Kapitel 33

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Belle

Ich zuckte zurück als Jack die Tür vor meiner Nase zuknallte. Ich wusste nicht, wie ich sein Verhalten, sein Gesichtsausdruck deuten sollte. Sowas hatte ich noch nie gesehen. Ich kannte ihn vielleicht nicht lange, aber das jagte auch mir ungeheuren Schrecken ein. Und mit das meinte ich nicht den wutverzerrten Ausdruck auf Jacks Gesicht, nein. Ich sprach von diesem unheimlichen Ort, von dem ich nie etwas gewusst, geschweige denn je davon gehört hatte. Wusste Dad, dass das blaue Viertel Farblose an diesen Ort zerrte und sie bis zu ihrem Tod wahrscheinlich folterte oder sonstige grausame Dinge mit ihnen anstellte?

Ich konnte nicht einschätzen ob es sich um einen Sechzehnjährigen handelte, aber ich hoffte inständig, dass es nicht der Junge war, den wir vergeblich in dieser Hölle suchten.

Schwer schluckend taumelte ich ein, zwei Schritte zurück und starrte die Tür aus verschwommenen Augen an. Der Farblose lebte nicht mehr, aber allein die Vorstellung an die Qualen, die er hatte erleiden müssen bis der Tod ihm den Frieden brachte, schnürte mir die Kehle zu und erschwerte mir das Atmen. Wie konnten sie ihm das antun? Mich interessierten seine Taten, seine Fehler nicht, er war ein Mensch! Keiner verdiente das. Ich musste gar nicht fragen, was sie mit ihm taten, oder ob sie ihm versucht hatten zu helfen, denn an der Art wie die Ärzte um ihn herumstanden und noch Notizen machten und dieses verräterische Zucken in der Wange des einen Arztes während sein Kollege auf Jack einsprach! Das brachte mich zur Weißglut!

»Hey!«, rief ich diesem Doktor Hahn nach und lief ihm hinterher, weil er versuchte abzuhauen. Und nachdem ich das alles gesehen hatte, war ich umso mehr davon überzeugt diesem Matt zu helfen. Auch der letzte Hauch von Zweifel war wie weggefegt. Er durfte uns nicht entwischen!

Der Mann blieb stehen und drehte sich zu mir. »Du bist keine Farblose.«, sagte er mit einem leichten Zittern in der Stimme und ich blieb unmittelbar vor ihm stehen. Wir starrten uns gegenseitig an. »Du musst das nicht tun. Wir können ihn da einsperren«, zeigte er auf die Tür hinter der jetzt dumpfe Geräusche und Hilfeschreie ertönten. »und du wärst frei! Ich habe dich nicht gesehen und du hast mich nicht gesehen. Die Wachleute kümmern sich dann um ihn.«

Ich hätte zugestimmt. Hätte ich nicht gesehen, was sie hier unten anstellten. Aber das hatte ich nun mal. Und mein Herz zog sich bei dem Anblick von Blut hilfloser, verletzter Menschen zusammen.

»Was macht ihr hier mit Farblosen?«, fragte ich stattdessen. Ich brauchte eine Vergewisserung. Vielleicht täuschte ich mich ja? Vielleicht halfen sie ihnen wirklich und brachten sie dann vor Gericht. Vielleicht lief doch alles nach ihren Richtlinien.

Ein sadistisches Lächeln stahl sich auf die Lippen des Arztes, weswegen jegliche letzte Hoffnung in mir ausstarb und mir die Galle hochstieg. »Wir probieren an ihnen neue Behandlungsmethoden aus. Und vieles mehr.«, fügte er schulterzuckend hinzu. »Aber tatsächlich diente das vorhin einem guten Zweck.«

Mir wurde schlecht, die wenige Mahlzeit, die ich kurz vor dem Aufbruch zu mir genommen hatte, drohte nun an die Oberfläche zu kommen. »Ihr seid widerlich«, zischte ich und hielt mir an den Bauch. »Wo ist Matt?«, fragte ich nun direkt, immer noch in der Hoffnung, dass er noch am Leben war.

Wie konnten sie das tun? Wie konnten sie gefährliche Experimente gegen ihre Willen an ihnen ausprobieren?

Als er kapierte, dass ich mich nicht ihm anschloss, verengten sich seine Augen zu Schlitzen. »Du bist eine Verräterin!«, fauchte er nun zornig. »Und weißt du was dieses Land mit Verrätern tut?«

Auch in mir fing der Zorn Feuer als ich ihm herausfordernd in die Augen sah. Wie konnte er es wagen mich eine Verräterin zu nennen, wenn er doch der Arzt war, der sein Eid brach?

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt