Soulless

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Zwei Tage sitze ich nun mit Sanchez im Familien Mausoleum. Zwei Tage, in denen sein keuchen das einzige ist, was den Raum mit Lärm erfüllt. Mein Blick starr auf Carina's Grabplatte gerichtet setze ich den Bohrer an und jage ihn durch Sanchez Oberschenkel. Diesmal hält er sich nicht zurück, er schreit. Es ist wie Musik in meinen Ohren.

Was ich die letzten vergangen 48 Stunden mit ihm getan habe ist an Grausamkeit nicht mehr zu überbieten. Jede erdenkliche Folter habe ich praktiziert - darunter auch das durchtrennen der Achilles Sehnen - nur für alle Fälle. Ich will das er sich so hilflos und klein fühlt wie meine Schwester... Wie Aurora.

Aurora...
Allein der Gedanke an sie macht mich traurig. Ich habe nicht vor die Frist die ich selbst gesetzt habe einzuhalten, nein. Ich will das sie neu anfängt, eine Chance auf ein Leben ohne Drama und Gewalt haben kann. Das kann sie nicht, wenn sie bei mir bleibt. Meine Welt ist geprägt von Hass und Schmerz, von Gewalt und Tod. Und wenn ich ehrlich bin, will ich das überhaupt nicht für sie. Niemals. Nicht, wenn ich es sicher verhindern kann.

Es macht mich aber auch so unglaublich wütend, daß ich mir Sanchez erneut vorknöpfe. Er hat sich noch nicht richtig von meiner Bohr-Attacke erholt, da ramme ich sie ihm erneut in die Wunde. Er wird leiden, so wie Carina. So wie Aurora. So wie ich.

Blut klebt an meinen Händen. Das ist nichts neues und doch beunruhigt es mich zutiefst. Gedanken verloren versuche ich die Spuren meiner Abgründe weg zu wischen. Die Frist, sie läuft ab. Die Uhr tickt unaufhörlich. In wenigen Stunden bricht Tag 3 an und ich kann nur hoffen das Aurora meiner Aufforderung nach kommt und verschwindet. Mit dem was ich ihr zur Verfügung gestellt habe ist es ein leichtes für sie, das weiß ich - auch wenn mir bewusst ist, wie stur sie in Bezug auf das viele Geld sein kann.

Eine einzelne Träne bahnt sich ihren Weg, die ich zerknirscht fort wische. Das Herz in meiner Brust, welches sie erweicht hat... Es füllt sich nach und nach mit schwärze und wird zu Stein. Genauso, wie ich es von Anfang an gewollt habe, genauso wie es sein soll - genauso wie es war, vor ihr. Ich atme ein letztes mal tief durch, ehe ich zurück zu Sanchez gehe. Wir sind noch nicht fertig...

Der Geruch von Blut tränkt die Luft. Zu meinen Füßen befinden sich seine Zähne, die ich ihm allesamt ohne Betäubung heraus gerissen habe und auch wenn er weint und schreit findet er noch immer die Kraft zu fluchen. Seine Beleidigungen mir gegenüber prallen jedoch ab. "Du wirst sterben, Ezio. Du wirst elendig krepieren genauso wie deine Nuttenschwester nachdem ich sie gef*ckt habe. Und Aurora? Für sie habe ich schon einen Platz gefunden. Sie wird im Darknet weltberühmt wenn man dabei zu sehen kann wie sie vergewaltigt und gefoltert wird."

Er ist ein Sadist, durch und durch. Das weiß ich nicht erst seit jetzt - trotzdem erschüttert es mich innerlich seinen Fantasien zu lauschen. Nach außen hin lächle ich. "Du hast was vergessen, Sanchez... Ich bin es der den Kopf der Schlange in seiner Gewalt hat. Du bist schon eine Weile hier und niemand, wirklich niemand sucht nach dir. Niemand wird kommen um dich hier raus zu holen und deine Fantasie umzusetzen. Und weißt du auch wieso? Sie alle wissen das die wirkliche Gefahr von mir ausgeht. Also lass uns doch mal nachprüfen wie hart du wirklich bist, hm?" sage ich und lächle ihn schief an. In meiner Hand befindet sich bereits das nächste Werkzeug für seine Bestrafung.

Der Tag endet damit das Sanchez sich eingenässt hat. Kochend heißes Wasser läuft über seinen mittlerweile extrem geschundenen Körper um den Gestank zu minimieren. Er hat nicht einmal mehr die Kraft aufzuschreien. Ich befinde das es für heute genügt, schiebe ihm den Knebel tief in den Mund und sorge dafür das die Fesseln sehr fest sitzen, ehe ich verschwinde. Ich bleibe in der Nähe des Mausoleums, schaue hoch zu den Sternen und denke wieder an Aurora und daran, daß sie nun - wo auch immer das ist - ein besseres Leben leben kann. Unsere Begegnung hat mich verändert und ich bin dankbar für das, was sie mir entgegen gebracht hat. Allein deshalb verdient sie mehr, als sie ihr ganzes Leben über bekommen hat.

