Cruel desire

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Aurora steht am Fenster und beobachtet das wilde treiben meiner Leute im Hof unter ihr. Noch immer misstraut sie ihnen, was ich absolut als klug empfinde. Sobald ich die Tür hinter mir schließe zuckt sie zusammen als hätte ich sie bei etwas schlimmem erwischt. Schnell fängt sie sich wieder, dreht sich zu mir und verschränkt die Arme. "Das war also alles Fake, ja? Oder erzählst du mir jetzt das ihr mich wirklich ausliefern wolltet?"

Ihre Stimme ist anklagend. So intelligent sie manchmal ist, so begriffstutzig kann sie auch sein. "Wenn ich das gewollt hätte wärst du nicht hier, richtig?" antworte ich. "Es war ein Hinterhalt, oder... Zumindest war es als solches geplant. Sanchez sollte sich in Sicherheit wiegen bis wir zuschlagen. Und der einzige Weg war dich als Lockvogel einzusetzen."

Aurora verkürzt den Abstand zwischen uns und holt aus. Ihre Handfläche knallt laut gegen meine Wange. Verdient, wie ich finde - jedoch macht es mich trotzdem wütend, daß sie mich schlägt. Schließlich habe ich sie nicht weg gesperrt und sogar gerettet... Wenn man es aus meiner Sicht betrachtet. "Mach das nochmal und es wird dir leid tun. Versprochen." drohe ich. Wieder hebt sie die Hand, doch bevor sie erneut zuschlagen kann greife ich sie an. Mit einer Wucht gegen die sie nicht ankommt stoße und dränge ich sie gegen das Fenster. Unsere Nasenspitzen berühren sich fast.

Wut vermischt sich mit Begierde, doch ich warte was sie als nächstes tun wird, hoffe und bete das sie die Grenze die ich ihr gesetzt habe überschreitet. Ich kann sehen wie ihr Brustkorb sich hektisch hebt und senkt. Lauernd auf das was als nächstes kommt starre ich direkt in ihre Augen, was sie nur zu gern erwidert. Schließlich bin ich es, der einknickt und etwas Abstand sucht.

Nachdem ich sie alleine gelassen habe - nicht zuletzt um einen freien Kopf zu bekommen - sind Stunden vergangen. Gespräche, Predigten und einige Gläser Alkohol später, denen ich mich ausgesetzt gefühlt habe zwischen Casio und meinen Männern ziehe ich jedoch den Stecker. Für das was auf uns zu rollt müssen wir weitaus stärker und konzentrierter sein, weshalb eine Mütze Schlaf wohl nicht die schlechteste Idee ist.

Das Schlafzimmer meide ich absichtlich, will keinen Streit oder unnötige Diskussionen führen.

Im Wohnzimmer angekommen lasse ich mich mit einem seufzen auf das Sofa fallen. Alles um mich herum ist still und friedlich, doch ich kann den Sturm der sich in mir selbst aufbaut kaum leugnen. Die Frage die mich immer wieder beschäftigt, drängt sich erneut auf : Wie konnte ich an diesen Punkt gelangen? Der eigentliche Plan war doch so klar, so durchdacht... Und jetzt steht alles Kopf - was vor allem an der jungen Frau in meinem Schlafzimmer liegt. Sie sollte nicht hier sein, sie sollte nicht mal mehr leben... Doch die Wahrheit über ihre Familie, über all das was ich zu wissen geglaubt habe und über Sanchez, der der eigentliche Tyrann ist, haben meine Meinung geändert.

Ein plötzliches Geräusch hinter mir lässt mich blitzschnell hoch schießen. Eine Hand befindet sich bereits an der Waffe. Ich drehe mich um, rechne damit das Sanchez triumphierend und lächelnd einen Weg in dieses Haus gefunden hat und gekommen ist um uns alle zu töten, doch stattdessen nehme ich schwach die Silhouette von Aurora wahr. Halb im Dunkeln versteckt wirkt sie wie ein Geist.

"Was willst du?" frage ich in die Dunkelheit, aus der sie wenige Momente später heraus tritt. Noch immer trägt sie mein Shirt. "Du solltest schlafen. Wir haben morgen viel zutun."

Aurora antwortet nicht, kommt aber näher. Ihre Fingerspitzen gleiten über Möbelstücke, bis sie mich erreicht. Direkt vor mir bleibt sie stehen, sieht zu mir hoch. Ich erwidere den Augenkontakt, betrachte sie genau - stets auf der Hut vor einer nächsten Ohrfeige.

"Ich habe ein Gespräch belauscht." beginnt sie schließlich. "Zwei deiner Männer haben darüber spekuliert wieso ich noch lebe und mich im Haus frei bewegen kann. Einer von ihnen war sich sogar sicher dass das alles nur Taktik ist und ich sicher am Ende der Woche tot sein werde. Aber der andere widersprach, meinte sogar du seist weich geworden... Also habe ich gewartet bis du zurück kommst, aber das hast du nicht getan. Jetzt bin ich hier und will wissen wieso. Ich bin neugierig."

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