● klarheitverschaffende nachricht ●

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Während ich meine Runden mache und dabei gebannt auf meine sich bewegenden Füße starre, denke ich nach.
Ich denke nach über die letzten Jahre und darüber, wie sehr ich mich verändert habe.
Leider haben diese Veränderungen nur wenige Menschen wirklich bemerkt, aber diese Menschen sind auch jene, die ich über alles liebe. Ich rede hier von Menschen, die immer zu mir halten, so wie ich zu ihnen halte. Ich rede von Menschen, die immer ein offenes Ohr für mich haben und ich rede von Menschen, die ich ganz stolz meine Familie bezeichne, auch wenn sie theoretisch nicht mit mir verwandt sind.
Über die letzten Jahre habe ich mich verändert; durch sie und durch Situationen, in denen ich nicht ich Selbst war.
Heute bin ich mehr ich selbst, als ich es jemals war und ich stehe zu mir. Stehe zu all meinen positiven als auch eher ungewöhnlichen Eigenschaften und Interessen. Stehe zu meinem Aussehen, zu meiner Stimme, zu meinen Talenten.
Ich bin selbstbewusster denn je, zumindest dachte ich das.
Gerade geht es mir nicht gut.
Ich habe eine Nachricht erhalten, die mich verletzt hat.
Ich habe versucht weiterhin die Glückliche zu spielen, aber diese Aussage hat mich getroffen. Ich habe mehrere Stunden nicht gelächelt und drehe sinnlos Runden in meinem Zimmer, weil ich nicht weiß, wohin mit mir. Ich überdenke mein ganzes Leben und auch, ob ich mich denn wirklich so viel stärker fühle, als damals.
Eine klitzekleine Nachricht einer einzigen Person und ich fühle mich so wertlos. So hässlich und untalentiert. Ich hinterfrage alles; ob ich doch nicht so selbstbewusst bin, wie ich dachte.
Ich überlege, mein Studium abzubrechen. Ich überlege mich hier einzuschließen und nie wieder jemanden zu mir durchdringen zu lassen. Ich überlege meine Sinne zu betäuben; wie damals.
Aber all das tue ich nicht.
Stattdessen lege ich mich in mein Bett und schließe die Augen.
Ehe ich mich versehe ist der nächste Tag angebrochen.
Dieses Gefühl von Unlust ist immer noch spürbar, aber ich kann es verdrängen. Ich sehe in den Spiegel und versuche zu lächeln. Versuche das, was ich in den letzten Jahren gelernt habe, wiederzufinden. Ich lächle, obwohl es sich noch nicht ganz richtig anfühlt. Meine Mutter erwischt mich dabei und nimmt mich von hinten in den Arm.
Sie sagt mir wie hübsch ich heute aussehe und eine kleine Träne fließt meine Wange hinab.
Sie ist meine Mutter. Sie sagt das immer wieder. Aber ich bin ihr dankbar dafür und langsam fange ich wieder an, ihr zu glauben. Ich gestehe mir ein, dass diese Nachricht doch nicht so schlimm war, wie sie sich im ersten Moment angehört hat, trotzdem sage ich der Person, dass es mich verletzt hat.
Sie entschuldigt sich tausendmal und ich lächle wieder; dieses Mal fühlt es sich richtig an.
Eine gute Freundin von mir klopft an meine Tür und zerrt mich nach draußen in den Schnee.
Unlust verwandelt sich in Lebenslust und ich lasse mich auf dem weichen Schneebett fallen und breite Arme und Beine aus.
Ich lächle und ich mag mich wieder.
Ja, ich mag mich wieder, aber ich habe jetzt eingesehen, dass ich doch nicht so selbstbewusst bin, wie ich immer dachte.
Meine Freundin lässt sich auf mich fallen und wir bewerfen uns mit dem kühlen Schnee, bis unsere Wangen rot glühen.
Ich lebe wieder.
Und ich liebe mein Leben wieder.
Jetzt muss ich nur weiter daran arbeiten, um nicht wieder so weit zurückzufallen.
Diese mir Klarheit verschaffende Nachricht hat mir gezeigt, dass die Arbeit an mir noch nicht zu Ende ist; dass sie es wahrscheinlich niemals sein wird.

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weihnachtsträumerinWhere stories live. Discover now