestalten, auf uns zu schlendert. Er lächelt triumphierend. Aurora greift nach meinem Arm und zieht mich mit und sobald genügend Platz vorhanden ist rennen wir los. Was genau los ist weiß ich nicht, folge ihr aber dennoch. Immer wieder fällt ihr Blick nach hinten.

"Warte." rufe ich, will Aurora zum stehen bleiben bringen. "Mach doch mal halblang. Was ist los?"
Ungehindert läuft sie weiter, ignoriert meine Worte. Bei der nächsten Kreuzung biegen wir nach links ab, mein Blick fällt nach hinten. Im selben Moment höre ich Aurora's erstickten Schrei und als ich mich umdrehe um nach ihr zu sehen ist es schon zu spät. Der stechende Schmerz an meinem Kopf lässt mich taumeln, dann wird alles schwarz.

Langsam öffnen sich meine Augen wieder, die Umgebung ist verschwommen. Nach und nach stellt sich eine mir wieder klarere Sichtweise zur Verfügung - Wir sind nicht mehr da, wo wir zuletzt waren. In der Nähe höre ich das treiben der Menschen, doch hier wo ich gerade bin scheine ich alleine zu sein. Langsam richte ich mich auf, überprüfe ob ich irgendwie verletzt bin und schaue mich um.

Dann höre ich ein klappern, ganz in der Nähe. Dem Geräusch folgend finde ich die schwarzen Gestalten und den Mann, der uns zuvor gefolgt ist. Auf einem Stuhl direkt vor ihm sitzt Aurora, sie hat Angst. In einer fließenden Bewegung dreht der Mann sich zu mir, hält etwas in den Händen. Er lächelt. "Siehst du das? Dieses kleine Ding kann wahre Wunder vollbringen." erklärt er. "Nachdem du das Ortungsgerät gefunden hast, dachtest du wohl das alles erledigt sei. Du hast aber dieses kleine Schätzchen nicht gefunden."

Ein weiteres Ortungsgerät, aber ganz anders als das zuvor. Meine Gedanken rasen bereits, suchen nach einem Ausweg, als der Mann wieder zu sprechen beginnt.

"Es ist Wasser resistent. Extra entwickelt um Signale zu senden, sollte das andere Gerät ausfallen. Wir haben die ganze Zeit gewusst wo ihr seid und jetzt... Jetzt sollte ich mich bedanken das du mir meine Nichte wieder gebracht hast. Es war exzellente Arbeit."

Er ist es. Dario Marcello Sanchez.

Ich habe keine Zeit über seine Worte nachzudenken oder zu reagieren, denn Aurora schießt von ihrem Stuhl hoch, geradewegs auf mich zu. Die Ohrfeige hinterlässt einen Abdruck auf meinem Gesicht. Sie denkt ich habe sie verraten, verkauft. Womöglich denkt sie sogar ich habe ihr die ganze Zeit nur etwas vorgespielt um an die Informationen zu kommen, die ich unbedingt haben wollte... Dabei hat sie aber etwas wichtiges nicht bedacht : Wäre ich wirklich involviert, hätte ich anders gehandelt und nicht zugelassen das Zuhause jemand in Gefahr ist.

Dario lacht beim Temperament seiner Nichte. Wissend nickt er mir zu. "Fabelhaft." murmelt er. "Danke nochmal und,... Äh... Um weiteren Komplikationen aus dem Weg zu gehen wäre es natürlich besser, du folgst uns nicht."

Wut kocht über. Ein Blick genügt um zu wissen das hier nichts ist, womit ich mich zur Wehr setzen kann - alles was mir bleibt sind meine Fäuste. Die schwarzen Gestalten beginnen bereits Aurora weg zu schleifen - sie wehrt sich und schreit. Ein kurzer Moment der Erinnerung genügt um mir vor Augen zu führen was mit ihr geschehen wird - dasselbe wie Carina...

Dario macht den Fehler mir den Rücken zu kehren und diese Chance nutze ich. Ich schreie etwas in Aurora's Richtung, hoffe sie hört in diesem Moment auf mich und stürze mich auf Dario - der zwar leicht überrascht wirkt, sich aber schneller wieder befreien kann als mir lieb ist. Meine Fäuste rasen auf sein Gesicht zu, bringen ihn schließlich zum taumeln. Er spuckt Blut auf den Boden zu seinen Füßen, dann hebt er den Kopf - erfolglos. Ich bin schon längst beim nächsten Schritt.

Die beiden Äffchen die Aurora weg zerren wollen rechnen nicht damit das Aurora's Gegenwehr das kleinste Übel ist. Einen von den beiden packe ich an den Schultern, ziehe ihn nach hinten und verpasse ihm einen Schlag. Der andere will zum Angriff übergehen, aber Aurora verhindert das. Mit voller Kraft schlägt sie ihre Nägel in den Arm des Idioten. Der Schmerz lässt ihn sich zu ihr umdrehen, dann schlägt er zu. Ich kann es nicht verhindern, bin zu langsam... Aber ich kann alles andere verhindern. Auch er wird auf den Boden befördert, drohend bleibe ich über ihm stehen. "Folgt uns nicht." knurre ich, nehme Aurora bei der Hand und renne mit ihr los.

Alles was wir jetzt noch tun müssen ist rechtzeitig zurück an den Hafen zu gelangen und von hier zu verschwinden.

Heart of Stone Where stories live. Discover now