Kapitel 7

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Etwas schrilles riss mich aus meinem Traum. Ich presste mein Kissen auf mein Gesicht und versuchte langsam wach zu werden. War das laut. Ich hatte doch gar keinen Wecker gestellt. Langsam schob ich das Kissen von meinem Gesicht. Es war hell draußen. Als ich meinen Kopf zur linken Seite drehte, erkannte ich die Quelle dieses Geräusches. Es war mein Handy. Ich wollte es gerade in die Hand nehmen, um zu schauen, was los war, doch da verstummte es plötzlich. Unbekümmert drehte ich mich wieder auf meine rechte Seite. Kurz bevor ich allerdings wieder ins Traumland reisen konnte, kam das Geräusch wieder. Seufzend nahm ich mein Handy in die Hand. Stacy ruft mich an. Ich ging ran. "Ja?", fragte ich verschlafen. "HIlfe. Kylie, du musst mir Helfen!" Ich war auf einmal hellwach. "Was ist?"

"Ich bin, glaube ich, meinem Freund fremdgegangen." Warte was? "Wie?"

"Ich bin heute morgen neben einem anderen Kerl aufgewacht und ich weiß nun nicht, ob wir es getrieben haben oder nicht."

"Kannst du ihn nicht einfach fragen?"

"Aber er schläft noch." Jetzt war ich verwirrt. "Hat er noch etwas an?"

"Ja, seine Hose. Aber du musst mir helfen. Was soll ich denn jetzt machen?"

"Beruhig dich doch erst einmal."

"Das kann ich aber nicht. Was ist, wenn er Schluss macht?" Stacys Stimme brach. "Ich glaube nicht, dass ich dabei nun eine gute Hilfe bin, aber nehmen wir mal an, du hast mit dem Typen geschlafen", begann ich. Stacy brachte nur einen gequälten Laut von sich. "Dann solltest du dich mit deinem Freund zusammen setzen und es ihm in aller Ruhe erklären und wenn er dann Schluss mit dir macht, dann tut es mir leid, es so zu sagen, aber dann ist das so. Stacy, du hast, wenn das letzte Nacht wirklich passiert ist, sein Vertrauen missbraucht." Sie fing an, laut zu schluchzen und mich mit Beleidigungen zu überschütten, bis sie schließlich plötzlich auflegte.

Verzweifelt ließ ich das Handy sinken. Was hätte ich denn sonst sagen sollen? Hätte ich ihr sagen sollen, dass alles gut wird und ihr Freund zu 100% bei ihr bleiben wird? Das wäre doch alles nur gelogen. Ich seufzte laut, bevor ich mich aus dem Bett schwang. Ich war noch etwas wackelig auf den Beinen, aber ich musste jetzt erstmal etwas frühstücken, ich habe Hunger. Auf dem Weg zur Küche traf ich meine Eltern, die im Wohnzimmer saßen und mir einen guten Morgen wünschten. In der Küche nahm ich mir eine Schüssel und schüttete Cornflakes und dann Milch in die Schüssel, dann ging ich ins Wohnzimmer an den Esstisch und fing an zu essen. Während des Essens unterhielt ich mich mit meinen Eltern über die Party und darüber, dass ich traurigerweise die ganze Zeit alleine war. Ich erzählte ihnen auch von Andrew und dass ich mit ihm dann die meiste Zeit verbracht hatte, aber an mehr erinnerte ich mich nicht mehr. Ich dachte, dass ich eigentlich total klar im Kopf war, aber ich erinnerte mich nicht mehr an das, was passiert ist, nachdem Andrew mir ein Glas Wein eingeschüttet hatte. Komisch.

Nach dem Essen ging ich direkt duschen. Ich hatte das Gefühl, dass ich wie eine ganze Minibar stinke. Die Dusche tat gut. Das heiße Wasser auf meinem Körper ließ meine Muskeln entspannen und auch meine Gedanken, aber selbst nach dieser Erfrischung konnte ich mich nicht an den restlichen Abend erinnern. Die Zeit danach verbrachte ich in meinem Zimmer und begann das Buch zu lesen, welches ich mir letztens mit Stacy in der Stadt gekauft hatte. Ich vergaß total die Zeit und wurde erst vom Buch abgerissen, als am frühen Nachmittag mein Vater in mein Zimmer kam. "Hast du Lust mit zum Einkaufen zu kommen? Ich könnte dich danach zum Bahnhof bringen und du kannst dein Auto wieder hierhin holen."

"Klingt gut, danke Papa." Er lächelte mir daraufhin zu.

Das Einkaufen hatten mein Vater und ich schnell hinter uns gebracht und nachdem wir den Einkauf in das Auto geräumt hatten, brachte mein Vater mich zum Bahnhof. Dort angekommen konnte ich schnell erkennen, dass mein Auto noch an Ort und Stelle stand und auf den ersten Blick sah es auch zum Glück unversehrt aus. Ich bedankte mich bei meinem Vater, stieg aus und lief zu meinem Wagen. Danach machte ich mich wieder auf den Weg nach Hause. Die Fahrt verlief zum Glück recht ruhig und zuhause half ich meinem Vater noch die Einkäufe rein zu tragen, dann begab ich mich wieder in mein Zimmer. Es wunderte mich immer noch, dass ich mich an den Abend nicht erinnern konnte. Es sah mir einfach nicht ähnlich, ich trank eigentlich nie so viel. Ich mochte diese Gedächtnislücken einfach nicht, weil ich mir dann nie sicher war, ob vielleicht etwas passiert ist. Mein Handy vibrierte. Finn hatte mir geschrieben.


