Kapitel 10~

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Ich schüttelte den Kopf. Verzweifelt hielt ich mich am Türrahmen fest. „Ich hatte es euch gesagt! Ich hatte euch gesagt, dass er ausbrechen wird!“, schrie ich und Noah nickte. „Ich wollte es einfach nicht glauben“, murmelte er und nahm mich in den Arm. „Und jetzt hat er auch noch Milo…“, schluchzte ich. „Das weißt du nicht, er kommt bestimmt gleich wieder heim. Er ist nur nicht an sein Handy, weil er Auto fährt und es nicht mit der Freisprecheinrichtung verbunden hat und es deshalb nicht mitbekommen hat“, meinte Noah, aber er klang nicht wirklich überzeugt. Auf einmal hörten wir Sirenen und ich sah ihn unsicher an. „Das sind nur meine Kollegen, sie haben einen Streifenwagen geschickt, zur Sicherheit“, erklärte er mir und ließ mich los. Wuschel bellte und ich ging zu ihm. Ich beruhigte ihn und Noah öffnete die Türe. Flocke versteckte sich zwischen Wuschels Beinen, als zwei Kollegen von Noah hereinkamen. Ich begrüßte sie leise und verzog mich dann mit Wuschel und Flocke ins Wohnzimmer. Abwesend kraulte ich Wuschel. Milo kam nicht wieder. Er kam nicht lachend durch die Türe. Also gab es nur die Möglichkeit, dass Liam ihn hatte. „Runa, kommst du mit? Wir wollten zum Revier fahren.“ Ich sah Noah an und stand auf. Ich zog mir Schuhe und Jacke an und folgte dann Noah und seinen Kollegen zu dem Streifenwagen. Wuschel kletterte mit Flocke in den Kofferraum und ich setzte mich neben Noah auf die Rückbank.

Die Fahrt zum Revier bekam ich kaum mit, ich war einfach komplett abwesend mit meinen Gedanken. Würde Liam Milo etwas antun? Wieso hatte er ihn entführt? So viele Fragen und ich konnte keine davon beantworten. Wir stiegen aus, als wir da waren und Wuschel blieb dicht an meiner Seite. Flocke folgte uns, kam aber nicht so schnell hinterher, also trug Wuschel sie wieder. Im Revier gingen wir in einen Raum und setzte uns. Noah sah sehr angespannt aus und ich traute mich nicht, ihn anzusprechen. „Es wurden Blutspuren an seinem Auto gefunden“, sagte Noah plötzlich und ich sah ihn erschrocken an. Ich presste eine Hand auf den Mund um mein Schluchzen zu unterdrücken. „Es ist meine Schuld…ich hätte einfach nicht herkommen sollen“, wisperte ich und er seufzte. „Gib dir nicht die Schuld, Runa. Wir waren uns alle so sicher, dass das hier nie passiert. Du hast es uns immer wieder gesagt, aber wir wollten dir einfach nicht glauben, das tut mir leid.“ „Du musst dich nicht entschuldigen, Noah. Ich hatte wirklich gehofft, dass er nicht ausbricht, aber irgendwie wusste ich dass er es doch schafft…mir wäre es wesentlich lieber gewesen, wenn ich nicht recht habe.“ Noah seufzte und fuhr sich mit zwei Händen übers Gesicht. „Ich werde dieses Arschloch umbringen. Nochmal wird er niemandem schaden“, meinte er und klang sehr entschlossen. „Das wirst du nicht Noah. Sonst landest du noch im Knast und das kann weder im Sinne deines Freundes, noch in deinem sein“, meinte ein Polizist und setzte sich hinter den Schreibtisch, vor dem wir saßen. „Außer dem Blut an dem Wagen haben wir nichts finden können. Es hat auch niemand etwas gesehen“, erklärte er und Noah ballte die Hände zu Fäusten.

Auf einmal klingelte sein Handy und stirnrunzelnd zog Noah es hervor. Er wurde etwas blass und sah mich an. „Es ist Milo“, murmelte er und ich schluckte. „Geh ran…“, bat ich ihn und er tat es. „Milo?“, fragte er sofort und ich krallte mich in den Stoff meiner Hose. Noah schluckte und stellte dann auf Lautsprecher. Zuerst hörte man nur ein schweres Atmen und ich sah Noah verzweifelt an. „Kannst du mich jetzt hören, Runa?“, fragte Liam und ich schluchzte. Liam gab ein genießerisches Geräusch von sich. „Wie hab ich es vermisst dich zu hören, kleiner Vogel. Es ist ja jetzt schon eine Weile her, seit wir uns das letzte mal gesehen haben“, meinte er und ich krümmte mich. Noah sah mich besorgt an, sagte aber nichts. „Wo ist Milo?“, fragte ich flüsternd und er lachte. „Der ist bei mir. Keine Sorge, noch geht es ihm gut, aber ob das so bleibt, hängt allein von dir ab, Runa. Und ich bin mir sicher, dass du tust was ich will, oder ist dein Bruder dir nicht wichtig?“ „Was willst du?“ Ich wusste jetzt schon, dass ich tun würde, was er verlangte, wenn er dafür nur Milo gehen lassen würde. „Es wäre doch langweilig, wenn ich es dir jetzt schon sagen würde. Außerdem weißt du doch, was ich von dir will.“ Das stimmte, ich wusste es doch.

