Ein tiefer, trauriger Seufzer seinerseits. »Ich hatte keine andere Wahl...«

»Natürlich hattest du keine...« Wäre auch unvorstellbar, wenn einmal die Wahl auf mich gefallen wäre. Wie es sich wohl anfühlen musste für jemanden die erste Wahl, die erste Priorität zu sein?

Ich senkte den Blick. Er konnte nicht wissen durch welche Hölle ich musste. Er konnte nicht wissen, dass mich die Angst vor der Einsamkeit heimsuchte. Er konnte nicht wissen, dass mich jedes Mal aufs Neue die Verzweiflung von innen heraus zerfraß als mir jeder noch so kleine Moment, den ich mit meinem Vater teilte, wie eine sich wiederholende Welle über mich einschlug. Dass ich mich schlecht fühlte, dass ich mich selbst für den Tod meines Vaters verantwortlich machte, dass ich seitdem einfach nur sterben wollte... Der Tod könnte mich befreien, mich von dem Schmerz, der mich plagte, erlösen, aber auch das wurde mir verwehrt. Denn mein Land brauchte mich. Meine Bürger brauchten mich. Diese unschuldigen Menschen brauchten mich. Ich hatte noch viele Fehler gutzumachen, die mein Vater begangen hatte. Das hatte ich ihm versprochen gehabt.

»Belle« Jack sprach noch leiser. »Duck dich!« Dann schoss er auf etwas hinter dem Baum während ich erschrocken zu Boden ging und mir die Hände über den Kopf warf. Woher kam das plötzlich?!

Der Farblose drängte mich rücklings hinter den Busch und dann hinter einen nahegelegenen Baum, um mich in Sicherheit zu bringen. Von dort aus nahm er wieder Stellung und schoss weiter auf den Feind.

In der Dunkelheit konnte ich nicht viel erkennen. Doch das brauchte ich auch nicht, denn mit dem nächsten Schuss traf Jack den Feind und machte ihn bewegungsunfähig. »Bleib hier.«, befiehl er mir während er vorsichtig aus dem Versteck trat und sich nach mehrmaligem Vergewissern, dass niemand mehr da war, in die Richtung der Leiche wagte. Ich hatte den Atem angehalten und mich nicht mehr bewegt als er bei der toten Person ankam und nach einem Puls checkte.

Doch plötzlich spürte ich etwas Hartes an meinen Schädel gepresst. Scheiße. »Steh auf!« Diese Stimme... Diese Stimme kannte ich! Meine Beine zitterten als ich mich aufstemmte und die Hände hob. »Lass das Messer fallen!«

Auch Jack hatte uns bemerkt und seine Pistole auf den Mann hinter mir gerichtet. Sein Gesicht verzog sich im Zorn zu einer Grimasse, die ich bis jetzt nur selten zu Gesicht bekommen hatte. In seinen Augen loderte es. Schluckend presste ich die Zähne fest zusammen und wagte es nicht mich auch nur einen Millimeter zu bewegen.

»Lass deine Waffe fallen, Bastard!«, fauchte unser Feind Jack an. »Oder ich schieße!«

»Jack« Meine Stimme war erstaunlich ruhig. »Ich komme klar, geh!« Wenn er das Armband bei sich hatte, musste er es unter allen Umständen in Sicherheit bringen. Shane durfte es auf keinen Fall in die Finger bekommen. Dieses Land wäre dem Untergang geweiht!

»Niedlich, findest du nicht, Jack?«, raunte Shane. »Wie sie versucht sich für dich und dem Wohle des Landes zu opfern.«

Mir war bewusst, was es für mich hier bedeutete. Das Ende. Erstaunlicherweise war ich im Klaren damit. Das Einzige, das ich bedauerte war meine verlorene Zeit mit Jack, meinem Großvater, den ich nie richtig kennenlernen würde, Sierra und Emily, von denen ich nicht Abschied genommen hatte. Aber ich verspürte keine Angst.

»Lass sie los!«, zischte Jack und diesmal erkannte ich etwas wie Angst in seinen Augen. Er lockerte seinen Griff um die Pistole und verstärkte ihn dann.

Er hatte keine andere Wahl. Er musste einfach von hier verschwinden. Er musste das Armband von hier fortbringen. Er musste mich im Stich lassen. Er hatte keine andere Wahl.

»Reich mir das Armband, dann lasse ich euch gehen. Ihr habt mein Wort.«, versprach der Rote, doch ich glaubte ihm kein einziges Wort.

»Vertrau ihm nicht!«, warf ich laut ein. »Vertrau ihm auf keinen Fall. Verschwinde einfach von hier!«

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinKde žijí příběhy. Začni objevovat