Kapitel 35~

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Verängstigte wimmerte Mila auf und versteckte ihr Gesicht an meiner Brust. „Aufstehen!“, befahl Liam streng und ich gehorchte ihm. Mila klammerte sich an mich und ich drückte sie an mich. „Mitkommen! Und kein Ton!“, befahl er nun und schickte mich vor. Zitternd tat ich es und spürte die ganze Zeit seine Waffe in meinem Rücken. „Du setzte Mila dort ab und bindest sie mit deinem Schal fest!“, forderte er und deutete auf einen Baum, etwas weiter vom Haus weg. „Was hast du vor, Liam?“, fragte ich ihn und er schlug mich mit der Waffe auf den Kopf. „Kein Ton, hatte ich gesagt! Mach einfach, was ich dir sage!“ Ich nickte hastig und setzte Mila am Baum ab. Sie sah mich ängstlich an und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Schluchzend nahm ich meinen Schal ab und band Mila an den Baum. Dazu musste mich ganz dicht vor sie beugen und traf eine Entscheidung. „Der Knoten ist locker, wenn wir weg sind, lauf zurück zu Milo“, wisperte ich und sie sah mich unsicher an. „Nicht reden!“, rief Liam und riss mich an meinen Haaren zurück. Ich landete unsanft auf meinem Hintern und lehnte an ihm. „Was hast du zu ihr gesagt?“, fragte er mich aggressiv. „Ich hab mich verabschiedet!“, schrie ich schluchzend. Skeptisch sah er mich an. „Na gut, aber ich knall jeden ab, der uns zu nahe kommt!“, schrie er, zerrte mich auf die Beine und mit sich.

„Was hast du jetzt vor?“, fragte ich ihn verunsichert. Er war so aggressiv, aber er roch nicht nach Alkohol, was also war los?“ „Du kommst mit mir und ich werde dich im Keller anketten und machen was auch immer ich will! Ich habe mir genug Drogen besorgt um dich willig zu machen! Du bist mein Eigentum Runa! Meines! Keiner wird dich sonst bekommen!“, schrie er und zerrte mich zu einem Auto. Grob zwang er mich auf den Beifahrersitz und stieg dann auf der Fahrerseite ein. Er schlug die Tür zu und gab Vollgas. Ängstlich sah ich ihn an. Sein Augen, die sahen so seltsam aus. „Hast du Drogen genommen?“, fragte ich ihn leise. Er lachte auf und es klang absolut irre. „Ja, habe ich und fuck, das hätte ich früher machen sollen. Jetzt habe ich absolut keine Hemmungen mehr, dich anzuketten und mich immer und immer wieder an die zu vergehen“, lachte er und ich schüttelte den Kopf. Liam drehte durch. Er drehte völlig durch. „Nein…das…das werde ich nicht mitmachen, Liam. Hörst du?! Ich werde mich nie wieder von dir anfassen lassen! Ich gehöre dir nicht! Ich bin ein freier Mensch mit einer wundervollen Familie, zu der du nie gehören wirst!“ schrie ich und griff ihm ins Lenkrad. Da er mich wegschubsen wollte, rammte ich ihm den Ellbogen zwischen die Beine. Fluchend ließ er mich los und schrie vor Schmerz. Das gab mir die Gelegenheit das Lenkrad herumzureißen. Er fluchte, er konnte nicht mehr reagieren. Ich sah einen Baum, dann spürte ich einen heftigen Aufprall und Schmerzen. Mein Kopf schlug erst gegen den Airbag und dann gegen die Kopfstütze.

