22.

21 2 0
                                    

Tia und Joran hatten die Lichtung gerade erst betreten, als sich auf einmal Samuel vor ihnen aufbaute.
Streng sah er auf die beiden Jugendlichen hinab.
„Wo kommt ihr her?", hakte er verärgert nach.
Kurz wanderte sein Blick hinter die die zwei Halbwüchsigen.
„Yagon ....", wandte er sich knurrend an seinen Bruder. „Ich dachte eigentlich, ich kann mich auf dich verlassen. Stattdessen komme ich hierher und muss erfahren, dass du meine Tochter und ihren Freund suchst."
Betroffen senkte Yagon den Blick.
Hilfe suchend sahen Tia und Joran sich nach ihm um, doch der ältere Werwolf schüttelte nur den Kopf. „Da kann ich euch jetzt auch nicht mehr helfen..."
„Kommt mit. Alle drei."
Joran winselte leicht auf, als Samuel seine Alphastimme einsetzte. Selbst Yagon machte sich sichtlich kleiner. Tia hingegen schluckte nur schwer und folgte ihrem Vater.

In der Mitte der Wiese war ein Zelt für den Alpha aufgestellt worden.
Ohne sich nach seinen drei Begleitern umzusehen, ging Samuel darauf zu, schlug die Plane zur Seite und trat hinein.
Tia atmete tief durch und folgte dem Alpha mit Joran und Yagon dicht auf den Fersen.
Erst, als alle im Zelt angekommen waren, drehte sich Samuel zu seinen ‚Gästen' um.
„Und jetzt will ich wissen, wo ihr wart. Und ..." Sein Blick wanderte streng zu seiner Tochter.
„... ich will die Wahrheit hören. Ich weiß ohnehin bereits von Magnus, dass ihr die ganze Nacht nicht im Lager wart. Also... Ich höre?"
Tias Augen blitzten freudig auf. „Wir haben ein Höhlensystem gefunden und es erkundet und..."
Bevor Tia weiter sprechen konnte, donnerte Tias Vater bereits los. „Ihr wart alleine in den Höhlen? Es gibt nicht umsonst das Verbot, die Gänge zu betreten!"
„Aber...", setzte Tia erneut an, doch Samuel ließ ein tiefes Knurren erklingen. „Ich will nichts über die Stollen hören..."Frustriert und wütend senkte Tia ihren Blick.
„Und nun zu dir, Joran...", wandte sich Samuel noch immer verärgert an Tias Freund.
„Ihr hattet mir versprochen, dass ihr euch an alle Anweisungen halten werdet. Ich denke nicht, dass ich fragen brauche, wessen Idee das war. Und du, Joran, musstest natürlich wie immer mitmachen. Ich bin sehr enttäuscht von euch Beiden."
Als Letztes wandte er sich an Yagon.
„Was dich betrifft, Yagon...." Samuels Blick schien seinen Bruder regelrecht zu durchbohren.
„Ich hatte mich auf dich verlassen, darauf, dass du die Zwei nicht aus den Augen lässt. Was also ist passiert?"
Yagon schluckte schwer. „Bereits am Nachmittag hatten die Beiden die Lichtung verlassen. Ich habe sie hinter einem Geröllhaufen gefunden", begann der Werwolf zu erklären.
Vorwurfsvoll sah Tia zu ihrem Onkel, doch noch bevor sie etwas einwenden konnte, knurrte Samuel sie warnend an.
„Da Tias und Jorans Begründung mehr als nur fadenscheinig war ...", fuhr Yagon fort. „Hatte ich Magnus auf sie angesetzt, um sie im Auge zu behalten. Er hat mich auch sofort informiert, als die beiden das Höhlensystem betreten haben. Da sie aber Kerzen und Kohle zum Markieren der Wege dabei hatten, habe ich keine zu große Gefahr gesehen und vor dem Zugang gewartet. Zumal wir ohnehin allesamt zu groß sind, um durch den Durchgang zu passen."
Samuel knurrte unwillig. „Na immerhin wart ihr vernünftig genug, euren Weg zu markieren."
„Vater ... die Gänge ..."
Erneut unterbrach Samuel seine Tochter. „Ich habe gesagt, ich will nichts davon hören, Tia."
Das Mädchen fluchte leise.
„Treib es nicht noch mehr auf die Spitze, Tia. Ihr zwei werdet bis auf Weiteres hier in diesem Zelt bleiben. Ihr werdet es nicht verlassen – egal was ist. Heute Mittag kehrt ihr mit mir in unser Dorf zurück. Dort angekommen werdet ihr ins Rudelhaus gehen und dieses nicht mehr verlassen, bis wir hierher umziehen. Haben wir uns verstanden?"
Joran nickte leicht. „Ja, Alpha."
Samuels Blick ruckte zu seiner Tochter. „Ja, Vater...", grummelte sie.
„Gut. Yagon... Du kommst mit mir mit."