Mit diesem Gedanken lehne ich mich zurück, fahre meinen Motor herunter und schließe die Augen. Ich bin am Ende.

Ein Geräusch reißt mich aus meinem Schlaf. Zuerst denke ich, daß ich es mir nur eingebildet habe, doch dann ertönt es erneut. Sofort springe ich auf, denn ich weiß ich bin hier alleine - und da die Geräusche nicht von mir kommen, kann das nur bedeuten... Oh nein.

Ich renne los, bremse dann aber abrupt ab als ich eine Gestalt bei Sanchez sehe. Die Person kniet vor ihm und flüstert ihm etwas zu. Ich greife nach meiner Waffe, entsichere sie und ziele auf diese Person. "Weg von ihm." knurre ich. "Wenn du gekommen bist um ihn zu befreien muss ich dich enttäuschen. Er wird hier sterben. Solltest du also an deinem Leben hängen, dann..."

Ich verstumme als sich die Person herum dreht. Durch das Sweatshirt und die Kapuze auf dem Kopf habe ich nicht erkannt wer vor mir steht. Meine Waffe sinkt, ehe sie krachend auf dem Boden landet.

Ich beobachte jeden Schritt genau, wage es aber nicht mich vorwärts zu bewegen. "Was... Wie..." murmle ich ohne einen richtigen Satz heraus zu bringen. Dafür ist die Person vor mir deutlich rede gewandter. "Ich habe auf dich gewartet. Wie du gesagt hast. Und ich war aufgebrochen als du nicht zurück gekommen bist. Aber dann, kurz bevor ich die Grenze überqueren konnte, dachte ich an das was du für mich getan hast. Und der Gedanke das du das hier nicht überlebt hast, das er dich... Getötet hat und mir weiterhin auf den Fersen ist, hat mich wahnsinnig gemacht. Ich musste es wissen... Also habe ich dich gesucht. Und... Es war nicht schwer auf diesen Ort zu kommen. Hier hat alles begonnen, hier endet alles." flüstert Aurora. Sie zieht die Kapuze von ihrem Kopf, ihre Augen schimmern. Sie lebendig und wohlauf zu sehen macht mich unglaublich glücklich, allerdings gefällt es mir nicht das sie hier ist und sieht, zu was ich fähig bin. "In unserer Familie ist es Tradition das Sterbesakrament vorzunehmen - egal was der Sterbende getan hat als er noch voller Lebenseifer war... Deswegen habe ich vor ihm gekniet... Um zu beten." erklärt sie.

Da ich nicht reagiere dreht sie sich erneut zu ihm, greift in ihre Hosentasche und kippt etwas von dem Inhalt eines kleinen Fläschchens auf ihre Handfläche. Sie zeichnet ein Kreuz auf die Stirn von Sanchez und geht dann um, um die Geste auch auf seinen Handinnenflächen zu wiederholen. Ich halte mich bedeckt und greife auch nicht ein, als sie ihm über den Kopf streichelt. "Du hast unglaublich viel Schmerz und Leid über die Menschen gebracht." flüstert sie Sanchez zu. "Es ist Zeit das zu beenden."

Langsam hebt er den Kopf und sieht sie an. Er blickt dem Menschen entgegen, dem er am meisten geschadet hat, der ein Teil seiner Familie war - und versucht zu lächeln. Doch so schnell wie das lächeln auf seine Züge getreten ist, so schnell verschwindet es auch wieder. Ich trete näher heran und sehe den Grund, der sich tief in sein Herz gebohrt hat. Jeglicher Lebensfunke erlischt und kurz darauf ist er tot. Ein gezielter Dolchstoß ins Herz - ausgeführt von einem seiner Opfer.

Es ist vorbei.

Aurora schreitet an mir vorüber um an die frische Luft zu kommen. Ich folge ihr. "Du hattest nicht vor zurück zu kommen, oder?" fragt sie schließlich. Der Wind weht zornig um uns herum. "Nein." sage ich schließlich. Es ist die Wahrheit, also spare ich mir eine große Erklärung. Aurora's Gesicht verzieht sich schmerzhaft und sie nickt. Hier, inmitten des Chaos, umgeben von Tod und Verdorbenheit steht mir die einzige Person gegenüber die mir noch etwas bedeutet... Und alles was ich tun kann ist hilflos dabei zu zu sehen wie es sie quält...

Wie die Wahrheit sie verletzt.

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