Ich blinzelte benommen und schnallte mich ab. Ich musste hier weg, bevor Liam mich bekam. „Du scheiß Miststück! Ich bring dich um!“, schrie er und ich versuchte die Türe zu öffnen, aber ich bekam sie nicht auf. Liam stieg aus und kam zu mir. Er öffnete die Beifahrertüre und riss mich an meinen Haaren aus dem Auto. Es schmerzte, weil mein linkes Bein eingeklemmt gewesen war, aber er riss so stark an mir, dass er mein Bein rauszog. Dabei entstand eine tiefe Wunde und es schmerzte richtig stark. So zerrte er mich noch ein wenig weiter und ich schrie, weil es so wehtat.  „Sei still!“, schrie er und stieß mich weg. Was er aber nicht gemerkt hatte war, dass ich seine Waffe aus seinem Hosenbund geklaut hatte. Ich drehte mich zu ihm, hob die Waffe und drückte einfach ab. Der Knall war laut, der Rückstoß war heftig, aber ich hatte getroffen, mitten in seine Brust. Sein Oberteil färbte sich schnell rot und er sah mich entsetzt an. Scheinbar hatte er nicht damit gerechnet, dass ich schießen würde. Er fing plötzlich an zu lachen und legte den Kopf in den Nacken. Er spuckte etwas Blut und sah mich dann mit einem irren Grinsen an. „Jetzt bist du eine Mörderin!“, lachte er und sackte zusammen. Langsam wurde sein Lachen immer leiser und irgendwann verstummte er komplett. Die Waffe fiel mir aus den Händen und ich sah Liam einfach an.

Seine Augen waren offen, aber er regte sich nicht mehr. Zögerlich rutschte ich näher und suchte seinen Puls. Ich fand keinen. Ob ich erleichtert war oder nicht, wusste ich nicht. Irgendwie schon, aber es belastete mich auch, dass ich getötet hatte. Ungewollt fing ich an zu weinen, es war einfach alles zu viel. Mein Kopf schmerzte, mein Bein schmerzte und ich war irgendwo im nirgendwo, neben einer Leiche. Vielleicht hatte Liam ein Handy dabei. Zögerlich tastete ich seinen Körper ab und fand tatsächlich ein Handy. Es war gesperrt, aber mit seinem Fingerabdruck konnte ich es entsperren. Oben rechts wurde mir angezeigt, dass das Handy nur noch 3% Akku hatte. Hastig suchte ich nach dem Telefon und tippte Milos Nummer ein. Gerade als ich auf den grünen Hörer drückte wurde der Bildschirm schwarz. Frustriert schrie ich auf und vergrub das Gesicht in meinen Händen. Was sollte ich jetzt tun? Ich konnte nicht laufen, mein Bein nicht belasten und das Auto war kaputt, damit konnte ich auch nicht fahren. Ich war dazu verdammt hier zu warten, bis vielleicht irgendwann jemand kommen und mir helfen würde. Da ich nicht die ganze Zeit Liams Leiche ansehen wollte drehte ich mich mit dem Rücken von ihm weg. Meine Kopfschmerzen wurden immer schlimmer und als alles anfing sich zu drehen, legte ich mich hin. Mir war schlecht und alles verschwamm immer mehr vor meinen Augen. Die Wunde an meinem Bein blutete immer noch und brannte, aber ich konnte nichts tun, ich war zu schwach. Wenn nicht bald jemand kam, würde ich hier sterben, das wusste ich.

Hatte Mila Hilfe holen können? War sie bei Milo und Kian in Sicherheit? Oder saß sie noch an dem Baum, weil ich den Knoten doch zu fest gemacht hatte? Ich wusste es nicht und die Verzweiflung trieb mir wieder Tränen in die Augen. Immerhin hatte ich sie beschützen können. Niemand war durch Liam zu Schaden gekommen und er würde auch nie wieder jemandem etwas antun können. Die Tatsache erleichterte mich und ich schloss lächelnd die Augen. Milo und Noah würden sich gut um die Zwillinge kümmern, das wusste ich. Es tat mir weh, zu wissen, dass ich sie im Stich ließ, aber ich hatte sie immerhin beschützen können. Das war alles, was ich gewollt hatte, meine Familie zu beschützen. „Es tut mir leid…so leid…“, wisperte ich und verlor mich in der Dunkelheit, die mir meine Schmerzen nahm.

You are Mine, little Bird 2Where stories live. Discover now