1 • Bodenklatscher und schlechte Filme

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Ich wachte früh auf und starrte eine ganze Zeit lang die Decke an.

Heute war mein Geburtstag.

Laut dem Wecker war es gerade mal viertel vor sieben am Morgen, zu früh für mich. Gerade als ich mich nochmal rumdrehen wollte, fiel ich mit einem lauten Knall aus dem Bett. Wäre ja eigentlich kein Problem, hätte ich kein Hochbett.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht fasste ich vorsichtig an meinen Kopf.

Da ich ja doch leider nicht tot war, musste ich mich für die getarnte Hölle fertig machen. Normale Menschen nannten sie Schule.

Schließlich erhob ich mich seufzend und tapste zum Kleiderschrank. Ich suchte mir einigermaßen annehmbare Kleidung raus und machte mich widerwillig fertig.

Ich war jetzt siebzehn Jahre alt. Vor einem Jahr wäre ich vor Aufregung gestorben, wenn es darum ginge, an meinem Geburtstag die Geschenke zu öffnen. Ich war schon immer ein sehr ungeduldiger Mensch gewesen. Ob sich das jemals ändern würde wusste ich nicht.

Gähnend schlenderte ich die Treppe runter und bog den Weg zur Küche ein.

"Alles Gute zum Geburtstag meine Kleine!" Meine Tante stürmte auf mich zu und zog mich in eine feste Umarmung.

"Am.. ich..keine..Luft. kriegen.." brachte ich hervor. Meine Tante ließ von mir ab und sah mich entschuldigend an. "Du weißt doch wie ich bin, wenn ich mich freue." murmelte sie verlegen und schaute zu Boden.

Ich lächelte. "Kein Problem, noch hast du mich ja nicht umgebracht." Sie lachte auf, was mich noch mehr zum Lächeln brachte.

"Komm, ich will dir dein Geschenk zeigen. Schließ die Augen."

Grinsend schloss die Augen und Tante Amelia führte mich ins Wohnzimmer. "Beweg dich nicht." sagte sie noch ehe sie leichtfüßig aus dem Raum verschwand.

Ohne die Augen zu öffnen ließ ich mich auf die Couch fallen, bereute es aber sofort, als jemand unter mir protestierte. "Autsch!" schrie ich und sprang von der Couch auf.

Ich hatte mich doch tatsächlich auf eine kleine Katze drauf gesetzt. Aber wir haben doch gar keine Katzen!

"Am!" brüllte ich durch den Raum, worauf kurz darauf auch meine Tante erschien. "Lina, ich finde dein Geschenk ... ach du hast es ja schon gefunden!" Ihre Miene hellte sich auf, als sie die mürrische Katze sah, die ihre Krallen ins Couch Leder bohrte.

"Was hast du gemacht, sie ist ja ganz verstört!" fragte sie mich empört worauf ich nur abwehrend meine Hände in die Luft hielt. "Ich hab mich ausversehen auf sie draufgesetzt."

Sie warf mir noch einen tadelnden Blick zu, ehe sie sich dem kleinen Fellknäuel zuwand und es hochnahm.

"Happy Birthday!" sagte sie fröhlich und reichte sie mir. "Danke Am!" Ich hatte mir schon immer eine Katze gewünscht, weshalb ich das Kätzchen überglücklich in die Arme schloss und kurz darauf auch meine Tante umarmte. "Miau!" quietschte das kleine Tier, wehalb ich sie runterlasse. Sobald sie den Boden erreicht hatte, ergriff sie die Flucht.

"Na toll Spatz. Jetzt hast du das arme Tier an diesem Tag schon zweimal fast umgebracht. Wie willst du sie eigentlich nennen?"

"Julie." antwortete ich knapp.

"Schöner Name." Meine Tante lächelte.

Manchmal frage ich mich, was wäre wenn meine Eltern noch leben würden? Hätte ich Julie dann jemals bekommen, oder lebte überhaupt in diesem Haus? Was wäre, wenn dieser Autounfall niemals gewesen wäre?

Wenn das Wörtchen wenn nicht wäre, dann wäre ich jetzt Millionär.

Das hatte meine Tante früher immer gesagt. Damals ging es uns finanziell nicht sehr gut und wir mussten umziehen. Ich sollte mich eigentlich nicht beschweren, ich hatte alles was ich brauchte: Ein warmes Bett, genug Essen, ein Dach über dem Kopf, warme Kleidung und Liebe. Natürlich könnte Tante Am niemals meine Mutter ersetzen, aber sie bemühte sich wirklich sehr und das wusste ich auch zu schätzen.

elected - rise of elementsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt