Kapitel 16

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Die Vorlesung zur molekularen Ökologie war heute recht langweilig. Es war mehr eine Wiederholung als, dass wir etwas Neues dazu lernten. Den meisten unserer Kommilitonen sah man dies auch an. Professor Werron schien dies aber nicht zu interessieren. Was ihn allerdings sehr aus der Fassung brachte, war Stacy neben mir. Ihr war so langweilig, dass sie sich ihr Handy geschnappt hat und mit ihrem Freund schrieb. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, das Handy zu verstecken. "Sie da oben, machen Sie bitte ihr Handy aus?" Stacy sah immer noch nicht auf. Ich schaute zwischen ihr und dem Professor hin und her. "Ich weiß ganz genau, dass sie mich hören können, deswegen bitte ich sie jetzt noch einmal ganz nett ihr Handy wegzustecken." Stacy sah kurz auf und schenkte ihre Aufmerksamkeit dann wieder dem Display. Werron bekam rote Punkte am Hals. Ich konnte regelrecht sehen, wie er die Zähne aufeinander presste. Mein Blick wandert noch einmal zu Stacy und sie scheint all dies immer noch nicht zu interessieren. Also tat ich das, was ich für nötig hielt und trat sie unter den Tisch. Sie sah mich sofort irritiert an. Ich signalisierte ihr, dass Werron gleich extrem durch die Decke gehen würde und sie besser damit mal aufhören sollte. Widerwillig rollte sie mit den Augen und legte ihr Handy weg. Professor Werron stieß zwischen immer noch zusammen gepressten Zähnen hervor: "Dankeschön." Stacy sah ihr gelangweilt an, bevor sie wieder ihr Handy rausholt und unter dem Tisch weiter mit ihrem Freund schrie. Jetzt musste ich mir ein Lachen verkneifen. Die Dynamik zwischen Stacy und dem Professor war immer wieder lustig mit anzusehen, auch wenn ich selbst nicht in dieser Konstellation mit drinnen stecken möchte.

"Wie dich Werron angeschaut hat", lachte ich. Die Vorlesung war zuende und Stacy und ich waren gerade auf dem Weg zu ihrem Wohnheim Zimmer. "Der Arsch kann mich mal. Wenn er seine Vorlesung so langweilig gestaltet, dann ist es kein Wunder, dass man desinteressiert ist." Stacy kickte einen Stein vor sich hin. Ich lachte immer noch vor mich hin und genoss ihre Reaktion. "Kannst du mal aufhören so zu lachen?", Stacy musste schmunzeln. Ich schüttelte einfach den Kopf und kicherte weiter. "Na gut, aber das wolltest du." Noch bevor ich richtig darauf reagieren konnte, spürte ich Stacys Faust auch schon gegen meiner Schulter. Mir entwich ein schmerzvolles Keuchen und ich hielt mir meine Schulter. "Wofür zur Hölle war das?", keifte ich die gespielt beleidigt an. Stacy lachte vor sich hin, genau wie ich zuvor. "Ich wollte auch was zu lachen haben", brachte Stacy zwischen ihrem Gelächter hervor. Ich lächelte und rieb mir die noch immer schmerzende Schulter. Wir setzten unseren Weg fort zum Wohnheim. Stacy schien heute unerwartet ruhig. So kannte ich sie eigentlich nicht. Zumeist war sie non-stop am Reden oder total aufgedreht, weil etwas Spannendes passieren könnte.

In ihrem Zimmer angekommen, stellten wir sofort fest, dass Livia nicht da war. "Das ist super, so wird es wenigstens ruhig sein, wenn du dich vorbereitest." Stacy drehte sich zu mir und warf mir ein Handtuch zu, das sie von ihrem Bett genommen hatte. Ich sah sie verwirrt an. "Was soll ich damit?"

"Du gehst duschen und danach mache ich dein Makeup." Ich starrte sie einen Moment an, dann drehte ich mich zur Tür, ging aber noch nicht. "Wo sind denn hier die Duschen?"

"Einfach nach links gehen, die letzte Tür rechts." Ok. Ich verließ das Zimmer und folgte Stacys Beschreibung. Der Waschraum war recht groß. Auf der rechten Seite war eine kleine Spiegelfront mit Waschbecken davor. Bei jedem Waschbecken befindet sich eine Steckdose, wahrscheinlich um einen Föhn oder so benutzen zu können. Genau gegenüber davon waren Kabinen. So wie Kabinen auf Schultoiletten, nur mit Duschen drinnen. Ich suchte mir eine freie Kabine. Sie war recht geräumig. Hinter mir schloss ich die Tür und legte das Handtuch auf die kleine Bank, die an der Wand stand. Direkt vor mir vertiefte sich der Boden ein wenig, da war der Duschbereich. Etwas unwohl drehte ich mich fast um meine eigene Achse, bedacht jeden Winkel einmal betrachtet zu haben. Als ich mich etwas sicherer fühlte, streifte ich meine Kleidung ab und legte sie zu dem Handtuch auf die Bank. Die Dusche an sich war recht geräumig und hatte eine Anti-Rutsch-Matte auf dem Boden. Das Wasser jedoch war extrem kalt, was ich sofort zu spüren bekam und versuchte dem Strahl zu entkommen. Gott, ich hoffe, dass es noch wärmer wird. Erst jetzt fiel mir ein, dass ich gar kein Shampoo oder Bodylotion dabei hatte. "Fuck", murmelte ich. Was mache ich denn jetzt? Mein Handy habe ich nicht dabei, um Stacy zu schreiben, das liegt in meinem Rucksack, welcher bei Stacy liegt. Ich könnte mich anziehen und wieder zurückgehen, andererseits bin ich jetzt schon komplett nass und es wäre extrem umständlich. Neben mir war vorhin jemand fertig geworden mit dem Duschen, vielleicht kann sie mir ja etwas von ihrem Shampoo geben. Ich ging zurück zur Bank und wickelte das Handtuch um meinen Körper, dann öffnete ich vorsichtig die Tür. Das Mädchen stand vor einem Waschbecken und begutachtete sich im Spiegel. "Ähm, tut mir leid, dass ich störe, aber hast du zufällig Shampoo und so für mich?" Das Mädchen drehte sich verwirrt um und sah mich einen Augenblick an. Dann drehte sie sich wieder um und kramte in einer kleinen Tasche rum. "Ich weiß nicht, ob dir das gefällt, aber ich hab hier noch so ein Reise-Shampoo und Duschgel, also dieses einmal Zeugs." Sie drehte sich wieder um und kam auf mich zu. "Es vergessen öfter mal Leute ihr Shampoo oder ihrs geht leer und mein Vater arbeitet bei der Firma, bringt also ständig solches Zeugs mit. Du kannst es haben, wenn du willst."

Ich will dich nicht verlierenOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz