Gone Girl

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Es ist früh am Morgen und ich unterhalte mich gerade mit Casio im Innenhof als laute Geräusche zu uns durch dringen. Casio verzieht eine Augenbraue und sieht an mir vorbei, beobachtet wie die Tür sich öffnet und zwei meiner Männer, die Aurora flankieren, hinaus treten. Ihr wildes Geschrei und ihre Gegenwehr erschüttert das gesamte Anwesen. "Lasst mich los, verdammt!" schreit sie immer wieder. Ich drehe mich nicht um, auch wenn ich so die Konfrontation nicht umgehen kann... Dafür ist sie viel zu wütend. Schließlich kann sie sich los reißen und ihre Schritte auf dem Beton verkünden, dass sie sich mir nähert. "Was zum Teufel ist hier los?" knurrt sie. "Ich wache auf und werde von diesen Idioten aus dem Bett gezogen!"

Casio der immer noch wenig von ihr hält schüttelt leicht den Kopf und tritt den Rückzug an. Er will das ich meinen Scheiß regele - alleine. "Sie werden dich weg bringen." antworte ich schließlich und drehe mich zu ihr. Ganz wie vorhergesehen starrt sie mich ungläubig an. "Das hätte schon die ganze Zeit passieren sollen und jetzt setze ich es in die Tat um. Du bekommst etwas Geld und wirst an einen sicheren Ort gebracht von wo aus du neu durchstarten kannst. Genau so, wie auf der Vyper besprochen."

Aurora's Gesicht verliert an Farbe. Minuten vergehen ohne ein Wort und ich vermeide es sie anzusehen, richte mein Hemd und meine Manschetten nur um etwas zutun zu haben. Die Situation ist eindeutig unangenehm. "Du schickst mich weg." sagt sie plötzlich. "Nach allem was war, schickst du..."

"Ich schicke dich weg weil es das ist worauf wir uns geeinigt haben. Wir hatten einen Deal, Aurora. Sanchez wird keine Möglichkeit bekommen dir nachzujagen, du kannst tun und lassen was du willst. Das ist es doch, was du wolltest." unterbreche ich sie. Meine Männer treten vor, flankieren sie erneut - einer greift nach ihrem Arm um sie weg zu ziehen, doch sie wehrt sich. Er kassiert eine Ohrfeige für seine grobe Art, reagiert aber nicht darauf - ganz wie besprochen. Er weiß was ihm blüht, wenn er sie verletzt.

Es dauert gut 15 Minuten bis sie sie ins Auto verfrachtet haben und da ich weiß das es das letzte Mal sein wird das ich sie sehe lasse ich mir es auch nicht nehmen sie noch einmal anzusehen. Vorwurfsvoll erwidert sie den Augenkontakt, aber das ist nicht alles. Ich kann sehen wie ihre Augen mit Tränen gefüllt sind. Trotzdem bleibe ich bei meiner Entscheidung. Der Motor startet und der Wagen setzt sich in Bewegung... Und damit ist Aurora für immer aus meinem Leben verschwunden.

Das Haus ist still - so wie es vor Aurora war - aber es ist unangenehm. Ich habe mich so sehr daran gewöhnt sie in meiner Nähe zu wissen, das ich mit dem plötzlichen allein sein nicht zurecht komme. Aber es ist notwendig, mehr denn je. Ich rede mir ein, daß es das beste für uns alle ist, schließlich muss mein Fokus auf etwas ganz anderem liegen... Und sie? Sie kann mit dem Geld das ich in den Wagen gepackt habe tun, was immer sie möchte. Weit weg von all dem hier, was sie ängstigt. Weit weg von Sanchez und der kaputten Familie, die sich nicht für sie eingesetzt hat. Weit weg von all dem Tod und der Verderbtheit die überall lauern. Weit weg von mir...

Als Casio hinein kommt verdränge ich meine Gedanken um so teilnahmslos wie möglich auszusehen. "Wenn Sanchez erstmal tot ist, sollte wieder Normalität einkehren. Vor allem jetzt, wo diese nervige Frau deine Sinne nicht weiter vernebelt." spuckt er mir entgegen. Wie gern ich ihn dafür bestrafen würde, weiß nur ich. "Also gut. Sanchez weiß das wir hier sind. Er nimmt immer noch an, das du nicht alleine bist und da er zwei Dinge haben will ist es nur logisch das er angreift. Darauf warten wir, aber wir sind vorbereitet. Die Männer wechseln sich in Schichten ab und bewachen das Areal."

Gut vorbereitet wie es sich gehört kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Ich sollte froh darüber sein, kann es allerdings nicht so zeigen. Etwas gänzlich anderes lässt mir keine Ruhe... Und es ist nicht Sanchez oder einer seiner Lakaien. "... EZIO? HALLOOO?" stößt Casio mich an. "Hörst du zu? Was ist los mit dir?"

"Danke das du dich um alles gekümmert hast. Ich lege mich jetzt hin, ich bin müde." ist das einzige was ich erwidere. Casio hält mich nicht auf, lässt es sich aber nicht nehmen irgendwelche Flüche zum besten zu geben. Ich hoffe das dieses betäubte Gefühl, das nicht nur meinen Kopf teils lahm legt sondern meinen Körper geiselt nachlässt sobald ich zur Ruhe komme, doch dem ist nicht so... Es verstärkt sich vielmehr...

Der nächste Morgen kommt viel schneller als mir lieb ist. Total gerädert empfange ich zum morgendlichen Bericht im Innenhof meine Männer. Gerade als ich meine Ansprache beginnen will kommen die beiden, die Aurora weg gebracht haben mit dem Wagen zurück. Lässig steigen sie aus und gesellen sich sofort zur Gruppe. Keiner sagt auch nur ein Wort.

Casio der manchmal eher ein Trampel ist  lässt es sich nicht nehmen nachzuforschen. "Habt ihr die Schlampe abgesetzt?" fragt er. Meine Nackenhaare stellen sich. "Ich hoffe sie hat nicht wieder Probleme gemacht. Jedenfalls haben wir nun eine Sorge weniger."

Mir behagt nicht wie er über sie spricht, doch ich lasse mir nichts anmerken. Zu groß wäre die Gefahr, er würde hinter die Fassade sehen die ich so mühevoll aufrecht erhalte und mich dahinter verstecke.

Schnell rattere ich meine morgendliche Begrüßung herunter, gebe Anweisungen und instruiere was im Falle von Sanchez persönlichem Auftreten geschehen soll - er allein gehört mir. Mich interessieren seine Lakaien nicht und auch nicht, was mit ihnen geschieht - allss was ich will ist Sanchez selbst. Jeder meiner Männer nickt, doch einer sieht mich etwas kritisch an. "Soweit klar, aber... Ähm.. Was ist mit Atkinson? Ich meine er hat Hochverrat begangen."

Ja, das hat er. Und in diesem Moment wo ich hier stehe und mich meinen Männern gegenüber sehe, bekommt Atkinson auch schon seinen Lohn für seine Tat - zu hören an all den Sirenen die in weiter Ferne umher streifen. "Atkinson wird andere Probleme haben. Schließlich brennen all seine Besitztümer. Sollte er auf Rache sinnen und hierher kommen tötet ihn... Allerdings halte ich ihn für klug genug sich fernzuhalten. Er hat meine Warnung sicher verstanden."

Damit beende ich das morgendliche Meeting, ziehe mich langsam aber sicher ins Haus zurück - darauf wartend das Sanchez zum Showdown bereit auftaucht und wir diesen Tanz ein für allemal hinter uns bringen können.

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