Kaum, dass Samuel und Yagon das Zelt verlassen hatten, kratzte sich Joran leicht am Kopf. „Dein Vater ist ZIEMLICH wütend... Da haben wir uns ordentlich Ärger eingehandelt, Tia. Zumal wir ihm versprochen hatten, uns zu benehmen."
Langsam nickte Tia. „So wütend habe ich ihn auch noch nicht erlebt. Wenn er uns doch nur zuhören würde, was wir entdeckt haben..."
Joran schüttelte den Kopf. „Das ändert doch auch nichts daran, dass wir unser Wort gebrochen haben."
„Aber es könnte dennoch helfen."
„Das schon. Vielleicht erzählt Yagon es ihm ja ..."
Tia brummte unwillig. „Vorausgesetzt er ist bereit, Onkel Yagon zuzuhören... Ich muss mit Vater reden. Er MUSS mir einfach zuhören..."
Energisch schritt sie auf den Zelteingang zu, doch noch bevor sie die Plane überhaupt berühren konnte, schob sich ein Kopf herein. „Der Alpha hat angeordnet, dass ihr das Zelt nicht verlassen dürft."
Tia fluchte leise und trat verärgert auf den Boden. „Ich muss mit meinem Vater reden. Es gibt etwas, das er erfahren muss."
Noah schüttelte den Kopf. „Ich kann nichts für dich tun, Tia. Ich habe dem Befehl des Alphas zu gehorchen. Und er will gerade nicht gestört werden, während er mit Yagon redet."
Tia fluchte erneut, ließ sich dann aber von Joran weg vom Eingang ziehen.
Unterdessen standen Yagon und Samuel hinter dem Geröllhaufen, wo der Alpha sich erneut erklären ließ, was in der Nacht geschehen war.
„Samuel... Tia hat eine Entdeckung gemacht die ..."
Samuel hob die Hand. „Ich habe gesagt, ich will nichts davon hören, Yagon. Und das gilt auch für dich."
Der andere Werwolf schüttelte den Kopf.
„Nein, Samuel. Du hörst mir jetzt zu. Du magst der Alpha sein, aber jetzt gerade bist du einfach nur verbohrt, weil du wütend bist."
Überrascht über den Tonfall seines Bruders hielt Samuel inne. Langsam nickte er. „Also gut. Dann erzähle mir, was Tia entdeckt hat."
Yagon lächelte sacht. „Die zwei waren die ganze Nacht in den Gängen unterwegs. Sie wollten schon umkehren, als sie auf eine unterirdische Quelle gestoßen sind. Sie sind dem Wasserlauf gefolgt, landeten aber schließlich in einer Sackgasse. Tia und Joran sind sich sicher, dass hinter dieser Wand die Höhle unseres Dorfes liegt."
Samuel hob skeptisch die Augenbraue. „Wie kommen sie darauf?"
Yagon zuckte leicht die Schultern. „Joran meinte, er hätte Geräusche gehört. Es hätte geklungen, wie die schlafenden Rudelmitglieder."
Mit einem unwilligen Brummen trat Samuel näher an den versteckten Spalt, doch er sah keine Chance, wie er sich durch diesen hindurchzwängen sollte.
Sanft legte Yagon seinem Bruder die Hand auf die Schulter.
„Tia und Joran mögen ihr Wort gebrochen haben. Aber ihre Entdeckung – wenn sie sich bewahrheitet – könnte uns vieles erleichtern."
Samuel nickte. „Ich weiß. Aber dennoch: Meine Tochter hat mich schwer enttäuscht. Sie hatte es mir hoch und heilig versprochen."
Yagon seufzte. „Wir sind nicht unschuldig an Tias Verhalten. Seit dem Tod ihrer Mutter hat jeder im Dorf alles für sie getan... Sie hatte im Grunde Narrenfreiheit."
„Umso wichtiger, dass sie endlich lernt, dass ihr Handeln Konsequenzen hat."
Einen Augenblick blickte Samuel nachdenklich auf den Zugang zum Höhlensystem.
„Bring mir eine Laterne, Yagon. Ich versuche solange, den Spalt zu erweitern. Ich muss mich selbst überzeugen, ob Tias und Jorans Vermutung stimmt."


Die Julius Chroniken - Teil 1: Die ProphezeiungNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