● die einzelgängerin ●

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Ich war schon immer eine Einzelgängerin. Als Kind habe ich mich lieber mit mir selbst beschäftigt, als mich mit anderen lauten und versteckspielsüchtigen Gleichaltrigen zu beschäftigen. Ich habe lieber mit Puppen oder mit Legos gespielt; ganz für mich allein. Habe meinen Barbies die Haare geschnitten und gefärbt und sie liebevoll mit allen möglichen Lotionen und Spülungen gewaschen. Bin mit meinen Kuscheltieren Fahrrad gefahren und habe einen Picknickkorb gepacken, obwohl ich wusste, dass ich die Brötchen, Früchte und Kekse alleine genießen musste, weil ich meine Plüschtiere leider nicht mir nichts dir nichts zum Leben erwecken konnte. In der Mittelstufe habe ich schlechte Erfahrungen bezüglich Freundinnen gemacht und gemerkt, dass es vielleicht doch besser ist, mich mit mir selbst abzugeben und mich mit meinen verworrenen Gedanken zu beschäftigen. Meine beste Freundin war von einem Tag auf den anderen nicht mehr meine beste Freundin und ich hatte nicht einmal Mitleid mit mir selbst. Ich habe mich in schweren Zeiten nicht nach ihr gesehnt; war nur wütend auf sie, denn man lässt einen Mesnchen, der so oder so keine sozialen Kontakte hat, nicht einfach alleine. Aber was will man von 10-Jährigen auch erwarten. Ich wusste von Anfang an, dass mich Freunde nicht weiterbringen würden und wie sich herausstellte, lag ich richtig. In meiner Teenagerzeit hatte ich zwar wieder einige Bekanntschaften gemacht, mit denen ich mich aber wenig bis so gut wie gar nicht auseinandergesetzt habe. Ich war auf keiner Party und habe nicht das gemacht, was normale 16-Jährige tun. Ich habe nichts getrunken oder Nächte bei Jungs verbracht. Ich hatte noch keinen körperlichen Kontakt zu männlichen Wesen. Ich war eigentlich immer ziemlich in mich gekehrt und habe irgendwie versucht, mich mir selbst zu widmen und mein Leben mit mir selbst zu leben. War lieber bei meiner Familie. Habe Gespräche mit meinem Bruder geführt und wenn er bei Freunden war, habe ich mich mit meiner Mutter unterhalten. Mein Vater hat mir immer schon gesagt wie stolz er auf mich ist, aber worauf sollte er stolz sein? Auf sein kleines Mädchen, dass nicht in der Lage ist, Menschen zu finden, die zu ihr halten und ihr in schwierigen Zeiten zuhören? Die sich lieber mit dem Lernen der umfangreichen Lösungswege des Zauberwürfels oder mit der Strickkunst beschäftigt? Die lieber mit ihrer Familie Kindersekt trinkt, als ihren jugendlichen Leichtsinn auszuleben und sich mit Freunden vollaufen zu lassen? Als ich eine gute Freundin kennenlernte, die mich förmlich zu Partys schleppte, bekam ich meinen ersten Kuss von einem um die 1,90 Meter großen Lockenschopf, der mein erster und auch letzter Freund wurde, denn ich schwor mir, es nie wieder so weit kommen zu lassen, dass mein kleines, unerfahrenes Herz bricht. Kurzerhand steckte ich dann in einer ziemlichen Identitätskrise, in der ich mich auch mit Frauen ausprobierte, was mich auf meinem Weg jedoch nur noch weiter zurückgeworfen hat. Als sich die Probleme häuften wurde ich schlichtweg aromantisch und das werde ich auch so lange bleiben, bis ich mich wieder nach einer Beziehung sehne. Nach so viel Herzschmerz und Kummer wird das aber noch seine Zeit dauern. Die Freundin von der ich sprach, zog weg und so war ich wieder alleine. Mein Familie verlor ich durch einen Umzug und mein Studium beanspruchte zu viel Zeit, weshalb Besuche schwierig wurden. Selbst der Psychologiekurs und meine Therapeutin gaben mir keine Antworten auf das Denken der anderen Menschen und wieso sie sich so gerne von anderen verletzen lassen. Ich wurde meine eigene Therapeutin; kam mit mir selbst am besten klar. Niemand verstand, wie ich dachte oder wie ich mich fühlte. Niemand außer ich selbst. Ich bin glücklich. Ich bin glücklich, alleine lebend und mich selbst versorgend. Ich bin glücklich als Einzelgängerin.

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weihnachtsträumerinWhere stories live. Discover now