Finn

Hey, sag mal, weißt du, was mit Stacy ist? Sie hat alle meine Nachrichten gelesen, aber nicht geantwortet.

Ich

Ja... Sie hat mich heute morgen angerufen und mir erzählt, dass sie neben einem fremden Typen aufgewacht ist, der nur noch seine Hose trug. Sie hatte Angst, dass sie ihrem Freund fremdgegangen ist.

Finn

Aber warum muss sie mich dann ignorieren? Ich hab ihr doch nichts getan. Also versteh das nicht falsch, ich weiß, dass sie das belastet, aber sonst redet sie doch auch immer mit mir über ihre Probleme.

Ich

Ich weiß, aber ich habe sie wütend gemacht. Ich hatte ihr gesagt, dass sie in Ruhe mit ihrem Freund reden soll und wenn er dann Schluss macht, dass ich das verstehen könnte, da sie ihm dann ja schließlich fremdgegangen ist. Sie war danach wie eine Furie und hat mich nur noch beleidigt, bis sie dann einfach aufgelegt hat.

Finn

Oh, verstehe. Danke für deine Auskunft. Kommst du morgen zur Uni?

Ich

Wahrscheinlich.


Darauf folgte nur ein Daumen hoch und Finn ging offline. Stacy ist jetzt anscheinend gar nicht mehr zu erreichen.

Ich muss aber jetzt dringend Mal herausfinden was gestern Abend passiert ist, vielleicht finde ich auf meinem Handy einige Hinweise. In meinen ganzen Chats war nichts zu sehen. Ich hatte gestern niemanden geschrieben und niemand mir. Gestern ging nur ein Anruf von mir an meinen Vater, dabei hatte ich ihn wahrscheinlich gefragt, ob er mich abholen kann. Auch auf Social-Media hatte ich nichts gepostet. In meiner Gallery wurde ich allerdings fündig. Ich hatte gestern ein Foto von einem Weib Etikett gemacht. Warum? Ich bin absolut kein Fan von Wein und das Etikett sah nicht einmal auffällig aus. Oh Shit, ich weiß warum ich das fotografiert habe. Dort stand Dains Name. Ich kann es immer noch nicht glauben. Dain hat jetzt ein Weingut? Das kann nicht sein. Ich ging zu meinem Schreibtisch und startete meinen Laptop. Ich muss jetzt einfach herausfinden, ob das stimmt.

Während mein Laptop hoch fuhr, wurde ich ungeduldig. Klar, ich hätte auch auf meinem Handy recherchieren können, aber ich war zu sehr damit beschäftigt, dieses Foto anzustarren. Ungeduldig öffnete ich den Browser auf meinem Laptop und gab in die Suchzeile Dains Name ein. Dain Lindström. Es gab viele Treffer, der erste war eine Firmenwebsite. Weingut Lindström. Die Website wurde recht schön gestaltet, sie war ansprechend aufgebaut. Man sah direkt ein Bild des Weingutes und es sah genauso aus wie damals. Ich war schon ein paar Mal mit Dain damals bei dem Weingut seines Vaters gewesen. Es war etwas älter und im Fachwerk Style gehalten. Die Holzbalken waren schwarz und die Zwischenräume in einem dunklen Braun. An den Wänden schlängelten sich Pflanzen die Wände hoch und hinter dem Haus erstrecken sich große Flächen voller Weinstöcke. Es sah wunderschön aus, schöner als in meinen Erinnerungen, es sah heute einfach gepflegter und geordneter aus. Etwas weiter unten sah ich die verschiedenen Weinsorten, die verkauft wurden. Mir fiel der Reiter "Kontakt" auf und ich klickte drauf. Sofort wurde mir die Adresse des Weinguts gezeigt. Ich nahm mir einen Notizzettel und schrieb sie ab, dann scrolle ich weiter. Eine Liste mit den Angestellten und ganz unten gegen Ende wurde der Besitzer gezeigt. Es war ein junger Mann. Er hatte Rehbraune Haare und Eisblaue Augen. Der Drei Tage Bart ließ ihn erwachsen aussehen, aber es war dasselbe Gesicht, dass ich vor 12 Jahren zuletzt gesehen hatte, nur eben in älter. Dain, er sah so anders aus. Meine Hand wanderte automatisch zu dem kleinen Anhänger an meiner Kette. Ich habe sie nie abgelegt, auch wenn es immer ein wenig weh tat. Er hatte immer noch diese Augen. Seine Augen hätten mich immer fasziniert, aber auch wenn sie mich heute immer noch zu faszinieren scheinen, waren sie anders. In ihnen konnte ich keine Freude mehr erkennen. Sie waren jetzt wirklich wie Eis. Sie waren wie die Augen seines Vaters, ausdruckslos.

Ich griff zu meinem Handy und ging auf den Chat mit Finn.


Ich

Hey, kleine Planänderung. Ich komme morgen doch nicht, mir ist etwas dazwischen gekommen.


Ich wartete nicht auf seine Antwort, aber ich war mir über meine Entscheidung sicher. Ich werde morgen zu diesen verdammten Weingut fahren und Dain zur Rede stellen. Ich habe so viele Fragen. Ich muss wissen warum er damals einfach verschwunden ist und warum er auf einmal das Weingut übernommen hat. Er wollte das doch nie.


Ich will dich nicht verlierenKde žijí příběhy. Začni objevovat