„Du willst…dass ich wieder zu dir gehe…und bei dir bleibe…“, wisperte ich, aber es fiel mir schwer es auszusprechen. Liam lachte. „Das ist richtig, kleiner Vogel, aber ich möchte auch, dass wir unsere Ruhe haben. Ich werde mein Geschäft nicht wieder aufbauen, aber nur, wenn du bei mir bleibst und wir nicht verfolgt werden“, stellte er klar und ich schloss die Augen. „Das können sie vergessen! Sie sind ein kriminelles Arschloch!“, schrie Noah und ich sah ihn erschrocken an. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Er war mir immer so ruhig vorgekommen, aber scheinbar ging ihm das mit Milo sehr nahe, musste es ja auch. „Dann könnt ihr euch direkt von Milo verabschieden“, sagte Liam und ich schluchzte. „Liam…lass ihn in Ruhe…bitte…ich mache was du willst…ich verspreche es dir…aber lass Milo in Ruhe…“, flehte ich verzweifelt. „Okay, Details schicke ich dann noch. Und denkt nicht, dass ich mich in irgendeiner Weise verarschen lasse!“, stellte er klar und legte auf.

Verzweiflung ergriff mich und ich sah Noah an. „Tu es nicht Runa, er wird dich brechen“, murmelte er und ich schluchzte. „Was soll ich denn sonst machen? Ich kann nicht zulassen, dass er Milo umbringt und wieder anfängt Mädchen zu verkaufen…wie soll ich dabei einfach zusehen und in dem Wissen leben, dass das eigentlich meine Schuld ist?“ Ich war wirklich verzweifelt, wusste aber, was ich tun musste. „Ruht euch aus, wir geben euch Bescheid, wenn wir etwas neues Wissen“, riet der Kollege von Noah, aber ich schüttelte den Kopf. Ich würde jetzt nicht schlafen können, das wusste ich. Dazu war ich zu aufgewühlt. „Ich geh etwas an die frische Luft“, murmelte Noah und stand auf. Er verließ den Raum und ich seufzte. „Das nimmt ihn ziemlich mit, aber was soll man anderes erwarten? Wir haben alle die Mädchen gesehen und wissen, dass er vor nichts zurückschreckt. Er will weder, dass Milo bei ihm leidet, noch dass du es tust.“ „Aber es ist meine Entscheidung…es geht um mich und ich kann Milo einfach nicht dort lassen…er ist mein Bruder…Ich bin den Beiden wirklich dankbar, dass sie mir geholfen haben, mich aufgebaut haben, aber…jetzt…jetzt geht es nicht mehr…ich muss das machen…“, seufzte ich und kraulte Wuschel. „Es ist deine Entscheidung, aber du weißt am besten, wie sehr du gelitten hast. Ich lasse dich mal ein wenig alleine, okay? Gib einfach Bescheid, wenn du etwas brauchst oder Liam sich noch einmal meldet“, meinte er und verließ nun ebenfalls den Raum.

Seufzend sah ich Wuschel an. Er und Flocke würden dann wieder ohne mich auskommen müssen. Ich setzte mich zu Wuschel auf den Boden und knuddelte mit ihm. Hechelnd ließ er es über sich ergehen und Flocke miaute protestierend. Schmunzelnd streichelte ich sie mit meiner anderen Hand und sie schnurrte zufrieden. Scheinbar war da jemand eifersüchtig und wollte auch gestreichelt werden. „Noah und Milo kümmern sich um euch. Ich muss etwas erledigen“, murmelte ich und Wuschel sah mich an, als würde er wissen, wovon ich sprach. Er bellte und ich seufzte. „Es ist besser so…Liam wird nicht davor zurückschrecken vielleicht dir, Flocke oder Noah etwas anzutun, ich könnte mit der Schuld nicht leben.“ Diesmal winselte Wuschel. Ich wollte noch etwas sagen, aber Noahs Handy piepte und zeigte eine Nachricht von Milo an, oder besser gesagt von Liam. Es war ein Foto von Milo. Er war auf einen Stuhl gefesselt, hatte einen Knebel im Mund und eine üble Platzwunde an der Stirn.

Morgen gibt es nähere Infos, ihr solltet euch mit eurer Entscheidung nicht zu viel Zeit lassen.

You are Mine, little Bird 2Onde histórias criam vida. Descubra agora